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2. Artrock-Festival, 14.07.07 Netzschkau b. Reichenbach, Göltzschtalbrücke
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2. Artrock-Festival
Göltzschtalbrücke, 14. Juli 2007
Netzschkau b. Reichenbach
Artrock-Spektakel unter der Brücke
Artikel vom 25.07.2007
Ingolf Schmock
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Wer durch die idyllischen Landschaften des Vogtlandes fährt, wird nicht unbedingt vermuten, dass sich da ein Zentrum der progressiven Rockmusik befindet.
Genau hier wurde auch dieses Jahr wieder, unter der Organisation des schon wohlbekannten Reichenbacher Bergkellers, zum zweiten Mal ein Festival der besonderen Art (im wahrsten Sinn des Wortes) ausgerichtet.
Der himmlische Vater oder einfach nur das Klima machten es möglich, dass eben dieser zweite Festivaltag (von dem dieser Bericht handelt) mit wolkenlosem Himmel und viel Sonnenschein schon einmal gewinnen musste.
Die Wüste lebte an diesem Nachmittag, obwohl die Vogtländer doch recht nah am Wasser (Talsperre Pöhl) gebaut sind. Diesmal startete dieses extraordinäre Konzertereignis unter der malerischen Kulisse der monumentalen Göltzschtalbrücke bei Netzschkau, welche in den vergangenen Jahren bei den verschiedensten Medien eine traurige Berühmtheit erlangt hat.
Während der Besucher noch darüber staunte, ob der beeindruckenden Naturszenerie, befand er sich schon inmitten altbekannter Gesichter und Freunde, was sofort das Gefühl eines Klassentreffens vermittelte. Auf dem relativ weiten Areal verloren sich anfänglich die Besucher etwas, demonstrierten aber mit Beginn des Konzertablaufes eine einträchtige Geschlossenheit.
Hidden Timbre
Die junge Ostthüringer Band Hidden Timbre hatte die undankbare Aufgabe, unter der mörderischen Sonne das Billing für die folgenden Ereignisse zu eröffnen.
Das Quintett vermengt musikalisch recht ideenreich metallische Elemente und Pop mit
progressiven Trademarks zu einem vergleichsweise ohrwurmigen Gemisch. Ein herausragendes Beispiel bildet dabei die vermeintlich unmögliche Kombination von fortschrittlichen Metalambitionen mit dem prätentiösen femininen Gesang der gebürtigen Reichenbacher Frontfrau Anja Bräutigam, die zwar nicht wirklich spektakulär ist, aber die Kritiker bisher in Verzückung versetzten vermochte.
Musikalisch präsentierte das Geraer Musikergespann ein aggressives, treibendes,
bis melancholisch verträumtes Feuerwerk, obwohl es nach anfänglichem
Lampenfieber etwas Zeit benötigte, um soundtechnisch und instrumental das versammelte Publikum mit einem angenehmen Klanggewand anzustacheln.
Ich denke, mit ihrem spritzigen gitarrenlastigen Prog Rock, mit dem so eigenen Charakter, haben Hidden Timbre mit Sicherheit neue Freunde dazugewonnen.
Natürlich bestand ihr Repertoire größtenteils aus dem jüngst erschienenem, gleichnamigen Debüt, das ja bekanntlich von keinem Geringeren als Kalle Wallner und Yogi Lang ( RPWL) in den eigenen Münchner Farmland Studios produziert wurde. Diese jungen Musiker brennen jedenfalls für ihre musikalische Leidenschaft, wie ich beim Gespräch mit Gitarrist Clemens Prescher heraushören konnte, und werden daher mit Sicherheit in naher Zukunft in der oberen Liga der deutschen Progbands mitspielen.
