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1. Lörracher Rocknacht, Altes Wasserwerk, 11.09.2008
Birth Control & Baumstam
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1. Lörracher Rocknacht
Lörrach, Altes Wasserwerk
11. September 2008
Birth Control & Baumstam
Event
Kraut Rock, Hard Rock
Artikel vom 23.09.2008
Ilka Heiser
Ulli Heiser
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Schwarzwälder Kirsch, fest und flüssig, sowie Schinken – das sind bekannte Produkte, die man kennt. Dass es im Schwarzwald auch Wasser gibt ist klar und weil das auch früher so war, gibt es in Lörrach, der schönen Stadt in fast direkter Nachbarschaft zu Basel, auch ein Altes Wasserwerk und diese Location war unser Ziel nach einer mehrstündigen Autofahrt in den äußersten Südwesten der Republik.
Die Krautrockfreunde vom Kraut Rock Support veranstalteten die 1. Lörracher Rocknacht, mit den Gruppen Baumstam und Birth Control. Erstere sind seit den siebziger Jahren aktiv und irgendwie an mir vorbei gegangen. Das hat sich nun aber geändert und vorneweg gleich ein dickes Lob an die Baumstäme, denn sie konnten nicht nur mich begeistern, sondern auch die Besucher des Events, wie wir immer wieder mitbekommen haben. Über Birth Control mit dem Urgestein Nossi Worte zu verlieren hieße, Eulen nach Athen zu tragen, aber das Transportieren des Federviehs ist nicht immer eine unnötige Aufgabe, denn unsere Tochter kannte die Truppe nicht.
Fast logisch, dass ihr auch Baumstam kein Begriff war und so musste ich im Laufe des Abends an die beiden Merch-Stände, um ihr etwas für das heimische CD-Regal zu besorgen. Schön, wenn sich junge Menschen für die Musik der eigenen Jugend begeistern können. Im Publikum überwog die Anzahl derer, die in den Siebzigern mit der Musik Kontakt hatten, aber auch junges Volk war vertreten.
Perfekt organisiert wurde das Event vom Kraut Rock Support und stellvertretend für die Jungs, sei an dieser Stelle Andreas und Wilfried nochmal herzlich gedankt für die Unterbringung im Hotel und das angenehme Rahmenprogramm für uns. Die beiden waren RockTimes bisher nur per Mailverkehr bekannt und so freute es uns besonders, sie auch mal persönlich zu treffen. Zeitgleich mit den Kollegen der Radiozunft (Rockradio übertrug das Konzert live und eventuell wird die Sendung auch nochmal wiederholt) schlugen wir im Alten Wasserwerk auf, nachdem wir uns in der Fußgängerzone davon überzeugen konnten, dass die Metzger außer Schinken auch andere Köstlichkeiten im Programm haben.
Neben den Mailbekanntschaften, trafen wir auch gleich einen alten Bekannten, den wir auf Konzerten immer mal wieder treffen: Wallbreaker. Seines Zeichen Mädchen für alles bei Birth Control und vielen Rockfreunden sicherlich ein Begriff durch u.a. seine Liveaufnahmen-Reihe "Absolutely Live". Vor dem Konzert war angenehmes 'Rumlungern' angesagt. Small Talk mit den Musikern, Veranstaltern und Beobachten des Soundchecks. Der Bühnenaufbau und das Einstellen der Regler dauerte etwas länger als geplant und somit verzögerte sich auch das gemeinsame Abendessen etwas, was den Produkten des Caterings aber nicht abträglich war. Es schmeckte alles lecker und das Essen im Freien unter der wärmenden Sonne des Schwarzwaldes war schöner Auftakt einer langen, musikalischen Nacht, die mit einer adäquaten Menge an süffigen Flüssigkeiten mitnichten trocken war.
Das Alte Wasserwerk ist ein gemütlicher Club mit einer Empore, die direkt zur angeschlossenen Futter- und Tränketankstelle führt, deren Personal schnell und freundlich den Wünschen der Besucher nachkam. Stimmung und Ambiente waren also vom Feinsten und der musikalische Abend konnte beginnen.
