Neuborn Open Air Festival XI
28.08. und 29.08.2015, Wörrstadt, Am Neuborn
Neuborn Open Air Festival XI Neuborn Open Air Festival XI
Wörrstadt, Am Neuborn
28.08. und 29.08.2015
Festivalbericht
Stil: Metal u.a.


Artikel vom 09.09.2015

       
Andrea Groh                  Jens Groh
NOAF XI TicketDas Neuborn Open Air Festival (kurz NOAF), 2005 gestartet als Festival von Jugendlichen bzw. einem Jugendpfleger für Jugendliche auf dem Lande, hat sich in der Zwischenzeit ziemlich weiterentwickelt. Waren es am Anfang noch lokale Bands, kamen bald bekannte deutsche und mittlerweile europäische Namen dazu. Für 31 Euro (nächstes Jahr soll der Preis auf 35 erhöht werden) kann man wirklich nicht meckern, würden doch manche Bands alleine auf einer Headliner-Tour so viel kosten. Die Organisation wurde einige Male optimiert (wir sind seit 2009 jedes Jahr dabei), die Bühne ist groß und professionell, der Sound gut, die Getränke/Essenspreise okay, das Gelände angenehm weitläufig, selbst wenn man nicht direkt vor der Bühne stehen mag, ist auch von der Seite und/oder hinten meistens eine gute Sicht gegeben. Da das Wetter nicht immer mitspielt (NOAF-Schlamm ist den Stammgästen bekannt…) gibt es ein Zelt und Bänke im Trocknen zum Hinsetzen.
Die musikalische Auswahl ist immer sehr vielseitig, von Classic Rock über Heavy/Power Metal, Doom bis Metalcore. Das hat Vorteile, dass für so ziemlich jeden etwas dabei ist, allerdings auch den Nachteil, dass manches eben nicht jeden Geschmack trifft.
(Andrea)
Richtig, ist nicht immer alles top. Okay, die Festivalausrichter sind auch eher jünger als ich alter Sack. Dennoch würde ich mir statt Metalcore und Co. auch mal richtigen Death- oder Black Metal wünschen.
(Jens)
So ging es uns am diesjährigen Freitag. Als wir eintrafen, begannen gerade To The Rats And Wolves. Metalcore ist schon nicht unbedingt mein Geschmack, aber Electro-Metalcore mit jeder Menge Gesample - das war wirklich das schrecklichste, was ich seit langem gehört habe. Nun gut, einigen aus der jüngeren Generation hat es wohl gefallen… mag sein, dass man zu so etwas heute auf Abi-Feten feiert.
(Andrea)
Ich möchte jetzt nicht beleidigend sein, aber das war ganz große Sch…. Weder war das hart noch irgendwie extrem, sondern einfach nur schlecht. Auch das Stageacting und Aussehen der Burschen war einfach nur lächerlich. Hier mal bei Limp Bizkit (so war einer der Gitarristen angepinselt), dort mal in der Grabbelkiste für C Riffs des Nu Metals geklaut. Auch die Aufforderung und der Ton (»Hinsetzen, Ich hab HIN-SET-ZEN Gesagt!!!! «), dass das Publikum sich vor dem nächsten Song hinsetzen solle um dann ganz dolle zu springen, klang in meinen Ohren wie Allmachtsfantasien im Kindergarten. Getoppt wurde das Ganze nur noch durch die bis dato mieseste Coverversion Deichkinds, "Krawall und Remmidemmi". Meine Meinung: Ab in die Tonne!!!
(Jens)
Hamferð Hamferð sind sicher auch nicht gerade jedermanns/fraus Sache. Die Doomer von den Färöer-Inseln hatten mich schon auf dem letztjährigen Hammer Of Doom begeistert und so freute ich mich sehr, sie noch einmal sehen zu dürfen. Wobei die sakrale Musik nicht wirklich Open-Air-tauglich ist und sicherlich besser funktioniert, wenn die Band, wie sie es bereits einige Male getan hat, in einer Kirche auftritt. Die in ihren Anzügen wie Bestatter wirkenden Musiker erschaffen melancholischen Doom, der teilweise richtig finstere in den Doom/Death bzw. Funeral Doom hineingehende Momente hat, die auch im Besonderen Jón Aldará zu verdanken sind, sein Gesang reicht von abgrundtief bis klar und klagend. Alleine diese Stimme reicht aus, um mich zu faszinieren und in ihren Bann zu ziehen, einfach großartig. Man muss sich allerdings auf diese Stimmung einlassen können und etliche NOAF-Besucher konnten dies erwartungsgemäß nicht. Dennoch bin ich sehr froh, dass diese außergewöhnliche Band gebucht wurde.
