Falls sich jemand gewundert hat, warum es letztes Jahr keinen Hammer Of Doom-Bericht gab: Zu diesem Zeitpunkt waren wir mit Umziehen beschäftigt, da hat man andere Prioritäten und wenig Zeit/Geld für ein Festival. Es ist keineswegs so, dass nach dem vielleicht etwas negativ wirkenden Artikel von 2012 (da gab es gewisse Enttäuschungen und Kritikpunkte) kein Interesse mehr an dem Festival vorhanden gewesen wäre. Zu den Kritikpunkten gehörte, dass zu viele Retro- bzw.
traditionelle Bands ausgewählt wurden. 2014 fand ich die Zusammenstellung abwechslungsreich und interessant - bzw. die Retro-Ecke gab es vorwiegend am Freitag (und Samstag bevor wir ankamen). Dieser fiel für uns aus logistischen Gründen flach. Schade, nachdem wir Trouble mit Kory Clarke gesehen haben und The Skull als Quasi- Trouble (durch Originalsänger Eric Wagner) wäre eine dritte Variante mit Kyle Thomas durchaus interessant gewesen…
Auch - wie bereits öfters - konnten wir Samstag nicht von Anfang an dabei sein, auch wenn Steve es geschafft hat, mich auf Wucan neugierig zu machen. Geplant war eine Ankunft zu Epitaph - es wurde dann doch etwas später, nämlich 16:45 Uhr, passend für Mount Salem. Doch bevor ich auf die Musik eingehe, will ich noch die Organisation bzw. die Organisatoren loben. Seit jeher fanfreundlich (man spürt, es ist von Fans für Fans gemacht) und um Verbesserungen bemüht, ist die Idee mit dem Eingang oberhalb der Rampe gelungen, so gibt es keine 'Zusammenstöße' von auf- bzw. absteigenden Rauchern/Frischluftschnappern mehr auf der Treppe. Auch die vermehrten Sitzmöglichkeiten, von Bierzeltgarnituren über die Polsterwürfel bzw. zu der 'Bistroecke', werden erfreut angenommen - es ist immer noch schwer, ein freies Plätzchen zu finden. Die Größe der Posthalle bietet viel Spielraum, auch der Bereich zwischen den Merch/CD-Ständen lässt sich mittlerweile viel besser passieren.
Eine angenehm hohe und große Bühne, die von überall gut zu sehen ist, eine professionelle Lightshow und (meistens) guter Sound - das alles gab es sowieso schon immer in dieser Location.
Doch nun zum Wichtigsten, den Bands…
Los ging es für uns - wie bereits erwähnt - mit Mount Salem, die uns zuvor völlig unbekannt waren. Die 2012 in Chicago gegründete Truppe bewegt sich zwischen Psychedelic Rock und Doom... Dadurch und weil sie eine Frontfrau haben, die zudem Keyboard/Orgel spielt, erinnern sie an Jex Thoth und Blood Ceremony. Vielleicht nicht ganz so abgefahren, dafür etwas heavier. Emily kann nicht nur singen, sondern auch ordentlich die Tasten bedienen, man hat nicht das Gefühl, sie klimpert nur vor sich hin. Fans der beiden genannten Bands sollten mal in Mount Salem reinhören, von denen es allerdings bisher lediglich eine EP gibt. Wäre schade, wenn es dabei bliebe, zumal sie durch diesen Auftritt Interesse geweckt haben.
Nach der Umbaupause gab es Kontrastprogramm. Hamferð von den Färöer Inseln brachten uns Doom/Death. Zeitlupentempo traf auf Grunz-Vocals und Klargesang (der mir persönlich ein wenig zu hoch war, dennoch sehr gut). Zwei Gitarren erzeugten mächtige Riffs, während das Keyboard sanfte Melodien setzte. Das mag alles nicht mehr neu sein, aber gefällt mir immer wieder außerordentlich gut. Erinnerte mich etwas an Ahab (passenderweise hatte ich meinen Ahab-Kapu an), die ich Jahre zuvor an gleicher Stelle auch schon genießen durfte. Die minimale Geschwindigkeit ist natürlich live nicht sonderlich mitreißend, eher etwas um im Sound zu baden, sich von Klangwellen überspülen zu lassen und dies zu genießen. Ja, zu der Musik kann ich mir vorstellen, wie geisterhafte Erscheinungen über dem Wasser schweben, um den Frauen auf Inseln zu verkünden, dass ihre Männer auf See gestorben sind - dies soll die Bedeutung des färöischen Begriffs Hamferð sein. Passend dazu sind die Lyrics in ihrer Heimatsprache gehalten. In ihren Anzügen sahen die fünf eher etwas nerdig als metallisch aus, aber egal, ich fand sie klasse. Alleine dafür hat sich das Hammer Of Doom für mich gelohnt. Atmosphäre pur, die einige begeisterte, anderen passierte da zu wenig.