Line-up:
Anja Bräutigam (Gesang)
Andreas Kaiser (Gitarre)
Clemens Prescher (Gitarre)
Danny Schmidt (Schlagzeug)
Mirko Schmidt (Bass)
Quidam
Was uns im weiteren Verlauf die Polen Quidam dann vorsetzten, kann man wohl zum Feinsten des Genres zählen, und erinnerte musikalisch ein wenig an eine, von Herrn Steven Wilson angeführte Combo.
Die ursprünglich 1991 als Deep River gegründete Formation frappierte mit ihrem psychedelisch schwebenden Artrock recht leicht und relaxt, und ließ sich dabei gern von Flötist Jacek Zasada untermalen, was ganz klare Reminizensen an Ian Anderson durchschimmern ließ.
Ansonsten pendelten die Instrumentalisten zwischen Akustik- und Stromgitarrenparts hin und her, welche in Intervallen von flächigen Hammond- und Synthiepassagen aufgebrochen wurden.
Da wurden auch schon mal Bruchteile von "Los Endos"( Genesis) oder "Hush" ( Deep Purple) in die Arrangements mit eingebaut.
Die Jungs wussten mit ihrem mitreißend charismatischen Leadsänger Bartek Kossowicz und ihren songschreiberischen Fähigkeiten das Publikum zu fesseln. Diese Polen haben ihre musikalischen Lektionen gelernt und sind auf alle Fälle im oberen Viertel des Prog-Olymps mit anzusiedeln.
Line-up:
Bartek Kossowicz (Gesang)
Maciek Meller (Gitarre)
Zbyszek Florek (Keyboard, Gitarre, Back-Gesang)
Maciek Wróblewski (Schlagzeug)
Mariusz Ziółlkowski (Bass)
Jacek Zasada (Flöte, Perkussion)
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Blind Ego
Das Bandprojekt von RPWL-Gitarrist Kalle Wallner ging danach ohne jeglichen blinden Egoismus musikalisch an den Start, und hatte mit der Gesangskoryphäe
Paul Wrightson (Ex- Arena) schon einmal einen bestechenden Trumpf im Ärmel.
Leider konnte bei diesem Auftritt IQ-Bassist John Jowitt nicht mit von der Partie sein
(er hatte Verpflichtungen bei seiner Hausband) und wurde daher von Stephan Ebner (Ex- RPWL) kurzfristig vertreten, der diese Tatsache bald galant vergessen machte.
Blind Ego legten an diesem Tag eine bemerkenswerte Spielaune in ihre Performance
und katapultierten sich in einen wahren Rausch. Ihr harter, vergleichsweise lauter, aber immer different klingender Sound setzte dann auch die folgenden achtzig Minuten perfekt in Szene.
Die Setliste umfasste natürlich das gesamte Repertoire des Debüts, wobei besonders der Longtrack "Dont Ask Me Why" mit seiner poppigen Anmut, gesondert herausstach.
Zusätzlich und gleichermaßen überraschend gelungen war eine fulminante Coverversion von Deep Purples "Perfect Stranger". Dabei konnte Stimmenakrobat Wrightson, dessen Tourteilnahme Wallner mit Stolz erfüllte, hoch punkten, denn seine flexible Stimme passte, wie überhaupt über die gesamte Länge, wunderbar in das Getriebe der einzelnen Arrangements.
Kollektive Haarlatte war mit Sicherheit bei der sanften Nummer "Black Despair" garantiert,
bei welcher Wrightson zu gefallen wusste, weil das Stück eben auch zu seinen Vorzugssongs gehört.
Zwischendurch gab es immer wieder Passagen, die zum Kräuterzirkulieren einladen konnten. Auch die glasklaren, gefühlvollen Gitarrensounds Kalle Wallners, die jedes Stück in ein passendes Gewand kleiden, sind einfach signifikant für dieses großartige Bandprojekt. Erstmalig und mit Stolz bearbeitete Kalle seine brandneue ESP Truckster
James Hetfield-E-Gitarre, welche hörbar einfach mehr Kraft und Saft ins Geschehen
transportierte.
