Also, um es mal ganz ehrlich zu sagen: Als ich Gregg Allman & Friends das
letzte Mal an gleicher Stelle vor ca. 20 Monaten live "genießen" durfte, hat mich das damals nicht gerade vom Hocker gehauen. Das Beste war noch ein göttlicher Willie Weeks am Bass.
Allman Brothers Band-Nummern hatte ich ja gar nicht erwartet (und wurden mit Ausnahme des auch von den Brothers gecoverten "Statesboro Blues" nicht gebracht), aber auch die dargebotenen Songs versprühten wenig Energie oder Leben.
Ganz zu Schweigen von so was wie Spielfreude. Irgendwie hatte ich das Gefühl, an einer Rentnerveranstaltung teilzunehmen und das einzig Positive an diesem Abend war der bereits erwähnte Session-Veteran Willie Weeks, der verzweifelt gegen den Phlegmatismus der übrigen Protagonisten anzukämpfen versuchte.
Und nur nebenbei: Die beiden Konzerte von Dickey Betts, denen ich in diesem Klub beigewohnt hatte, waren um Welten besser gewesen. Von der Betts- DVD, bei der die Band sicherlich nicht ihren besten Tag erwischt hatte, mag man
halten, was man will. Die Konzerte in Johnson City waren jedenfalls jeden einzelnen Cent wert.
Und ich nehme dem guten Dickey auch nicht übel, dass keine neuen Songs mehr
kommen. Der Mann hat derart viele Klassiker geschrieben oder mitgestaltet, dass er jetzt, im grob geschätzten Alter von 60 Jahren, zumindest mir nichts mehr beweisen muss.
Und seine Truppe als ABB-Coverband zu bezichtigen? Sicher ist der Gregg
Allman look-alike an den Keyboards lächerlich, aber was das Programm betrifft: Betts spielt lediglich die Songs, die er selbst geschrieben hat.
Was kann daran falsch sein? Warum seine eigenen Kinder verstoßen? Zumal sich diese immer noch großer Beliebtheit erfreuen und Dickey offensichtlich immer noch Spaß hat, sie zu spielen.
Aber gut, wie dem auch sei, zurück zur Gegenwart. Die Magic City Music Hall ist zwar wieder gut gefüllt, aber dennoch nicht mehr so proppenvoll wie im Vorjahr, was mich darauf schließen lässt, dass ich beim letzten Mal nicht als einziger enttäuscht wurde.
Gegen 21.00 Uhr gehen die Lichter aus und die Band entert die Bühne. Ein lächelnder, 'aufgeräumter' Gregg Allman an der Rhythmusgitarre zählt den Eröffnungssong an und die Band startet den Abend mit "Whipping Post". Gleich nach den ersten Takten wird klar, dass dies keine ABB-Version wird. Vielmehr bringen die Friends eine swingende, hart am Jazz grenzende Version, die den Song in ein neues Licht rückt, interessant und sogar sehr spannend ist.
Gregg ist gut bei Stimme und die Band hat im Vergleich zum Vorjahr erheblich zugelegt. Das mag auch daran liegen, dass es offensichtlich einige Umbesetzungen gab. Am auffälligsten agieren Jack Pearson an der Gitarre (der mit verwaschenem Hemd, Krawatte, in die Stirn gezogenem Käppi und wuseligem Schnauzer aussieht, als wäre er aus Al Capones-Gang in den 30ern direkt nach Johnson City gebeamt worden) und das ca. zwei Meter große Tier am Bass, Jerry Jemmott, der groovt wie die Hölle.
Auch das Songmaterial differiert zum Vorjahr. Neben Allman Solo-Songs wie u.a. "Just Before The Bullets Fly", "Demons" oder "I'm No Angel", bringt er an diesem Abend satte fünf Stücke, die er auch mit den Brothers spielt. Namentlich das bereits erwähnte "Whippin' Post", dazu "Midnight Rider", "Don't Keep Me Wonderin'", "Melissa" und den unverwüstlichen "Statesboro Blues". Außerdem erwähnenswert ist seine Version von Bob Dylans "Just Like A Woman", die er an diesem Abend in der liebe- und rücksichtsvollen Interpretation zum Besten gibt.
Als nach ca. 140 Minuten endgültig die Saallichter wieder angehen, sind sowohl die Band, als auch das Publikum durchaus zufrieden und glücklich.
Ein klasse Abend, Gregg Allman in starker Form und vor allem eine sehr positive Überraschung für mich, mit der ich nach dem Vorjahres-Desaster nicht mehr unbedingt gerechnet hätte.
Line-up:
Gregg Allman (Rhythm Guitar, Hammond B 3, Vocals)
Floyd Miles (Percussion)
Jack Pearson (Guitars)
Jerry Jemmett (Bass)
Jay Collins (Horns)
Neil Larson (Keyboards)
Steve Potts (Drums)
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