Ob Alexander von Meilenwald mit Ruins Of Beverast da einen draufsetzen könnte? "Blood Vaults - The Blazing Gospel Of Heinrich Kramer" gilt schließlich als eines der Highlights des letzten Jahres im deutschen Finstersektor. Auch die Werke davor, die noch stärker schwarzmetallisch waren, hatten einige beeindruckende Momente. Doch funktioniert das auch live - zumal das auf Konserve ein Einmannprojekt ist? Es ist nicht einfach, so etwas dann mit mehreren Musikern umzusetzen und genau dieses Problem zeigte sich: Das Zusammenspiel klappte nicht immer, manches geriet daneben und war kontraproduktiv zur gerade aufgebauten Stimmung. Vielleicht bis zum nächsten Mal einfach mehr proben? Einige Samples/Keyboardsounds kamen allerdings auch gut rüber, erreichten jedoch nicht ganz die Wirkung wie auf CD. Das ist auch keine Live-Musik, sondern eher etwas für das dunkle Kämmerlein. Auf der Bühne wäre zudem eine optische Ergänzung sinnvoll, beispielsweise (Dia)-Projektionen zum Thema Hexenwahn ( Heinrich Kramer ist der Verfasser des berüchtigten "Hexenhammer"). Es gab allerdings nur jede Menge Nebel. Schade, Ruins Of Beverast konnten die Erwartungen also nicht erfüllen. Dennoch: Ein Lob für den Mut, eine solche ungewöhnliche Band zu buchen.
Damit das Hammer Of Doom nicht ganz in Finternis versank, wurde es danach viel heller. Avatarium, die neue Band von Candlemass-Mastermind Leif Edling, die man vielleicht als Variante der 'Kerzenmesse' mit mehr traditionellen bzw. 70er-Einflüssen und einer Sängerin beschreiben könnte. Jennie-Ann Smith heißt die Dame und ist die Angetraute des Avatarium-Gitarristen Marcus Jidell. Der viktorianisch (?) wirkende Kragen der Dame sorgte für verwunderte Kommentare (wenn's ihr gefällt…). Sie überzeugte jedoch durch eine kräftige Singstimme (die live etwas tiefer klingt als auf CD, was ich recht angenehm fand) und spielte teilweise Akustikgitarre. Songs wie "Bird Of Prey" oder "Avatarium" vom Debüt wussten zu überzeugen, die von der neuen EP "All I Want" gefielen mir weniger. Doch das Irritierendste an dem Auftritt, das für einige Fragen im Publikum sorgte, war die Abwesenheit von Leif Edling - oder sollte er sich in den Grizzly Adams-Verschnitt verwandelte haben, der den Bass bediente? Nein, das war ein anderer, wie aus der namentlichen Musikervorstellung zu erkennen - warum, darauf wurde nicht eingegangen. Mittlerweile wurde auf der offiziellen Facebook-Seite von Candlemass erklärt, dass es von Leif aus gesundheitlichen Gründen für ein Jahr keine Live-Aktivitäten geben wird.
Nach dem eher emotional-dramatischen Material von Avatarium wurde es mit Orange Goblin
rockig, genauer Stoner-rockig. Vokalist Ben Ward klingt, als würde er jeden Tag eine Flasche Whiskey trinken (hm, entsprechen die in FB geposteten Fotos der Wahrheit?). Die Briten spielten sowohl Songs aus ihrer noch etwas spacigeren Anfangsphase (die mir persönlich besser gefällt) wie Material aus der 2014er Scheibe "Back From The Abyss" und sorgten für Stimmung. Denn durch das recht undoomig flotte Tempo war das etwas zum Abgehen, was einige als angenehme Auflockerung nach eher Ruhigem oder Düsterem fanden. Unpassend? Nein, ein Doom-Festival sollte verschiedene Facetten abdecken, indem es unterschiedliche grob darunter zusammengefasste Stilarten bietet. Und da die Goblins Support der Saint Vitus-Tour waren, machte die Idee Sinn, dass beide Bands in Würzburg einen würdigen Abschluss erleben könnten. Dass das nicht ganz so lief wie geplant, lag nicht an Orange Goblin…
Saint Vitus, die 2014 ihr 35-jähriges Bestehen feiern können und aus diesem Anlass ankündigten, sie würden vieles Altes spielen ( »performing "Born Too late" and more«), mussten während der laufenden Tour einen herben Schlag einstecken. Am 9. November wurden bei Frontmann Scott 'Wino' Weinrich im Gepäck bei einer Routine-Grenzkontrolle in Norwegen 'illegale Substanzen' entdeckt (mittlerweile kursiert die Info, es solle sich um elf Gramm Crystal Meth gehandelt haben - hm, bei einem Doomer würde man anderes erwarten…). Am 11. November wurde er in die USA ausgeflogen (vermutlich nach Abklärung bezüglich vorhandener Vorstrafen) und ein Einreiseverbot auferlegt.
