Eigentlich hätte das hier ein richtig ordentlicher Festival-Bericht werden sollen. Ein Bericht vom immerhin 7. Road To Rock-Festival in Belgiens schöner Hauptstadt Brüssel. Einmal im Jahr findet dort am nördlichen Stadtrand inmitten fieser Betonghettos ein richtig schönes Festival statt, das von nettem Publikum und überzeugender Leidenschaft auf Seiten der Orga gekennzeichnet ist.
Eigentlich wollte ich unseren Lesern mindestens sechs Bands bieten und deren Auftritte beim diesjährigen RTR näherbringen. Aber wie das so ist, schreibt man das Wörtchen 'eigentlich‘, dann weichen Plan und dessen letztendliche Umsetzung offensichtlich voneinander ab. So natürlich auch kürzlich, denn irgendwie schlug Murphy's Law gnadenlos zu und eine anfänglich kleine zeitliche Verzögerung zog immer weitere, noch größere nach sich. Dies alles kulminierte in einem satten Stau auf Brüssels Ringautobahn, in der Nähe des großen Expo-Areal.
Ich hätte es wissen müssen, immerhin habe ich mehrere Jahre nicht allzu weit entfernt davon gewohnt. Wahrscheinlich hatte das ehemalige Heysel-Stadion gerade mal wieder zig-tausende Besucher ausgespuckt oder irgendeine andere Großveranstaltung war zu Ende gegangen. Auf dem Ring war an diesem schönen Nachmittag auf jeden Fall Schicht im Schacht. Dazu kam, dass wir, glücklich dem Stau entronnen, gefühlte zweihundertmal um den richtigen Wohnblock gekreist sind, ohne die Nähe zum Ziel zu ahnen. Das Ende vom Lied: Mit den letzten Tönen der dritten Band wurden wir im Saal begrüßt.
Zeit also, einige Bekannte zu begrüßen und das Bier zu testen. Unter anderem war Mort Subite im Umlauf – allein der Name macht es wert, das mal zu probieren! In diesem Zusammenhang muss unbedingt die Besetzung des Merch-Standes von Eden's Curse erwähnt werden, wo neben Henk Dee, einem Freund aus Flandern, mit Dave Green ein Fan aus Britannien Dienst tat, der immer auf eigene Kosten durch die Weltgeschichte reist, um 'seiner' Band etwas Gutes zu tun – Hut ab.
Etwas enttäuschender stellte sich allerdings das restliche Publikumsaufgebot dar, das doch für einige größere Löcher im Saal verantwortlich war. Irgendwie ist ja schon längere Zeit der Wurm drin: Da holen Veranstalter richtige Legenden für gerade mal 20 Euro und 20 Zuschauer, die Cover-Party-Spaß-Bands ziehen die Massen und die wirklich guten Bills werden mit leeren Sälen belohnt. Tief durchatmen…!!! Egal, wehklagen hilft nicht, da müssen wir durch, solange es noch Live-Mucke gibt.
So spülten wir auch hier den Ärger über die Lücken im Zuschauerraum mit etwas Schmierstoff runter und 'kämpften' uns in die erste Reihe vor, wo es auch noch Platz zum Abstellen der Becher und der Kameras gab. Die letzten Line-Checks waren dann auch schnell vorbei und die Lichter gingen aus für Eden's Curse, eine von zwei Bands wegen denen wir den Weg besonders angetreten hatten.
Thorsten Koehne an der Gitarre, Linkshänder und die Saiten auch noch verkehrt herum aufgespannt, Paul Logue, ebenfalls Ur-Mitglied, am Bass sowie der 'neue' Frontmann Nikola Mijic stellten den bekannten Kern der Band dar. Frisch für Pete Newdeck hinzugekommen war Drummer John Clelland und als Ersatz für den verhinderten Tastenmeister Steve Williams, der noch von Dragonforce und PowerQuest bekannt ist, saß Geert Margodt an den Tasten, der unlängst mit Rik Priem's Prime ein ganz feines Album veröffentlicht hat.
Keine langen Reden, das Set ging direkt voll zur Sache und es blieben im Grunde nicht so richtig irgendwelche Wünsche offen. Das Publikum setzte sich zu einem guten Teil aus Fans und weitestgehend textsicheren Besuchern zusammen, so dass die Resonanz klasse war. Speziell im vorderen Bereich wurde kräftig abgerockt und alle Stücke, beginnend mit dem Opener, "Symphony Of Sin", vom gleichnamigen aktuellen Album, dankbar entgegen genommen.
Überhaupt passte die Mischung gut: Neue Songs, neben "S. O. S." auch direkt danach durchaus passend "Break The Silence", wechselten mit anderen aus der EC-Historie in kurzweiliger Folge. "Trinity" stammt vom gleichnamigen Album aus dem Jahre 2011, ebenso wie etwas später "Jerusalem Sleeps", das in ein geniales Solo von Maestro Koehne überging und durch die Bank abgefeiert wurde. Gegen Ende folgte auch noch "No Holy Man" von dieser Scheibe.
