Soviel Zeit muss sein: Bevor es im Bericht zur Musik kommt, einen Glückwunsch an den Schwarzen Adler in Rheinberg, denn der feiert seinen 25. Geburtstag.
Nach den Formalitäten nun zu den Themen des Abends. Die Besucher waren Zeuge eines Doppelkonzerts. Die Moerser Band Dirty Rhythm, 1998 gegründet, war mit einiger Verspätung um 20:25 Uhr am Start. Die Vielfalt ihres Blues ist beeindruckend und die musikalischen Gute-Laune-Funken, welche die Combo losließ, trafen recht schnell die Herzen des Publikums.
Bereits zu Anfang faszinierten Christian Noll (harp) und Gebhard Janssen (guitar) durch ihr Unisonospiel und der 12-Takter war nicht nur dirty sondern auch schweißtreibend, denn nach zwei Songs hatte Klaus Sonntag, seines Zeichens exzellenter Schlagzeuger, seine korrekt gebundene Krawatte gelockert. Blind verstand er sich mit dem Basser Franz Schwarz und die beiden zementierten ein unerschütterliches Fundament auf die Bühne des Schwarzen Adlers.
Neben den Songs, die Janssen mit elektrischer Gitarre spielte, schulterte er dann auch die akustische Klampfe und brachte die Saiten mit dem Bottleneck zum Glühen. Ein ums andere Mal wusste auch der Keyboarder Volker Trost zu gefallen und lieferte fetzige Soli an den schwarzen und weißen Tasten.
Einige Besucher waren von der Live-Musik dermaßen infiziert, dass sie den Stahlboden vor der Bühne in einen Tanzboden verwandelten, und auf der Spirale der guten Laune ging es weiter nach oben, als man Eric Claptons "Further On Up The Road" spielte.
War das Quintett aus Moers schon toll, wurde es dann auch noch durch den aus Oklahoma City stammenden Sänger, Harper und Gitarristen Maurice Allen Lee verstärkt, und mit ihm wurde nochmals an der Spaßschraube der Performance gedreht. Harp-Zweikampf mit Noll, soul-bluesige Stimme und seine akustische Gitarre motzten den Sound auf.
Unvermittelt sah man einen etwas verdutzt dreinblickenden Lee, als der Fünfer die Bühne verließ und den sehr gut deutsch sprechenden Künstler auf den Brettern alleine ließ. Schade: Er wollte seine 12-saitige Akustische zum Einsatz bringen, aber das haute aus technischen Gründen nicht hin. Doch auch mit der 6-saitigen war sein Solobeitrag eindrucksvoll und aus vollem Herzen gespielt.
Zusammen mit Dirty Rhythm wurde dann noch Steve Ray Vaughans "Crossfire" und das von Lee geschriebene "Taxidriver" geboten.
Klar, das Publikum wollte eine Zugabe und bekam sie auch: 10 Minuten Muddy Waters' "Got My Mojo Working".
Das Zeiteisen zeigte mittlerweile 22:00 Uhr an und die Hand-in-Hand-Umbaupause dauerte schlappe 15 Minuten.
Es war angerichtet und den ersten Track, "The Blues", benutzte die Henrik Freischlader Band gleichzeitig als Soundcheck, der, verbunden mit einem großen Lob an den Mann an den Reglern, ganz fix ging.
Durch die Dirty Rhythm bestens gelaunt, ging die Party nun mit dem Wupper-Blues weiter. Dirk Sengotta bearbeitete die Felle seines Schlagzeugs und Oliver Schmellenkamps Bass pumpte heftig in den Ohren und der Magengegend als "The Blues" für erste Begeisterung sorgte, gefolgt von "Disappointed", wie der Opener vom Freischlader-Debüt.
Up-Tempo Blues mit ruhigem Mittelteil, in dem der junge Gitarrist mit seinem Solo jedem im Saal zeigte, wo der Hammer hängt. Auch am Mikro war Freischlader unschlagbar, denn er sang mit verdammt viel Verve in der Stimme. Ohne Zweifel: Ständig war zu spüren, dass er hinter seiner Musik stand und sie mit viel Emotionalität spielte. Schnell war er im Set und überraschte die Zuschauer ein ums andere Mal.
Lange musste man auch nicht auf Songs der Get Closer-CD warten.
Drei am Stück gab es mit "Too Cool For Me", "Keep Playin'" und "Not Of That Kind".