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Baumstam eröffneten die Nacht und bevor jetzt jemand denkt, unsere Rechtschreibprüfung wäre defekt: Die Band schreibt sich wirklich nur mit einem 'm' und dahinter steht natürlich eine Geschichte: Man schrieb den Namen auf den Tourbus und als man an das zweite 'm' kam, war der Bus zu Ende. Ganz unspektakulär fiel dann die Entscheidung, es bei Baumstam zu belassen.
Fast in Originalbesetzung stand die 1972 gegründete Gruppe auf der Bühne. Gerdi Stracke (drums), Ulrich Klawitter (vocals, guitar), der seit 1974 den Bass bedienende Volker Wobbe sowie Ulis Sohn Adi Klawitter an Gitarre und Keyboard. Adi steht für die junge Komponente des Krautrocks und wenn er mit Vater die 12 Saiten glühen lässt, wird deutlich, für was Baumstam steht: Powervollen, harten Kraut Rock, der eher heavy, denn typisch krautig daher kommt.
Schnell hatten sie die Zuschauer auf ihrer Seite und immer wieder war zu vernehmen, dass die Musik klasse sei und es die Band schon sehr lange gibt. Gespielt wurde fast das komplette neue Album Moment und natürlich auch älteres aus den Siebzigern. Neben Ulis Gitarrenspiel war seine Stimme des Öfteren Objekt meines Staunens. Da erinnerte mich sein Gesang bei "For You" an Beggars Opera, um gleich danach in "Abendwind" im Kontext mit der gesamten Band nach Saxon und AC/DC zu klingen. Zum abgeklärten Spiel von Gerdi und Volker kamen immer wieder die beiden Klawitters mit ihren Gitarren. Mal begleitend der eine und kraftvoll solierend der andere, dann beide zusammen im Saitengalopp. Posing mit dem Basser und waren bei Adi ab und an die Tasten angesagt, so hatte sein Vater als zweites Instrument die Blues Harp zu bieten.
Ganz im Stile einer Mischung aus Led Zeppelin und Rory präsentierten sie "Dusty Roads". Uli, nun mit Hut, wechselte von Harp zum Langeisen und die Zuschauer waren hin und weg. Auch im Schwarzwald ist es nämlich so, dass die Raucher vor die Tür müssen. Ich will jetzt nicht drüber klagen, denn auch von Seiten rauchender Musiker war zu vernehmen, dass es während der Show schon angenehmer ist. Nun ja, ich bin kein Musiker und so musste ich, um es auch angenehm zu haben, von Zeit zu Zeit nach draußen, um dem ungesunden Laster zu frönen. Das hatte aber den Vorteil, dort immer wieder Leute zu treffen, die, ob des Billings, begeistert waren. Von Baumstam, die sie neu entdeckt hatten und natürlich Birth Control, die im Anschluss kamen. Interessant auch die Infos, dass der Prophet im eigenen Land oftmals nichts gilt, denn in den Staaten gibt es Sender, die Baumstam spielen. Auch in Plattengeschäften findet man ihre Scheiben und die 75er LP "On Tour" wird gar im dreistelligen Monetenbereich gehandelt.
Wie auch immer, so wie mir geht es allen, die in Lörrach dabei waren: Wir kennen die Jungs nun und dreistellige Beträge müssen wir auch nicht ausgeben. Die Silberlinge gibt es auf der Bandpage für weit weniger zu kaufen.
Dort findet sich auch ein Stück mit dem Namen "Fifteen Years Old Mary". Wohl so eine Art Bandhymne, denn die Kraut Rock Supporter schwärmten schon im Vorfeld der Show davon. Und recht hatten sie - eine Übernummer ist das und an den Zuschauerreaktionen konnte man sehen, dass der über 30 Jahre alte Song auch heute rockt wie Sau. Bravo Baumstäme - euer Comeback ist mehr als gelungen und tut uns neuen, sowie den alten Fans einen Gefallen: Macht weiter und bleibt eurem Stil treu.
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Eigentlich schon eine RockTimes-Hausband: Birth Control. Die waren nun sicher jedem der Anwesenden bekannt und ja, ich nehme es vorweg, beim achten Track, "Gamma Ray", tobte der Saal und aus allen Kehlen wurde mitgesungen.
