Christoph Graf / Joe Cocker - Die Biografie
Biografie Medium: Buch, Hardcover
240 Seiten, Format 24 x 16
Sprache: Deutsch
Erschienen bei Hannibal Verlag, September 2014
1. Auflage
ISBN-10: 3-85445-445-7
ISBN-13: 978-3854454458
Ca. 19,99 EUR

Review vom 08.01.2015


Ilka Heiser
Was fällt einem zuerst ein, wenn der Name Joe Cocker fällt? "With A Little Help From My Friends" und natürlich Woodstock. Sein unvergessener Auftritt 1969 auf dem legendären Festival machte ihn plötzlich weltberühmt, ihn, den gelernten Gasinstallateur mit der berühmten Reibeisenstimme und den eigenartigen, windmühlenartigen Bewegungen auf der Bühne, die im Grunde nichts anderes waren, als das Nachahmen von Gitarre und Piano (Instrumente, die er selber nicht beherrschte) oder auch Drums (Cocker hatte einst als Drummer seine ersten musikalischen Gehversuche gemacht, bis seine Bandmitglieder irgendwann mehr oder weniger zufällig entdeckt hatten, was für ein Hammer-Organ der Mann hatte).
Somit adelte er anderer Leute Songs mit seiner Stimme, hauchte zum Beispiel dem Beatles-Song "With A Little Help From My Friends" seine ganz eigene Seele ein.
Doch dann, in den 70ern folgte leider der komplette Absturz mit Drogen und Alkoholexzessen. Geschuldet der im Frühling 1970 unter dem Banner "Mad Dogs & Englishmen" stattfindenden US-Tour. Dazu kam, dass der eine oder andere Manager dem Sänger nicht gerade wohlgesonnen war. Geld floss, aber nicht in Joes Kasse, sondern in anderer Leute Taschen. Außerdem ließ er sich nicht nur von Managern, sondern auch den sogenannten 'Freunden' weidlich ausnutzen.
Cocker ließ sich dennoch nicht unterkriegen, er war ein Kämpfer. 1983 schaffte er es, im Duett mit Jennifer Warnes und dem Lied "Up Where We Belong", zum 25. Jubiläum des Grammys den Preis als bestes Pop-Vocal-Duo zu erhalten. Von da an ging es stetig bergauf. Er veredelte Songs von Ray Charles ("Unchain My Heart"), Randy Newman ("You Can Leave Your Hat On" - auch etwas süffisant der 'Striptease-Hit' genannt), Bryan Adams ("When The Night Comes"), "Summer In The City" (Lovin Spoonful) oder auch Bob Dylan ("Seven Days") und vielen anderen Künstlern mit seiner unverkennbaren, wandelbaren Stimme und machte diese zu Welthits.
Sehr viel Halt gab ihm sicherlich auch seine amerikanische Frau Pam Baker, eine Erzieherin, die er 1987 heiratete und mit der er auf der abgeschiedenen Mad Dog Ranch in Crawford im US-Staat Colorado lebte.
Christof Graf, der sein Buch mit dem Untertitel "Mit Gänsehaut durch die Jahrzehnte" versehen hat, hat Joe Cocker mehrfach persönlich getroffen und ausführlich interviewt. In dieser Biografie widmet er sich all den Stationen im Leben dieses charismatischen Weltstars, den er offensichtlich sehr verehrte und dessen größter Fan er wohl gewesen ist. Denn beim Lesen des Buches gewann ich mehr und mehr den Eindruck, es hier mit einem 'Hardcore-Fan' zu tun zu haben. Natürlich ist die Stimme dieses Stars sein größtes Pfund, mit dem er in den langen Jahren seiner Karriere wuchern konnte. Nur wurde mir die stets und ständig wiederkehrende und in Erinnerung gerufene Erwähnung 'dieser großartigen, wahnsinnigen Reibeisenstimme' irgendwann etwas zu viel des Guten.
Sehr intensiv befasst sich Graf sowohl mit dem langen und harten Kampf des Künstlers gegen Drogen und Alkohol, als auch mit jeder einzelnen Plattenveröffentlichung in all seinen Schaffensjahren. Dabei wird sehr penibel auf jeden mitwirkenden Künstler, Produzenten, sämtliche Chart-Platzierungen usw. sowie verschiedene Rezensionen in einigen großen Printmagazinen eingegangen - für Statistiker eine wahre Fundgrube. Schade finde ich, dass die Fotos, die zum größten Teil vom Autor selbst stammen, sehr dunkel gehalten sind. Außerdem haben die Lektoren hier ganz offensichtlich mächtig versagt, das Buch ist mit jeder Menge Fehlern gespickt. Ansonsten liest es sich recht flüssig. Was mir gefallen hat, ist die Einteilung der Kapitel - jeweils mit einer kleinen Einleitung versehen - in die einzelnen Jahrzehnte aus dem Leben Cockers, sowie die abschließend aufgeführte, sehr ausführlich aufgelistete Diskografie.
Lassen wir Joe Cocker, der seit dem 22. Dezember 2014 nun leider mit vielen anderen Woodstock-Legenden ebenfalls im Musiker-Himmel spielt, letztmalig zu Wort kommen: »Musik ist mein Leben. Singen ist mein Leben. Die ehrliche Art, durch Musik mit einem Publikum zu kommunizieren. Und immer weiterzumachen, auch wenn man einmal auf die Nase fällt.« Musik und Singen war wirklich dein Leben, Joe. Das haben wir alle in jedem deiner Songs gespürt.
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