Canned Heat / Woodstock Reunite Tour 2010
29.08.2010, Musikzentrum Hannover
Canned Heat Canned Heat
Woodstock Reunite Tour 2010
Musikzentrum Hannover
29. August 2010
Stil: Blues, Blues Rock


Artikel vom 06.08.2010


Jürgen Bauerochse
Canned Heat'Woodstock Reunite' - die Bezeichnung der diesjährigen Tour durch das Europäische Festland sagt eigentlich schon alles aus, was, oder besser gesagt wer, bei den Konzerten der kalifornischen Boogie-Legende Canned Heat im Mittelpunkt stand.
Vor fast genau einundvierzig Jahren holte die Band zu ihrem größten Rundumschlag aus und mischte beim legendären Woodstock-Festival in Bethel, New York, circa eine halbe Million junger Menschen so richtig auf. Ihr Song "Goin' Up The Country" wurde zur Hymne einer ganzen Generation von Hippies und eröffnete auch den vielfach preisgekrönten Kinofilm über das bedeutendste Rockmusik-Open Air der Geschichte.
Canned HeatNeben den beiden leider viel zu früh verstorbenen Gründungsmitgliedern Alan 'Blind Owl' Wilson († 3. September 1970) und Bob 'The Bear' Hite († 5. April 1981) standen an diesem Augusttag des Jahres 1969 noch Larry 'The Mole' Taylor am Bass, Harvey 'The Snake' Mandel (Gitarre), sowie der Schlagzeuger Fito de la Parra mit auf der Bühne und ließen gnadenlos die Sau raus. Dieser Gig brachte Canned Heat ganz nach oben in der Liga der weißen Blues- und Boogie-Bands jener Zeit und legte den Grundstein für eine bis heute andauernde Karriere im Rockbusiness. Neben einigen sehr erfolgreichen Single-Hits wurde die Gruppe während dieser Epoche vor allem durch ihre ausufernden Boogie-Improvisationen und intensiven Blues-Songs bekannt, die nicht selten weit über die zehn-Minuten-Grenze ausgedehnt wurden. So erreichte der legendäre Refried Hockey Boogie eine Spielzeit von satten 41 Minuten.
Canned HeatUnd genau diese drei Musiker aus dem 69er Line-up wollten nun an die großen alten Zeiten erinnern und gleichzeitig die Song-Klassiker der Band wieder aufleben lassen. Verstärkt hatten sie sich mit Dale Spalding, der schon seit dem Jahr 2007 zum engeren Umfeld von Canned Heat zu rechnen ist und bei dieser Tour neben der Gitarre auch an der Harmonika zu hören ist und außerdem große Teile der Vocals übernommen hat. So gab es natürlich für uns überhaupt kein Zögern, dieses Konzert zu besuchen, denn diese Besetzung stand schon seit Jahren nicht mehr auf der Bühne, und wer weiß, ob wir die drei Legenden noch öfter zusammen erleben werden, denn nichts ist schnelllebiger als eine Mitgliedschaft bei Canned Heat.
Canned HeatSo stand eigentlich von vornherein fest, dass sich dieses Konzert mehr auf den Personenkult konzentrieren würde, als auf die musikalische Qualität, obwohl natürlich alle Musiker über jeden Zweifel absolut erhaben sind. Aber trotzdem war ich gespannt darauf, wie das Zusammenspiel nach so langer Zeit funktionieren würde und welche Dynamik die Band noch an den Tag legen könnte, denn immerhin gehen die Protagonisten allesamt so langsam auf die Siebzig zu.
Und um es gleich vorweg zu nehmen: Es war sicherlich nicht das stärkste Konzert, das ich von Canned Heat in jüngerer Vergangenheit gesehen habe. Bei den 'härteren' Songs ging es doch etwas gesitteter zu als vor vier Jahrzehnten. "Let's Work Together" kam nicht mehr mit so viel Schmackes aus den Boxen wie gewohnt. Und das lag nicht nur daran, dass der Enthusiasmus eines Bob Hite am Mikrofon fehlte. Auch musikalisch mangelte es an Druck. Die Drums donnerten nicht mehr volles Rohr durch den Raum, auch die Gitarren-Soli wirkten gesetzter und ruhiger. Da war ganz einfach der nötige Drive nicht vorhanden.