(Andrea)
Auch wenn ich nicht annähernd so ein Hamferð-Fan wie Andrea bin, muss ich doch einen soliden Gig bestätigen, der im Dunklen weitaus besser funktioniert hätte. Dennoch gut.
(Jens)
EktomorfAuch danach gab es wieder einen krassen Gegensatz: Ektomorf, die als ungarische Antwort auf Sepultura bzw.Soulfly gehandelt werden. Das bedeutet Thrash Metal mit Hardcore-Anteilen und ein wenig traditioneller Roma-Musik (die Brüder Farkas, die Ektomorf 1994 gegründet haben, sind Roma und verarbeiten auch teilweise erlebte Diskriminierungen in ihren Texten). Das Ganze ist gut gemacht, hat Power und lässt sich durchaus gut anhören, dennoch habe ich nie wirklich den Zugang gefunden, es gab keinen Song, der bei mir richtig gezündet hat, die Stimme von Zoltán Farkas sagt mir auch nicht ganz so zu. Dennoch ein ordentlicher Auftritt, der einige mitreißen konnte.
(Andrea)
Auch hier kann man sagen, gut gemacht, aber in etwa so innovativ wie ein Erdnuss Marmeladen Sandwich. Ungefähr zur Hälfte des Auftritts hat es mich doch an die Merchstände getrieben und es wurde mit Freunden das ein oder andere Bier gezischt. So als Hintergrund Mucke war es dann ganz okay.
(Jens)
Primal Fear Primal Fear, die um 21 Uhr loslegten, wiederum könnte man als deutsche Antwort auf Judas Priest bezeichnen. Eingängiger, dennoch nicht zu billig gemachter Power Metal mit etlichen Hymnen und gefühlvollen Balladen, die ganz und gar keine Stimmungsbremsen sind, im Gegenteil, mir teilweise sogar am besten gefallen. Egal, ob hart oder zart, Ralf Scheepers ist stets ein überzeugender Frontmann, der neben seiner kräftigen (Normal-)Stimme auch mal hohe Screams einsetzte oder etwas tiefere Töne beherrscht, dabei sympathisch wirkt und sein Publikum im Griff hat. Wenn er "Metal Is Forever" ankündigt, erscheint das wie in Stahl gehämmert. Diesen Hit und viele weitere gab es natürlich. Schade fand ich lediglich, dass "Six Times Dead (16.6)" nicht gespielt wurde, ist mein Favorit von Primal Fear.
(Andrea)
Primal Fear waren dann endlich Balsam für die vom Nintendocore geschundenen Lauschlappen. Top Musiker, geile Songs, tolle Melodienbögen (die ohne Kinderreimgekaspere auskommen) Das hier war schlicht und einfach Metal!!! Ohne viel Schnörkel. Einfach in die Fresse und mitten ins metallische Herz. Basta!
(Jens)
CandlemassFreitags-Headliner waren dann Candlemass, die wir seit Ende der 80er/Anfang der 90er nicht mehr live gesehen hatten. Seitdem kam es zu einigen Sängerwechseln und Bandchef und Bassist Leif Edling tritt derzeit nicht live auf (wie auch schon beim letzten Hammer Of Doom bei Avatarium, vielleicht klappt es ja wenigstens beim diesjährigen Hammer Of Doom…), so dass dies aktuell nicht ganz dieselbe Band ist wie damals. So stellte sich die Frage, ob Candlemass 2015 dennoch live funktionieren würden. Vorweg: Die Antwort lautet ja, sogar überraschend gut.
Los ging es mit "Marche Funebre" als Intro, gefolgt von "Mirror Mirror" von der "Ancient Dreams", die auch noch einmal mit "A Cry From The Crypt" bedacht wurde, das allerdings meiner Meinung nach das schlechteste aller 80er Jahre Stücke ist. Mit "Black Dwarf" und "Emperor Of The Void" wurde es deutlicher neuer, bevor zu meiner großen Freude ganze drei Songs (also quasi die Hälfte) des Debüts kamen (meinetwegen hätten sie es sogar komplett spielen können…), gerade auf "A Sorcerer's Pledge" hatte ich gar nicht zu hoffen gewagt. Natürlich durfte "Solitude" nicht fehlen als krönender Abschluss, wobei es schon etwas seltsam wirkt, wenn eine Menge Fans begeistert mitsingt »Please let me die in solitude«, was jedoch beweist, wie bedeutungsvoll Emotionen in der Musik sind, auch (oder gerade) wenn es traurige sind. Auch wenn Candlemass zwei gute Gitarristen haben, die tolle Riffs spielen (und es gab sogar ein kleine Soloeinlage), auch wenn doomige Heaviness die Songs beherrscht, so ist doch die wahre Stärke der schwedischen Kerzenmesse Dramatik und Gefühl zu verbreiten. Schön, dass sie das immer noch können.