Aber wohl nicht nur mir geht es mittlerweile so, dass "Alsatian" vom gleichnamigen Album ebenfalls zur Hymne wurde. Dieses Stück strotz vor Kraft und Power und zeigt, dass Nossi nicht nur ein begnadeter Drummer ist, sondern auch über ein irres Organ verfügt. Bei "Like Nothing Ever Changed" wird das ganz deutlich.
Ursprünglich sollte ja Epitaph spielen, aber mir persönlich ist die Gruppe um den fröhlichen Drummer lieber gewesen.
Im gewohnten Line-up aus Peter Engelhardt (g), Hannes 'Cyborg Haines' Vesper (b) und Sascha 'Sosho' Kühn (keyb) boten die 'Geburtskontrolleure' eine bewährte Setlist und bewiesen mehr als eindrucksvoll, dass sie im Rahmen ihrer Jubiläumstour auch im vierzigsten! Jahr jede(n) zum Abfeiern bringen können.
Man muss Nossi nicht nur hören, sondern auch spielen sehen. Wenn er mit schelmischem Grinsen scheinbar mühelos seine Batterie verprügelt oder liebevoll streichelt, dabei die vom Ventilator angeblasenen Haare nach hinten wegfliegen und er mit seinen Augen immer Kontakt zu Band und Publikum hält. Über einen Birth Conrol-Gig zu schreiben ist wie Holz in den Wald tragen - man kann nicht anders, als immer wieder das Gleiche zu schreiben. Dass ein Peter Engelhardt ein Gitarrist vor dem Herrn ist, dass der im Gespräch ruhig wirkende Sascha Kühn hinter den Tasten abgeht wie der Blitz beim Einschlagen und dass Hannes Vesper nicht den geringsten Respekt vor den dicken Stahlsaiten hat.
"The Work Is Done", "Hope", "Trial Trip"... so ging es los und spätestens beim bereits erwähnten "Alsatian" war die Katze im Sack. Bei uns Alten sowieso, aber auch die Jungen waren voll dabei. Tochter Juliette, von Hause aus auf harte Mucke stehend, war hin und weg und noch Tage später war Nossi Gesprächsthema. Wie Baumstam zählt auch Birth Control zu den harten Vertretern des sog. Kraut Rocks und es ist schön zu sehen, wie eine 40 Jahre alte Band immer noch begeistert und in der Lage ist, auf Konzerten neue Fans zu gewinnen.
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Keine Show ohne Drum-Solo und die von Nossi sind immer wieder sehenswert. Hörenswert ja sowieso, aber wenn man sieht, wie dieser Mann mit seinen 62 Jahren auf dem Schlagzeug herum turnt, dann kommt man ins Grübeln und fragt sich, wieso man Sport machen soll, wenn doch anscheinend Schlagzeug spielen viel beweglicher hält. Peter, Sascha und Hannes hatten Pause und lümmelten herum, während Nossi zeigte, was er drauf hat. Gewaltige Hiebe, irrwitzige Stickakrobatik und eine Mimik, die viele Münder offen stehen ließen. Später - beim Rauchen - war auch Nossi Thema der qualmenden Zunft: Verrückt, dass der Mann trommelt und gleichzeitig singt. Das heißt, nicht dass er das macht, sondern dass er es kann.
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Die 1. Lörracher Rocknacht können wir nur als gelungen bezeichnen und wir sind gespannt, wieviele Nächte noch folgen werden. Großes Kompliment und Dank an die Veranstalter. Abschließend zitieren wir den Nachwuchs und sagen, recht hat er: »Baumstam fehlt (k)ein 'm' und Nossi ist cool.«
Beide Bands sind auf Tour und wir können einen Besuch nur empfehlen. Die Termine gibt es in unserem Tourkalender.
Anzumerken ist noch, dass Toningenieur Ralph Weidanz aka Krautschrauber Weidanz aus Wilhelmshafen angereist war, um sich besonders um Baumstam 'zu kümmern', die Band plant nämlich eine Live-CD herauszubringen.
Externer Link:
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