Canned HeatAnders sah es da schon bei den großen Songs aus dem Country Blues-Bereich aus, die von jeher etwas gesetzter klangen und damals von Alan Wilson unnachahmlich gesungen wurden. Zwar ist die Stimme von Fito de la Parra kein gleichwertiger Ersatz, aber musikalisch erzeugten "Time Was", "Goin' Up The Country" und vor allem der Opener "On The Road Again" noch immer das gleiche Gänsehaut-Gefühl, wie die Original-Aufnahmen auf den alten Alben. Dabei war das perfekte Bluesharp-Spiel von Dale Spalding ein absoluter Höhepunkt des Abends. Hier haben die beiden verstorbenen Frontmänner wirklich einen perfekten Ersatz gefunden, der über das nötige Feeling verfügt, um diese Titel perfekt rüber zu bringen.
Canned HeatWeitere Highlights waren die Slidegitarren-Ausflüge von Larry Taylor, der sich immer wieder mal mit Spalding an den Instrumenten ablöste und dann den typischen Canned Heat-Sound mit dem Bottleneck problemlos hinbekam. Auch hier hätte 'The Blind Owl' seine helle Freude gehabt.
Nicht so überzeugend fand ich dagegen den Auftritt von Harvey Mandel. Und das nicht nur, weil er große Teile des Sets im Sitzen absolvierte, denn das haben wir ja schon des Öfteren von anderen Musikern erlebt. Nein, auch sein Gitarrenspiel riss mich nicht unbedingt vom Hocker, denn immer wieder verfremdete er die Sounds und nahm so den Songs viel von ihrer Natürlichkeit. Dann doch bitte lieber wieder die Soundorgien von damals, für die Mandel und noch mehr sein Vorgänger Henry Vestine († 20. Oktober 1997) berühmt-berüchtigt waren.
Canned HeatAuch Fito de la Parra ist ruhiger geworden. Seine Schläge sind lange nicht mehr so kraftvoll, was natürlich bei dem größten Teil der Songs nicht unbedingt ins Gewicht fällt, denn die Rhythmusvorgabe ist nach wie vor unübertroffen. Irgendwie hatte ich an diesem Abend den Eindruck, als spiele die Band mit gebremstem Schaum. Viel zu selten gab es mal schöne Duelle zwischen Taylor und Mandel. Dabei wurden aber alle Titel sehr gekonnt dargeboten. Mehr aber auch nicht. Es gab keinerlei Aufbau von Spannung innerhalb der Stücke. Man spielte sich einfach zu routiniert durch das Programm, was eindeutig auf Kosten der Spontanität ging.
Canned HeatSelbst der Überflieger "Boogie" lief nach diesem Schema ab. In der an diesem Abend gebrachten, zwanzig Minuten langen Version, wirkten die einzelnen Solo-Einlagen ziemlich uninspiriert und rein nach Schema F abgespult. So kann die Stimmung des Gigs beim besten Willen nicht auf das Publikum überspringen. Und wenn dann auch noch keinerlei Spots auf den jeweiligen Solisten liegen, dann trägt das auch nicht gerade zu Begeisterungstürmen bei. Es war schon ziemlich eigenartig, Fito auf sein Drumkit einschlagen zu hören, während er fast gar nicht zu erkennen war.
Canned HeatUnd trotzdem möchte ich auf gar keinen Fall von einem schwachen Konzert sprechen. Die Songauswahl war okay, auch wenn der eine oder andere 'Hit' fehlte. Vielleicht hätte man auf die beiden Instrumentalstücke aus der Feder von Harvey Mandel verzichten können, obwohl mir "Cristo Redentor", das er zusammen mit Charlie Musselwhite eingespielt hatte, doch sehr gut gefallen hat.
Ich glaube vielmehr, durch dieses Band-Line-up zu hohe Erwartungen im Hinterkopf gehabt zu haben. Immerhin fehlte mit Bob Hite der langjährige Frontmann, der es ein ums andere Mal schaffte, die Band mit seiner ganzen Dynamik mitzureißen und immer wieder zu Höchstleistungen zu treiben. Als absoluter Canned Heat-Fan möchte ich auch dieses Konzert unter gar keinen Umständen missen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Sabine Trunzer von der Firma Kultopolis aus Merzig für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Larry Taylor (bass, guitar, vocals)
Dale Spalding (vocals, guitar, harp, bass)
Harvey Mandel (lead guitar)
Fito de la Parra (drums, vocals)
Setlist
01:On The Road Again
02:Time Was
03:Fine Little Mama
04:Midnight Sun
05:So Sad
06:Future Blues
07:Sugar Bee
08:Goin' Up The Country
09:Amphetamine Annie
10:Cristo Redentor
11:Let's Work Together
12:Boogie
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