Bevor die Sommer- und Open Air-Saison so richtig losgeht, gab es Mitte Mai bereits ein kleines, aber feines Event, das wir uns natürlich auf gar keinen Fall entgehen lassen wollten: Nämlich das PSI-Rock-Festival Vol. II, das zum zweiten Mal in Mannheim stattfand und mit vier Bands prächtig ausgestattet war. Die angekündigten Musiker kamen aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands, aber mit Pyramidal war auch ein spanisches Quartett vertreten, sodass man bereits im Vorfeld sehr gespannt sein durfte. Der 7er-Club war zwar einigermaßen gut gefüllt, trotzdem hätten sich ruhig noch ein paar Fans mehr dorthin verirren dürfen.
Aber sei's drum, denn relativ pünktlich gegen 20:30 Uhr betraten zwei Musiker von Pretty Lightning die Bühne und begannen ganz langsam damit, ihren Groove zu starten und dann auszubauen. Durchaus im Blues verhaftet, spielte der Gitarrist und Sänger Sebastian Haas dabei auf einer 'Zigarrenbox-Gitarre', die er herrlich mit einem Slide-Röhrchen bearbeitete. Aber auch der Schlagzeuger Christian Berghoff machte mit seinem ungeheuer kraftvollen wie abwechslungsreichen Spiel sehr positiv auf sich aufmerksam.
Übrigens wurde jeder, inklusive mir, der noch einen Bassisten bzw. weiteren Musiker erwartete, von der Tatsache überrascht, dass es schlicht und ergreifend keinen gab und gibt. Pretty Lightning spielen als Duo, kommen aus Saarbrücken und haben mit "There Are Witches In The Woods" bereits ein Debütalbum auf dem Markt, das wir euch in Kürze hier bei RockTimes vorstellen werden. Auf jeden Fall legten die beiden einen sehr starken Psychedelic Blues Rock-Gig auf die Bretter, mit dem sie das Publikum nicht nur durch Variabilität auf ihre Seite zogen. Haas tauschte immer wieder mal die Gitarren, während Berghoff gerne auch mal Shaker und Klangschalen zur Erweiterung seines Sounds einsetzte. Sehr geiler Auftritt!
Eine vollkommen andere Geschichte war dann die Show der aus Aschaffenburg kommenden Orcus Chylde. Als Kontrast zu dem Duo Pretty Lightning standen nun gleich sechs Musiker auf der Bühne und gaben mächtig Gas. Zwei Gitarren, Schlagzeug, ein sehr präsenter Bassist und breitflächige Hammondsounds bestimmten hier das Bild, das vom Leadsänger Tobias Ritter in der Bühnenmitte abgerundet wurde. Wie unser Jochen ja bereits in seinem Albumreview feststellte, fährt Orcus Chylde einen Retrosound, den ich etwa in der ersten Hälfte der Siebziger ansiedeln würde.
Es wird (und sehr wahrscheinlich will) auch niemand in der Band wirklich abstreiten, dass da jede Menge Inspirationen von Seiten Uriah Heeps kamen. Dies gesagt, muss auch erwähnt werden, dass der Frontmann eine verblüffende Ähnlichkeit mit David Byron hat. Es wäre allerdings ungerecht, die Band lediglich auf den Heep-Sound zu beschränken, denn die ausnahmslos selbstkomponierten Stücke kommen doch – wenn zeitweise von den Arrangements auch etwas vorhersehbar – richtig gut. War die Mucke von Pretty Lightning vor allem Stoff für den Bauch und die Seele, wirkten die Songs von Orcus Chylde doch wesentlich kopflastiger und von vorne bis hinten ausgearbeitet. Anders, aber auch gut!
Aus der Gegend um Mannheim kommen die Lokal-Matadoren Space Debris, die als drittes an der Reihe waren und wieder mal auf ganzer Linie überzeugten. Bereits der erste Song – der an diesem Abend vom Tastenmann Winnie Rimbach-Sator eröffnet wurde – war der schiere Wahnsinn und riss die Fans umgehend mit. Wer etwas öfter bei RockTimes liest, wird ganz sicher bereits auf den Bandnamen gestoßen sein, allen anderen sei empfohlen, sich dieses Quartett unbedingt mal anzuschauen.
Denn selbst wenn man kein riesengroßer Fan von Instrumental-Musik ist oder war, bei Space Debris wird man dennoch allerbestens bedient und garantiert nicht unzufrieden nach Hause gehen. Fundiert von der klasse Schlagzeug- und Bassarbeit (von Christian Jäger und Mitja Besen), ließen der Gitarrist Tommy Gorny sowie Rimbach-Sator an den Keyboards ihrer Kreativität wieder einmal freien Lauf. Wobei es zunächst sehr rockig zur Sache ging und erst gegen Ende eines großartigen Sets mal ein ruhigeres Stück an die Reihe kam. Nach einer lautstark geforderten Zugabe war schließlich die Zeit des Abschieds gekommen. Aber nur bis zum nächsten Mal, denn kein Auftritt von Space Debris ist wie der vorherige oder der folgende. Erneut sehr überzeugend.
Als schließlich die Spanier von Pyramidal auf der Bühne waren, gab es Anlass für Spekulationen. War es so gewollt, oder doch ein Fehler der Lichtanlage, dass die Iberer während der ersten beiden Songs total im Dunklen standen? Die Kommunikation mit dem Publikum (vielleicht auch wegen nicht überragender Englischkenntnisse?) fand so gut wie gar nicht statt und auch bei Pyramidal war Gesang eine Seltenheit. Die Songs sowie die musikalische Darbietung waren schon klasse, dennoch habe ich mir die Frage gestellt, ob es so glücklich war, zwei (fast) Instrumental-Bands nacheinander aufs Billing zu bringen.
Wie dem auch sei, die Spanier füllten ihre stark von den Gitarren geprägten Stücke oft auch mit spacigen Sounds, die vom zweiten Gitarristen (und seinem 'Zauberkasten') beigesteuert wurden. Dass gegen Ende der Nacht nur noch wenige Unentwegte vor der Bühne zu finden waren, lag weniger an Pyramidal (die gut waren), sondern vielleicht eher daran, dass die Leute von den ersten drei Bands bereits ausgepowert und etwas müde waren. Ein bisschen schade für die spanischen Musiker, die ihren Gig aber tapfer und mit Anstand beendeten. Ein toller Ausklang eines starken Abends.
Ein sehr gelungenes Event war es wirklich, wobei an dieser Stelle unbedingt auch mal der Sound bzw. die Anlage im 7er-Club ausführlich gelobt werden müssen. Der ist nämlich nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne großartig, sodass sich auch die Musiker gegenseitig perfekt hören können. Rein musikalisch war das PSI-Rock Festival Vol. II also ein voller Erfolg. Bleibt zu hoffen, dass sich die Kunde dieser geilen Veranstaltung so schnell und weit wie möglich rumspricht, damit wir noch viele Fortsetzungen erleben
dürfen.
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