Mit "Too Cool…" wurde dann auch ein Gang zurückgeschaltet. Nicht weniger intensiv war der Track, bei dem sich Freischlader für sein Solo wieder zur Bühnenmitte bewegte. "Keep Playin'" wurde von Sengotta und Schmellenkamp eingeleitet und der Namensgeber der Band leistete hervorragende Fußarbeit: Feinnervige und relaxte WahWah-Gitarre zum Genießen. Weiterspielen, klar, das war angesagt, denn es sollte ja noch lange nicht Schluss sein. "Not Of That Kind" ist die swingende S(a)eite des Henrik Freischlader.
Dieser Set hat es in sich, der ist einfach super ausgefallen.
Legt dem Gitarristen Handschellen an und er würde dennoch weiterspielen, selbst "Nothin' To Lose". Sengotta haute einen Teufels-Rhythmus aus den Armen, und mit dieser Nummer nahm der Freischlader'sche Bluestrain wieder Fahrt auf, um mit der nächsten Nummer eine der Überraschungen des Konzerts aus dem Ärmel zu zaubern: "Dirty Low Down And Bad" von Keb' Mo', das er in einer sehr persönlichen Weise interpretierte.
Mit "I Give Up On Loving You" und "She's Back (For Another Try)" kam das Trio dann zur ultimativen Balladen-Abteilung des Gigs. Ohne Pause wurden die beiden Tracks nahtlos hintereinander weggespielt. Sengotta nahm die Jazzbesen zur Hand und Freischlader ließ, wie so oft während der weit über zwei Stunden dauernden Live-Musik, seinen Emotionen freien Lauf. Er kann sich nicht nur durch seine Texte ausdrücken. Er teilt sich auch durch sein Instrument mit: Freude, Leid, Wehmut, Melancholie… die Gitarre ist seine zweite Stimme.
Mittlerweile gab es Szenenapplaus und Freudenpfiffe ohne Ende. Getanzt wurde immer noch, und auf der Bühne wurde das groovende "You" gespielt.
Wehe, wenn sie frei gelassen werden, so könnte man das folgende rockige "Someone Like Me" überschreiben, denn es wurden wieder Kohlen nachgelegt. Freischlader & Co. mochten es auch laut. Henrik drehte am Volumenregler seines Verstärkers und Sengotta trommelte mit einer unglaublichen Wucht, um im anschließenden Klobürsten-Solo etwas sanfter Töne zu erzeugen. Welch ein Solo, nicht von dieser Welt. Der Wuppertaler Gitarrist spielte alles zwischen Himmel und Hölle und der Drummer legte alle seine Qualitäten auf die Bühne des Hauses. Schmellenkamp stand dem in nichts nach. Seine Solobeiträge waren ebenfalls atemberaubend.
"Dirty Low Down And Bad" war der erste Coversong des Sets und es sollten noch weitere folgen. Nach dem Drumsolo war es dann soweit: Freischlader zitiert Peter Green mit "I Loved Another Woman". Die rote Halbakustische war einsatzbereit, und bei diesem Song herrschte längst ausgelassene Partystimmung im Schwarzen Adler. Schmellenkamp entlockte seinem Arbeitsgerät psychedelische keyboardartige Töne und Freischlader lieferte Green-Licks.
"She Ain't Got The Blues" läutete dann das Finale des Konzerts ein.
Die Blues-Fete wurde zusammen mit dem Publikum und "Let The Good Times Roll", das swingend eingeleitet wurde und im Reggae-Rhythmus endete, abgefeiert. Die Zuschauer mussten nicht animiert werden, der Sing-along-Teil funktionierte auf Anhieb, und die letzten Töne des Songs verhallten in Zugaberufen und donnerndem Beifall.
Mit "Fire" und "Voodoo Chile" war die Zugabe vollkommen von Jimi Hendrix geprägt. Da schlugen alleine schon über 20 Minuten "Voodoo Chile" zu Buche, und das war eine Reminiszenz, während der das Raum-Zeit-Gefüge ausgehebelt wurde. Der Song ist ein Event für sich und das Trio gab nochmals alles.
Hut ab und Respekt!
Wunschlos glückliche Konzertbesucher machten sich auf den Heimweg. Vor dem Konzert kündigten sich durch Blitz und Donner bereits Gewitter an, die sich in der näheren Umgebung des Schwarzen Adlers dann doch verzogen hatten, denn dafür sorgte die Henrik Freischlader Band durch so manchen musikalischen Beitrag im Adler.
Line-up Dirty Rhythm:
Christian Noll (harp, vocals)
Gebhard Janssen (guitar)
Volker Trost (keyboards)
Franz Schwarz (bass)
Klaus Sonntag (drums)
Maurice Allen Lee (vocals, guitar, harp)
Line-up Henrik Freischlader Band:
Henrik Freischlader (guitars, vocals)
Dirk Sengotta (drums)
Oliver Schmellenkamp (bass)
Bilder vom Konzert
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