Alleine schon die Ankündigung eines Konzerts von Rory Block auf Roepaen hat meinen Blutdruck erhöht. Natürlich habe ich den kurzen Weg zum ehemaligen Kloster mit dem Auto zurückgelegt. Wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn ich hatte Flugzeuge im Bauch.
Von der Blues Foundation in einer der zahlreichen Kategorien nominiert zu werden, macht jeden Künstler stolz. Allerdings hat Rory Block bereits fünf Blues Music Awards in der Vitrine stehen. Mitte der Sechzigerjahre, Block war erst um die fünfzehn Jahre jung, erschien "How To Play Blues Guitar". Die Aufnahmen, zusammen mit Stefan Grossman eingespielt, wurden 2010 unter dem Titel Country Blues Guitar wieder vervöffentlicht. 2006 erwies sie mit The Lady And Mr. Johnson einem der Wegbereiter des 12-Takters die Ehre und ich bin immer noch der Meinung, dass es Rory Block um Längen besser gelungen ist, als Eric Clapton mit "Me And Mr. Johnson".
 Pünktlich begann die Missionarin in Sachen Acoustic Blues ihren ersten Set. Leute, da bekommt man schon eine Gänsehaut, wenn man die Lady nur ganz wenige Meter von sich entfernt auf einem Stuhl sitzen sieht. Leider wurde bei der Ansage der Amerikanerin darauf hingewiesen, dass Fotografieren nicht erlaubt sei. Ich dachte zunächst, ich hätte vergessen, mir die Ohren zu waschen. Doch nicht nur ich hatte richtig gehört. Meine erste Reaktion war das Wort 'Sch ...'. Aber beruhigt hatte ich mich als sie die proppevolle Kapelle auf Roepaen mit ihrer akustischen Gitarre und ihrem Gesang erfüllte. Der "Crossroad Blues" von Robert Johnson war die ideale Eröffnung für einen Nachmittag im Zeichen der alten Blueser und daneben waren natürlich auch ihre eigenen Stücke angesagt.
Ging es um ihre, immer wieder eingestreuten selbstgeschriebenen Nummern, wich sie vom Pfad des Blues ab und erwies sich als bestens aufgelegte Singer/Songwriterin. Das Publikum sparte nach den Liedern wahrlich nicht mit Beifall. Nur einmal gab es bereits nach den ersten Tönen quasi am Beginn eines Tracks Applaus. Das war bei Lovin' Whiskey. Ich zuckte schier zusammen, als der Beifall losbrach.
Der erste Set war deutlich von Songs geprägt, die man durchaus als Uptempo-Nummern bezeichnen durfte. Wie die Block ihr Instrument spielte, war beeindruckend. Kaum ein Song verging ohne Bottleneck-Einsatz. Da zeigte sie, wie man sowohl gefühlvoll als auch vehement mit dem Metallröhrchen über die Saiten fahren kann. Alleine schon die unterschiedliche Art und Weise, wie sie das Bottleneck auf den Strings platzierte, erzeugte sehr verschiedene Effekte. Ebenfalls höchst interessant war ihr Anschlag der sechs Saiten um das Schallloch herum. Dadurch ergaben sich ganz feine Nuancen in ihrem Spiel. Dagegen riss sie ab und an die Saiten vom Korpus weg. Block war quasi auch knallhart.
In ihrer Jugend traf sie unter anderem Son House persönlich. Damals war er, wie sie erzählte, zweiundsechzig Jahre alt. Selbstredend standen auch Kompositionen von ihm auf der Setlist. Sein "Preachin' Blues" war in ihren Händen teuflischer Hochgeschwindigkeits-12-Takter und die Künstlerin zog alle Register, als sie mit "I Be Bound" Muddy Waters aus einer Epoche zitierte, als er noch ein Akustik-Blueser war und seinen amtlichen Namen McKinley Morganfield trug.
Ihr Streifzug durch die vielen Songs von bereits erwähnten Son House oder von Mississippi John Hurt waren herrliche Exemplare in Sachen Geschichte des Blues. Zwischen den Nummern konnte Block dem Publikum informative Hintergrundinformationen zu den einzelnen Kompositionen geben und das eine oder andere Mal waren diese nicht ohne Witz. Besonders hervorzuheben waren ihre Einlassungen zum Altern und man konnte diese Äußerungen als Blocks Philosophiestunde einsortieren. Sie präsentierte sich als eine Musikerin mit Charme, Feeling und Verve. Manchmal ging es mit ihrer Spieltechnik so flott, dass man als Zuschauer gar nicht genau erkennen konnte, wie sie die Klänge kreierte.
Rory Block ist eine brillante Gitarristin und mit einer wunderbaren Stimme gesegnet.
Ihr Spiel unterstützte sie durch Footstomping und oftmals war auch ein Fingerschnippen mit von der Partie. Die 'good vibrations' versetzten die Bühnenbretter dermaßen in Schwingungen, dass ihr Equipment (Bottleneck und Kapodaster) auf einen Beistelltisch ein ums andere Mal zu Boden fiel. Im Laufe des zweiten Sets hob sie die Dinge schon gar nicht mehr auf.
Ganz große Momente waren zwei Songs, die sie a cappella darbot. Herrschaften, hatte Blocks Singstimme ein Volumen! Ihr akustischer Blues war ja schon wie geschaffen für die Kapelle, aber als sie "Daniel Prayed" beziehungsweise "Grinning In Your Face" so ganz ohne instrumentale Begleitung sang, da herrschte schon eine ganz besondere Atmosphäre in der Kirche.
Robert Johnsons "Ramblin' On My Mind" stellte sie in ihrer verbalen Einleitung als das Schnittmuster des Rock'n'Roll vor. Ihre brillante Interpretation hatte genau diesen Aspekt im Fokus. Grandios! In der zweiten Hälfte ließ es die Protagonistin auch ruhiger angehen. Bei "Spiderboy" konnte man eine Stecknadel fallen hören und beim anderen Jungen, dem "Gypsy Boy" ging es ebenfalls weit in die Achtzigerjahre zurück. Stevie Wonder hatte den Song auf einem ihrer zahllosen Alben mit ihr eingespielt und seine Abwesenheit entschuldigte sie höflich.
Sie, ihre Gitarre und Stimme: Rory Block ist in unserer Zeit ohne Zweifel eine der besten Blueserinnen, die es auf dem Globus gibt und das hat sie beeindruckend unter Beweis gestellt.
Wir bedanken uns bei Chris Tangelder vom Cultureel Podium Roepaen für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Rory Block (acoustic guitar, vocals)
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