Das gleichnamige Debüt von Bad Company hatte 1974 (zu Recht) einen einzigartigen Siegeszug angetreten und die finanziell davor extrem knappen Musiker Paul Rodgers und Simon Kirke (beide Ex- Free), Mick Ralphs (Ex- Mott The Hoople) sowie 'Boz' Burrell (Ex- King Crimson) in sämtliche Scheinwerferlichter gerückt. Nicht nur für Promotionzwecke, sondern natürlich auch um den guten Ton eines Rockers zu wahren, ging es dann natürlich erstmal sämtliche Bühnen der Welt rauf und runter. Und um erst gar keinen Rost anzusetzen, war für September 1974 Ronnie Lanes Mobile Studio gebucht worden, um direkt den Nachfolger einzuzimmern.
Wie sich bereits in vielen Fällen der Rockhistorie gezeigt hat, zahlt es sich - vorausgesetzt die Band fühlt sich körperlich und geistig noch einigermaßen fit - ungeheuer aus, den Schwung aus vielen gerade erst zurückliegenden Konzerten mit ins Studio zu transportieren. Gute neue Songs waren ebenfalls ausreichend vorhanden, wie bereits der eröffnende Hardrocker "Good Lovin' Gone Bad" deutlich macht. Nachdem die beiden als Single veröffentlichten Nummern des Debüts aus Mick Ralphs' Feder stammten und schwer einschlugen, durfte also auch hier der einzig von ihm alleine komponierte Track von "Straight Shooter" sowohl auf die Pool Position des Albums, als auch als erste Single-Auskopplung unter die Leute.
Vielleicht nicht ganz so zwingend, ansonsten aber keinen Deut schlechter als "Can't Get Enough" konnte und kann der Titel zwar auch musikalisch vollkommen überzeugen, landete aber sowohl in England, als auch den USA lediglich in den Top40. Als zweite Single nachgeschoben wurde "Feel Like Makin' Love" (UK #20, US #10), ein Song der bereits für Free geschrieben (aber nie veröffentlicht) und dann von Rodgers und Ralphs nochmal generalüberholt wurde. Bis heute mit die bekannteste Nummer der Scheibe, die man sicher nicht mehr gesondert vorstellen muss. Eine weiteres der drei Rodgers/Ralphs-Stücke ist "Deal With The Preacher", das einmal mehr von der bluesigen Note in dem ansonsten felsenfest auf Rock getrimmten Gerüst profitiert.
Aber auch der Schlagzeuger Simon Kirke brachte sich auf "Straight Shooter" mit zwei Nummern als Songwriter ein. Zum einen ist da "Anna", das in der Free-Pause (1971) bereits auf der (leider total untergegangenen) gleichnamigen Scheibe von Kossoff, Kirke, Tetsu & Rabbit erschien und das der Schlagzeuger nicht einfach so in der Versenkung verschwinden lassen wollte. Eine schöne Ballade, die von Paul Rodgers vor dem Mikro natürlich auch in ein ganz anderes Licht getaucht wurde, als Kirke dies zuvor mit seinen eigenen gesanglichen Fähigkeiten tun konnte. Als Song aber ein ebenso feines Teil wie die zweite Simon Kirke-Nummer "Weep No More", einer weiteren (diesmal honky tonkenden Piano-) Ballade, die sogar mit Streichern und zusätzlichen Keyboard-Sounds veredelt wurde.
Um die Balladen abzuschließen, sei hier auch noch auf die Rodgers-Nummer "Call On Me" eingegangen, die das zweite Album von Bad Company abschloss. Ein schöner Titel (wieder mit Piano), wenn auch nicht der beeindruckendste der Scheibe. Das persönliche Lieblingsstück der kompletten Songveröffentlichungen des Rezensenten befindet sich ebenfalls auf diesem Longplayer und hört auf den Namen "Wild Fire Woman". Der Song beginnt rockig, wird dann deutlich grooviger und mündet schließlich in einen Refrain, der dem Verfasser seit vielen, vielen Jahren - was vor allem Rodgers' Gesang geschuldet ist - immer wieder Freudentränen in die Augen und den Fuß aufs Gaspedal (von was auch immer gerade in der Nähe ist) drücken lässt.