RockTimes hatte die Gelegenheit, mit Kalle noch ein paar Worte zu wechseln.
Line-up:
Karlheinz Wallner (Gitarren)
Paul Wrightson (Gesang)
Yogi Lang (Tasten)
Erwin Rieder (Schlagzeug)
Stephan Ebner (Bass)
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RPWL
Danach hatten Kalle und Yogi gleich noch einmal einen schweißtreibenden
Gig abzuliefern, und somit wohl auch den einzigen Doppeljob an diesem Abend zu verrichten.
Leider hatte sich Yogi Lang doch etwas zuviel aufgebürdet bzw. sich überschätzt,
denn seine Gesangsleistungen und die Bühnenpräsentation seiner Kollegen wirkten auf mich etwas lustlos. Kein Wunder, mussten die Freisinger doch recht spontan für die ausgefallenen Pallas in die Presche springen. Einzige Überraschung in ihrer etwas zu gefälligen Spielliste war eine durchaus gelungene Coverversion des Crimson-Klassikers "In The Court Of The Crimson King".
Line-up:
Yogi Lang (Gesang, Tasten)
Karlheinz Wallner (Gitarren)
Chris Postl (Bass)
Manfred Müller (Schlagzeug)
Markus Jehle (Tasten)
Pendragon
Wenn überhaupt eine Band im progressiven Musikbereich in allen Dimensionen polarisiert,
dann sind es mit Sicherheit die Neo Prog-Helden Pendragon aus dem Vereinigten Königreich.
Sie sind mit Abstand würdige Headliner an diesem zweiten Festivaltag, und demonstrierten ihrem Publikum, dass sie nach über zwanzig Jahren nichts verlernt, bzw. von ihrer Faszination verloren haben.
Dramaturgisch, musikalisch wie auch visuell war der Auftritt eine Augen- und Ohrenweide und bereitete trotz der späten Stunden ein wirkliches Vergnügen. Clive Nolans Synthesizerteppiche und Nick Barretts elegische Gitarre mit einem Hauch von Melancholie behaftet, zauberten wahre Erleuchtungen auf die Gesichter ihrer anwesenden Anhängerschar.
Wie auf ihren Alben ( letztes Studiowerk erschien 2005), wurde auch von den Protagonisten live alles aufgeboten, was den gemeinen Progfan so in Glückstaumel versetzt. Virtuoses Gitarrenspiel, emotionaler, wenn nicht gar exzentrischer Leadgesang und
angeregt bombastische Tastenintonationen, gemäßigte Tempi, gefällige Melodien und
zum Mitsingen fordernde Refrains waren und bleiben wohl die starken Säulen
dieser Combo.
Es scheint fast so, als wenn der harmonieverliebte und honigsüße Neo Prog absolut
auf der Höhe der Zeit wäre.
Es gelangt den Briten über die volle Distanz von neunzig Minuten, in andächtiger Manier und mit emotionalem Feingefühl mit ihren beherzten Melodien zu glänzen, sie boten sogar mit "Indigo" einen Vorgeschmack auf das kommende Album.
Line-up:
Nick Barrett (Gesang, Gitarre)
Clive Nolan (Tasten)
Peter Gee (Bass)
Joe Crabtree (Schlagzeug)
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So fand das hervorragend und umsichtig organisierte Festival in dieser sternenklaren Nacht ein doch für alle Beteiligten glückliches Ende. Im Nachhinein hätte man sich doch ein paar zahlende Zuschauer mehr gewünscht, um die Produktionskosten einigermaßen abzudecken, kann aber mit einem voraussichtlich mächtigen, regionalen Sponsor auf ein erneutes Festivalwagnis im nächsten Jahr hoffen.
Wir bedanken uns für die freundliche Unterstützung bei Uwe Treitinger mit dem Bergkeller-Team und allen am Festival aktiv Beteiligten.
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