"Just Like Judas" führte das Publikum ins Jahr 2008 zurück und in die Zeit, als "The Second Coming" auf dem Markt erschien. Und das Volk war dafür ebenso dankbar wie für "Angels & Demons" an letzter Stelle.
Natürlich war auch das Debüt von 2007 vertreten und es gab "Fly Away" (nein, nicht das von Blackfoot!) sowie natürlich "Judgement Day" auf die Ohren. Das neue "Unbreakable", das als letzter regulärer Song vor der Zugabe auf der Liste stand, weckte in so einigen Besuchern das Verlangen nach einem speziellen Band-Shirt mit eben diesem Titel und Logo. Leider war zu erfahren, dass es das nur bei den Aufnahmen zur Live-Scheibe Ende November in Glasgow geben würde.
Neben all der musikalischen Qualität des Dargebotenen muss unbedingt noch einmal Aushilfskeyboarder Geert Margodt Erwähnung finden: Es ist erstaunlich, wie sehr er sich nach nur ein paar Stunden Proberei in das Set einfügen konnte, als hätte er nie etwas anderes gespielt – Hut ab!
Nach der Show wurde reihum bestätigt, dass sich allein schon für dieses Set die Fahrt zum Road-To-Rock-Festival gelohnt hatte und ich persönlich freue mich schon auf das Frühjahr, wenn es im Zuge der Tour mit Freedom Call wenigstens ein paar Mal die Gelegenheit für ein livehaftiges Erlebnis geben wird.
Pause, trinken, quatschen, warten. Der Umbau lief zügig und der letzte Act des Tages (der zweite für uns – bitter, bitter) erklomm in Form von vier Jungs aus dem Rheinland die Bühne. Gun Barrel waren als Headliner angekündigt und hätten wie auch Curse ein volles Haus verdient. Leider aber lichteten sich die Reihen doch erheblich, so dass letztendlich nur ein Häuflein Hartgesottener in den ersten Reihen anzutreffen war.
Der Show tat das für die ganz vorne Stehenden keinen Abbruch, denn auf der Bühne ging es richtig zur Sache. Lediglich das Bewusstsein, hinter sich schwarze Löcher zu wähnen, musste irgendwie betäubt werden. Neben Mort Subite schaffte das aber in jedem Fall das Quartett auf dem Podium, keine Frage. Mit "Damage Dancers" ging es direkt heftig los und legte für den Rest des Abends die Marschrichtung fest.
Die Setliste ließ wenig Luft zum Atmen und in schneller Reihenfolge ging es mit "Front Killers" von dem 2009er-Release Outlaw Invasion und "Dancing On Torpedoes" von der "Brace For Impact" aus dem Jahre 2012 weiter. 'Tomcat' Kintgen hämmerte seinen Bass in Zusammenspiel mit dem Rhytmuskollegen Kevin Kott am Schlagzeug in den Saal. Und auch bei dieser Band gab es beim Road To Rock-Festival eine Besonderheit: Der eigentliche Drummer von Gun Barrel, Toni Pinciroli, musste sich einer Schulter-Op unterziehen und fiel für einige Zeit aus, weswegen Kott seinen Platz aushilfsweise übernahm. Dieser ist ansonsten hauptamtlich bei Masterplan, At Vance und Pantaleon mit den beiden Trommelstöcken zugange.
Das deutsche Metal-Urgestein Rolf Tanzius versorgte das Publikum derweil mit deftigen Riffs und eingeflochtenen knackigen Soli auf seiner Axt. Frontmann Patrick Sühl versuchte erfolgreich, das restliche Publikum vor der Bühne zu halten und sang sich den sprichwörtlichen Hintern ab. Zwischenzeitlich gab es auch von ihm noch den Griff zur Gitarre, um den Kollegen Rolf tatkräftig auf sechs Saiten zu unterstützen.
Neben dem Opener, "Damage Dancers", war das neue Album ("Damage Dancer") noch mit "Vultures Are Waiting", "Building A Monster", "Back Alley Ruler" und "Bashing Thru" würdig verteten. Daneben gab es eine muntere Mischung aus den anderen Outputs mit Krachern wie "Roll Of The Dice" oder "Outlaw Invasion". Als Zugabe hatte man sich noch die ebenfalls mehr als kernigen Kracher "Back To Suicide" und natürlich "Battle-Tested" zurechtgelegt.
Einmal mehr haben Gun Barrel überzeugend unter Beweis gestellt, dass sie von ihren hervorragenden Live-Qualitäten nix verloren haben und ich bin mir sicher, dass sie sich unter dem Brüsseler Publikum nun so einige Fans mehr erspielt haben. Hoch anzurechnen ist in jedem Fall, dass man ob des halbleeren Saales nicht einen Deut an der geplanten Setliste gerüttelt und die Nummern allesamt voll durchgezogen hat – vielen Dank dafür.
Vielen Dank auch an die Organisatoren, besonders Manu Prete und sein Team (der Thai-Imbiss war 'ne Wucht!) sowie an Nick Sourbron für die perfekte Bühne (und einiges mehr…). We'll be back!
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