Sänger Matt Levén überzeugt als Frontmann auch wenn er nicht das Charisma eines Messiah Marcolin hat, bei Fußballfans dürfte er Sympathiepunkte durch die Erwähnung von Rummenigge und Briegel, außerdem der Frage, ob Kaiserslautern-Anhänger da sind, kassiert haben (so weit weg ist das ja nicht, auch wenn Wörrstadt noch Rheinhessen und nicht Pfalz ist)
(Andrea)
Candlemass haben in letzter Zeit nicht umsonst den Beinamen 'Cancelmass'. Zu oft wurden Konzerte/Touren abgesagt, so dass ich auch an diesem Abend erst wirklich glauben konnte dass dies Band auftritt als es wirklich geschah. Okay, Andrea hat im Wesentlichen schon alles gesagt. Candlemass waren an diesem Abend super, zwar nicht herausragend, aber alleine für "Solitude" hat es sich doch gelohnt. Also darf mein Candlemass-Backpatch doch da bleiben wo er ist….auf meiner Kutte HAHAHAHA)
(Jens)
Setlist Candlemass:

Intro (Marche Funebre)
Mirror Mirror
Bewitched
Black Dwarf
A Cry From The Crypt
Emperor Of The Void
Under The Oak
Dark Reflections
At The Gallows End
A Sorcerer's Pledge
Solitude
Am Samstag hatten wir uns eigentlich auf Accu§er gefreut, doch aufgrund unerwarteter und wichtiger familiärer Angelegenheiten trafen wir erst bei Majesty ein, wobei wir froh waren, davon nur noch den Schluss mitzubekommen (am Anfang soll es einige technische Probleme gegeben haben). Denn deren Trve Metal ist schon arg klischeehaft. Während Primal Fear soliden Teutonenstahl bieten, gehören Majesty zu den deutschen Bands mit Hang zu Kinderliedcharakter, so dass wir nicht wirklich etwas verpasst hatten, weil wir nicht alles mitbekommen haben.
Hm, ob wir We Butter The Bread With Butter (was ein Name…) gebraucht hätten? Metalcore mit etwas weniger Elektro-Einflüssen als To The Rats And Wolves, dafür eine Dosis Rumpelgrunz drin (der war okay, meinetwegen hätten sie den Rest weglassen können…), na ja, immerhin besser als die genannten vom Vortag…)
(Andrea)
Alleine schon beim Refrain des letzten Songs von Majesty haben sich bei mir die Fußnägel gerollt wie Rollmöpse. Brrrrrrr, schröcklich!
Die 'Butterbrote' waren zwar etwas erträglicher als die 'Rattenwölfe', aber nicht minder nervig. Ich glaub, ich bin zu alt für so 'nen Schrott, oder mein Musikgeschmack ist einfach besser HAHAHA. Nicht besser war auch hier die Cover Auswahl: Wieder Deichkind, wieder "Krawall und Remmidemmi". Himmel, muss das denn sein oder hab ich da was verpasst??? Das Original ist mit gefühlten 1,5 Atü noch ganz witzig, aber das hier??? Furchtbar……
Nächstes Jahr sollten Coversongs dieser Art mit mindestens zwanzig Folgen Traumschiff am Stück bestraft werden!!!!
(Jens)
Threshold Dann sollte (für viele und auch für mich) das Highlight des Festivals folgen: Threshold. Die britischen Progger konnten wie auch auf Tonträger und beim Rock Hard Festival 2013 auf ganzer Linie überzeugen. Angefangen bei den erstklassigen, komplexen, jedoch immer noch nachvollziehbaren Songs. Schön, wenn eine progressive Metal Band keine Selbstdarstellung á la 'Schau mal wie toll wir spielen können' nötig hat, sondern songdienlich und trotzdem anspruchsvoll vorgehen kann. Außerdem schön, wenn Keyboard im Line-up nicht bedeutet, dass alles weichgespült wird. Im Gegenteil, Threshold spielen harten Metal und haben gleichzeitig großartige Melodien.
Live wirken sie nicht zu verkopft und ernst, sondern strahlen viel Spaß beim Spielen aus. Hevorheben will ich in diesem Zusammenhang den Drummer Johanne James und die spielerische Leichtigkeit, mit der er sein Drumkit 'verhaut'.