Saint Vitus setzten die Tour dann zu dritt fort, wobei Dave Chandler die meisten Vocals übernahm, teilweise mit Unterstützung von Schlagzeuger Henry Vasquez (der sein Drumkit eher zu verprügeln als zu spielen scheint, der erste Stick war schon beim zweiten Song kaputt). Teilweise gab es auch 'Special Guests'. In Würzburg kam Gerrit bei "War Is Our Destiny" und "White Stallion" auf die Bühne. Sein Gesang passt dazu ziemlich gut, besser als wenn Dave das selbst probiert (nun, das kann ihm niemand vorwerfen, schließlich wurden die beiden Tracks im Original von Scott Reagers gesungen). Beim anderen Gast handelte es sich um Tourmanager John Perez, der als Gitarrist von Solitude Aeturnus wusste, wie es ist, bei einem Headliner-Auftritt ohne Sänger (damals Lowe) da zu stehen. Seinerzeit, auf dem Doom Shall Rise hatte auch Gerrit bereits ausgeholfen, so lag es nahe, ihn wieder zu fragen.
Ich muss zugeben, ich habe Wino schon etwas vermisst, würde jedoch nicht so weit gehen, ein 'Free Wino'-Shirt zu tragen, da er mit 54 Jahren und nach jahrzehntelangem Leben als tourender Musiker hätte wissen sollen, was an einer Grenze nicht gut ankommt… aber immerhin hat er sich mittlerweile bei den Fans entschuldigt und eingesehen, dass eine Therapie angebracht ist.
Für meinen persönlichen Geschmack gab es zu wenig Stücke von der "V" (nur zwei) und "Mournful Cries" (eins), außerdem hätte ich gerne ein paar richtige Schleicher gehört, aber es war eher der Fall, dass die schnelleren Songs noch schneller gespielt wurden. Das war jedoch schon beim letzten Mal so, damals waren sie gar noch aggressiver (ich hatte schon befürchtet, dass sie sich irgendwann auf der Bühne prügeln…) Davon abgesehen sind Saint Vitus natürlich eine Institution und die Verzerrung von Chandlers Gitarre einzigartig. Trotz des fehlenden vierten Mannes wussten sie zu überzeugen, verkürzten jedoch ihr Set etwas, sodass sie bereits (nach der Zugabe) um 23:40 Uhr fertig waren. Das soll natürlich kein Tadel an die Anwesenden sein, es war den Umständen geschuldet.
Fazit: Wir haben zwar leider nur sechs Bands gesehen, doch die haben sich gelohnt, auch wenn manche nicht so stark wie erhofft waren.
Insgesamt ein unterhaltsames und abwechslungsreiches Hammer Of Doom, zu meiner Freude ebenso mit Death- und Black-Elementen wie eher Melodischem. Bekannte Namen gut gemischt mit Neuentdeckungen/Geheimtipps, was zeigt, dass die Doom-Szene immer noch einiges zu bieten hat. Ach ja, einige bemerkten einen relativ hohen Frauenanteil, was mir bei dieser Stilrichtung bereits öfter aufgefallen ist.
Bin schon gespannt, was nächstes Jahr bzw. wer dabei sein wird…
Running Order :
Freitag, 14.11.2014
Wolfspirit 18:15 - 18:45
Reino Ermitano 19:00 - 19:45
Jess And The Ancient Ones 20:00 - 20:45
Trouble 21:05 - 22:20
Kadavar 22:40 - 00:00
Samstag 15.11.2014
Wucan 12:50 - 13:35
Mist 13:50 - 14:35
Doomocracy 14:50 - 15:35
Epitaph 15:50 - 16:35
Mount Salem 16:50 - 17:35
Hamferð 17:50 - 18:35
Ruins Of Beverast 18:50 - 19:35
Avatarium 19:50 - 20:50
Orange Goblin 21:10 - 22:10
Saint Vitus 22:30 - 00:00
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