The Epstein / 18.11.2012, Cultureel Podium Roepaen, Ottersum (NL)
Cultureel Podium Roepaen The Epstein
Cultureel Podium Roepaen, Ottersum (NL)
18. November 2012
Stil: Indie Rock


Artikel vom 26.11.2012


Joachim 'Joe' Brookes
The EpsteinBeim Roepaen Festival 2011 war The Epstein der Abräumer. Nachdem I Held You Once (2010) und Calling Out Your Name (2011) von mir kritisch unter die Lupe genommen wurden, war diese Band aus der englischen Universitätsstadt Oxford keine unbekannte Gruppe mehr. Ziemlich lange hat es gedauert, bis sich die Gelegenheit ergab, das Quintett um Olly Wills als Headliner erleben zu dürfen. Wie der Zufall es wollte, gab The Epstein wieder ein Konzert im Nightclub auf Roepaen. Für den etatmäßigen Bassisten Humphrey Astley zupfte Joe Bennett die dicken Saiten eines halbakustischen Tieftöners. Olly Wills war erkältet und hielt seine Stimme mit Kräutertee fit. Während des sehr überzeugenden Gigs meinte er, innerhalb von vier Stunden noch nie so viel Kräutertee getrunken zu haben. Das eine oder andere Knarzen aus dem Basslautsprecher konnte der wunderschönen Musik von The Epstein keinen Schaden zufügen.
The EpsteinPünktlich begann das Konzert sehr vertraut, denn Olly Wills fand sich alleine auf der Bühne ein, um nur von seiner akustischen Gitarre begleitet "Red Rocks" zum Besten zu geben. Ein solcher Song, in einem ehemaligen Kloster auch noch solo vorgetragen, war ein perfekter Türöffner für ein Konzert, in dem die fünfköpfige Band zeigte, dass sie für die andere Art des Indie Rocks stand. Es dauerte nicht lange und "Calling Out Your Name" wurde angesagt. Diese Komposition machte bei mir das Rennen zum Song des Jahres 2011. Live ... Gänsehaut pur. Mit einem unwiderstehlichen Groove von Tommy Longfella unterlegt, sang Olly Wills wie immer beherzt, einfühlsam und mit Überzeugung den Text. Achtung! Die Backing Vocals von Jon Berry, Joe Bennett sowie Seb Reynolds waren über das gesamte Konzert hinweg der Zuckerguss über wunderschöner Musik. Der Soundtüftler Seb Reynolds hatte zu jedem Song die passenden sphärischen, manchmal auch psychedelischen Klänge parat und der, bezogen auf seine Bühnenpräsenz, ansonsten eher zurückhaltende Jon Berry glänzte durch beste Unterhaltung auf seinem Arbeitsgerät.
The EpsteinMit dem folkigen "Finally Forgive" flossen die ersten balladesken Momente ins Konzert ein. Mit einem herrlichen Rhythmuswechsel gab man der Nummer eine ganz andere Stimmung. Seb Reynolds war mit feinen Keybordriffs zur Stelle und man ließ dem Track am Schluss durch eine Art Fadeout mächtig viel Luft zum Atmen. Bei Olly Wills war dann wieder ein Schluck Kräutertee angesagt und weiter ging es mit einem Stück aus der bereits ausverkauften Platte "Last Of The Charanguistas". Für "Black Dog" aktivierte Jon Berry zum ersten Mal das Bottleneck und mit harten Basslinien von Joe Bennett servierte man dem begeisterten Publikum den speziellen Indie Rock à la The Epstein. Country, Folk und die ordentliche Prise Rock wurden in den Händen der Combo stets neu gemischt und auch hier wurde ein ruhigeres Intermezzo eingeflochten.
The EpsteinEin Highlight reihte sich an das nächste ... "Sophie Loren" leitete Olly Wills alleine ein und Seb Reynolds, fast ganz im Dunkeln sitzend, drehte an den Reglern und lieferte einen Keyboardteppich erster Güte. Erstaunt schaute man seinem Treiben zu, denn er schaltete plötzlich sein Smartfon ein. Beantwortete er etwa während eines Gigs irgendwelche Nachrichten? Weit gefehlt ... er verfügte über eine besondere Applikation, mit der der Tastenmann Klänge verändern konnte. Sehr interessant, wie dieses, ich nenne es Mal Seb-App wirkte. Gleich danach ging Joe Bennett hinüber zu Olly Wills und zog ihm mit einem Lächeln im Gesicht den Stecker aus der Akustischen. Jon, Joe und Olly platzierten sich am Bühnenrand und gaben "Leave Your Light On" mit einfühlsamer Gitarrenbegleitung quasi a cappella zum Besten. Hammer, welche Stimmen, welch ein Feeling! Schon wieder wuchs einem eine Gänsehaut.
The EpsteinFür die schwebenden Sounds war nicht nur Seb Reynolds zuständig. Olly Wills nahm wieder einen Schluck aus der Tasse und Jon Berry griff zum E-Bow. Mit dem nächsten Track schaute The Epstein über den Tellerrand und interpretierte "Grand Canyon" von der amerikanischen Indie Pop-Gruppe The Magnetic Fields. Diese Nummer ließ man fast standesgemäß abermals a cappella ausklingen. Immer wieder kamen die besonderen psychedelischen Ausflüge von Jon Berry beziehungsweise Seb Reynolds zum Vorschein und mit zuweilen dramatischen Breaks erhielten einige rockende Songs eine überraschende Wende. Zu "I Held You Once" tanzte der Nightclub und schließlich hatte das Quintett mit "November" eine Ballade im Köcher, bei der das herbstliche Laub Stunden brauchte, um von den vom Nebel angefeuchten Ästen auf den Boden zu gelangen.
The EpsteinLogisch, eine Zugabe war fällig und in "Another Band Is Gone" war der Keyboarder wieder mit dem Seb-App zur Stelle. Zum krönenden Abschluss gab es mit "Charanga Classica" noch einen weiteren Track von "Last Of The Charanguistas" und The Epstein rockte, was das Zeug hielt. Danach gab es lauten Beifall vom Publikum und auf der Bühne zeigte man seine Zufriedenheit durch allseitiges Klopfen auf die Schultern.
The Epstein aus Oxford steht für beeindruckend guten, eigenständigen Indie Rock, der bei diesem Konzert für sich sprach und durch den Mann am Mischpult perfekt in Szene gesetzt wurde, aber leider nicht ins rechte Licht. Am besten beleuchtet war im Nightclub das Schild des Notausgangs.
Wir bedanken uns bei Chris Tangelder vom Cultureel Podium Roepaen für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Olly Wills (vocals, guitar)
Jon Berry (guitar, backing vocals)
Seb Reynolds (keyboards, backing vocals)
Joe Bennett (bass, backing vocals)
Tommy Longfella (drums)
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