Aber da war doch noch was, oder? Uuh ja, und zwar das unsterbliche "Shooting Star", das Rodgers - und da kann mir jeder erzählen, was er will - ohne jeden Zweifel mit seinem drogengeplagten Freund Paul Kossoff im Hinterkopf verfasst hatte. Ein guter Text und klasse Gesangsmelodien reichten hier - kombiniert mit einem zart groovenden Rhythmus - aus, um die Nummer zu einem Evergreen werden zu lassen, das man auch heute noch immer wieder gerne hört. Ein weiterer unzerstörbarer Klassiker der Bandgeschichte!
Von den Bonus Tracks her ist "Straight Shooter" dann sogar noch attraktiver ausgestattet als das Debüt, sei es von der Spielzeit (mit knapp siebzig und somit zehn Minuten mehr), als auch den Songs. Von jedem Album-Song gibt es eine Alternativ-Version (von "Feel Like Makin' Love" sogar zwei), dazu die (sehr starke) Single-B-Seite "Whisky Bottle" (plus Alternativ-Version) und einen weiteren Take von "Easy On My Soul" (bereits auf dem letzten Free-Album, als auch auf der Debütscheibe vertreten), das Rodgers offensichtlich nicht wirklich los ließ. Der wahre Schatz sind allerdings die beiden Outtakes "See The Sunlight" sowie "All Night Long", die hier zum ersten Mal überhaupt das Licht der Welt bzw. Öffentlichkeit erblicken.
"See The Sunlight" ist eine richtig gute, getragene und eher bluesige Nummer mit starker Gesangsmelodie, feiner Orgel und der abrundenden Gitarre von Ralphs. Eigentlich ein echter Gewinner, der auch den beiden nachfolgenden Bad Company-Alben "Run With The Pack" und vor allem "Burnin' Sky" etwas mehr Farbe bzw. Glanz verliehen hätte. "All Night Long" wurde damals außen vor gelassen, da die Band der Meinung war, dass sich das Stück etwas zu nah an "Movin' On" vom Debüt befand. Kann man, muss man aber nicht so sehen, da hier ein weiterer starker Rocker aufs Band gebracht wurde, von dem andere Bands seinerzeit lediglich träumen konnten.
Leider wird "Straight Shooter" bis zum heutigen Tage nicht der Stellenwert des Debüts "Bad Company" eingeräumt, was schlichtweg eine Schande ist. Auf dem weiteren Weg Bad Companys folgten das immer noch gute bis sehr gute "Run With The Pack" (1976), das den hohen Standard der ersten beiden Platten aber nicht mehr halten konnte sowie der offensichtliche Tiefpunkt "Burnin' Sky" von 1977, bei dem es eher schwer fällt, auch nur ansatzweise Höhepunkte festzustellen. Immerhin gelang dann 1979 mit Desolation Angels nochmal ein großartiger Befreiungsschlag, bevor die (neu eingespielte) Resteverwertung "Rough Diamonds" im Jahr 1982 das Ende der (ersten) Ära mit Paul Rodgers darstellte.
Nichtsdestotrotz: "Straight Shooter" ist nicht nur ein Klassiker der Bandgeschichte, sondern der gesamten siebziger Jahre und wurde bisher noch nie schöner sowie umfassender aufbereitet, als mit dieser Ausgabe.
Line-up:
Paul Rodgers (piano, vocals)
Mick Ralphs (guitars, keyboards)
Boz Burrell (bass)
Simon Kirke (drums)
With:
Jimmy Horowitz (strings - #3)
Tracklist |
CD 1:
01:Good Lovin' Gone Bad
02:Feel Like Makin' Love
03:Weep No More
04:Shooting Star
05:Deal With The Preacher
06:Wild Fire Woman
07:Anna
08:Call On Me
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CD 2:
01:Good Lovin' Gone Bad (alternate vocal & guitar)
02:Feel Like Makin' Love (take before master take)
03:Weep No More (early slow version)
04:Shooting Star (alternative take)
05:Deal With The Preacher (early version)
06:Anna (alternative vocal)
07:Call On Me (alternate take)
08:Easy On My Soul (slow version)
09:Whisky Bottle (early piano version)
10:See The Sunlight (previously unreleased)
11:All Night Long (previously unreleased)
12:Wild Fire Woman (alternate vocal & guitar)
13:Feel Like Makin' Love (harmonica version)
14:Whisky Bottle (original single b-side)
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Externe Links:
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