Der größte Trumpf ist jedoch Damian Wilson. Nicht nur, dass er ein wirklich guter Sänger ist, seine Qualitäten als Frontmann sind umwerfend, es ist kaum möglich, sich ihm zu entziehen, ob er Hände in der ersten Reihe schüttelt, sich direkt am Bühnenrand zeigt, eine Crowsuferin 'einfängt', er hat keinerlei Berührungsängste, ich glaube auch, ihn vor dem Auftritt über das Gelände schlendern gesehen zu haben. Doch wirklich umgehauen hat er mich durch folgende Aktion: Während "Pilot In The Sky Of Dreams" fordert er zu einer Wall Of Death auf. Das Publikum reagiert etwas verwundert, weil doch sehr unpassend, gehorcht aber. Er springt in die Mitte und meint, statt dass jetzt alle aufeinander zu rennen, was gefährlich ist, sollten sie nun langsam näher kommen, während er weitersingt. Faszinierend, nicht nur der Song an sich, der immer noch mein Favorit von Threshold ist, sondern ihn mit Damian zum Greifen nah zu erleben.
Weitere musikalische Highlights waren beispielsweise das Titellied der "March Of Progress"-CD oder "The Box" vom letztjährigen Album "For The Journey". Doch egal ob alt oder neu, ob eher harte oder eher zarte Momente, der Auftritt war in jeglicher Hinsicht überzeugend und überragend und weckte Begehren, die Band bald wieder zu sehen, gerne auch mal in einer Halle. …)
(Andrea)
Genialer Frontmann, genialer Drummer (der Typ vermöbelt seine Becken härter als so mancher Möchtegern Drummer seine Snare), geniale Songs. Hier stimmte einfach alles, deshalb laber ich nicht lange, mit einem Wort: GENIAL!!!!!!
(Jens)
Napalm DeathEinziges Problem: Kann danach noch eine andere Truppe auftreten und dagegen ankommen, es gar toppen? Etwas musikalisch Ähnliches hätte wahrscheinlich Schwierigkeiten gehabt, aber mit Napalm Death setzten die Veranstalter wieder einmal auf einen krassen Gegensatz. Eine Stunde Grindcore-Geknüppel war angesagt, das auf seine Weise durchaus ebenfalls überzeugte. Auch Barney kann man seine Qualitäten als ständig in Bewegung stehender Frontmann nicht abstreiten und seine Aussagen waren erwartungsgemäß sinnvoll und sozialkritisch. Es gab Songs sowohl von der Scum als auch von der aktuellen Scheibe "Apex Predator - Easy Meat", kurze wilde Attacken und auch mal etwas 'Ruhigeres', was verglichen mit anderen Bands immer noch Geballer ist. Die Birminghamer (für die Herkunft waren die Ansagen sogar recht verständlich…) boten einen gelungen Abschluss für das NOAF 2015, wobei sie (für mich) nicht an ihre progressiven Landsmänner aus Surrey herankamen, aber das zu vergleichen hat sowieso was von Äpfel mit Birnen……
(Andrea)
Ich war mir auch nicht ganz sicher, ob ich mich nach dem Hammerauftritt Thresholds auf Birminghams Krawallcombo Nr.1 einlassen konnte. Egal, vorne im Pit hat es ungefähr so lange gebraucht wie "You Suffer!" dauert, mich in den grindigen Bann dieser vier Helden meiner Jugend zu ziehen. Die Songauswahl war top, okay mir fehlte "Siege Of Power", aber dennoch waren hier neue und alte Hämmer dabei, so dass eigentlich jeder Fan NPs gut auf seine Kosten kam. Wirklich objektiv kann ich das sowieso nicht schildern. Hier war ausrasten angesagt! Apropos ausrasten. Ich habe selten so einen (positiv) gestörten Fronter erlebt, dessen Ansagen kurz umrissen um was es in den Texten geht: Unter dem ganzen Krach, den die Band veranstaltet, stecken wirklich lesenswerte Texte, die die Denkmurmel zum Rotieren animieren
Außerdem ist Shanes Scheitel Kult, kultiger geht's nicht…
(Jens)
Mein Fazit: fünf sehenswerte Bands für 31 Euro (plus zweieinhalb, die ich nicht gebraucht hätte…) - hat sich wieder einmal gelohnt, ich freue mich schon auf das nächste Jahr.
(Andrea)
So isses!!! See you next Year!!!!
(Jens)
Running Order :
Freitag, 28.08.2015:
15:00 Außholtz
15:50 '77
16:55 To The Rats And Wolves
18:00 Hamferd
19:30 Ektomorf
21:00 Primal Fear
22:45 Candlemass

Samstag 29.08.2015
15:00 Rogue Result
15:50 Accu§er
16:55 Zodiac
18:15 Majesty
19:45 We Butter The Bread With Butter
21:15 Threshold
23:00 Napalm Death
Hamferð    Ektomorf    Primal Fear
Candlemass    Candlemass    Candlemass
Threshold    Threshold    Threshold
Napalm Death    Napalm Death    Napalm Death
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