Die nordischen Düster-Progger hatten sich zu einem der wenigen Konzerte ins belgische Maasmechelen angemeldet und es stand außer Frage, dass das zu einem Pflichttermin werden musste. Zudem hatten die Organisatoren noch ein kleines Rahmenprogramm inklusive einer Aftershow auf die Beine gestellt und was geht besser, als das Wochenende auf diese Art einzuläuten?!
Female-fronted sollte es recht zeitig mit Ethernity losgehen und bereits anwesende Freunde sagten mir bei meinem Eintreffen vor Ort, dass sie ein prima Set abgeliefert hätten. Anderweitige Verpflichtungen hatten mich leider davon abgehalten, rechtzeitig zur Show Time im Zaal Jagersborg aufzuschlagen. So musste ich mich auf die Aussagen anderer Besucher verlassen und konnte gerade noch den Fotopass und ein Bierchen holen, bevor das Licht erneut ausging.
Max Pie standen auf dem Affiche und es war für mich erst das zweite Mal, dass ich sie mit ihrem neuen Bassisten Lucas Boudina sehen konnte. Trotz einiger Schwierigkeiten mit einem Soundkanal spielten sie ihr Set überzeugend runter. Ein paar ältere Songs fanden den Weg ebenso auf die Setliste wie Stücke ihres neusten Albums, Eight Pieces - One World, das auf internationalem Parkett durchweg gute Kritiken bekommen hat.
Mir macht es immer sehr viel Spaß, diese Band anzusehen: Damien ist ein rechter Zauberer auf seiner Axt und haut Riffs wie Soli makellos in die Menge. Die der Band eigene Mischung aus Prog und Power Metal lässt ja auch genügend Raum für Spielereien jeglicher Art. Das wird von der unablässig hämmernden Rhythmusabteilung in Form von Sylvain an der Trommel und dem 'Neuen' am Tieftöner bestens unterstützt. Letzterer scheint immer besser in der Band angekommen zu sein, seine Präsenz auf der Bühne und die Interaktion mit den Kollegen mögen nur zwei der möglichen Indizien dafür sein. Obendrein kommt sein Bass-Spiel noch dazu, das der Truppe und den Songs wirklich gut tut - unterm Strich ein eindeutiger Gewinn. Sänger Tony legt nach wie vor die Asse auf den Tisch und wird zudem nie müde, das Publikum mit einzubeziehen. Englisch, Französisch und seit einiger Zeit auch etwas Niederländisch - ist halt ein Frontmann und trotz der kleinen Soundprobleme kam die Show rundum sehr gut an..
Im Vorfeld zum Set der Düstermänner wurde im Kreise der Fotografen viel spekuliert, wie düster die Show denn wirklich werden würde und ob man sich ein weiteres Mal auf rotes und blaues Licht, Stroboskop und viel Nebel würde einlassen müssen. Zudem war die Meldung verbreitet worden, die Show würde etwas Besonderes als Überraschung bereithalten. Da das Change Over hinter geschlossenem Vorhang passierte, gab es ausreichend Spannung im ordentlich gefüllten Saal.
Alles Warten hat einmal ein Ende und nach endlos scheinender Pause ging dann irgendwann das Licht aus - gefühlt blieb das auch so - und es betraten die Bühne die Herren Tommy, Johan, Rikard, Hannes und … wo war denn Saitenhexer Marcus Jidell? An seiner Stelle sah man ein anderes bekanntes Gesicht vorne am Bühnenrand: Zur Überraschung des Abends hatte sich Henrik Danhage angekündigt, Bandmitglied von 2001 bis 2010.
Mit den Kracher "Leave It Behind Us" vom letzten Album starteten sie in den Abend und wenn das Publikum zu 90 Prozent aus Fans besteht und man als Band direkt mit so einem Song anfängt, dann ist das Ding in Sack und Tüten. Frontmann Tom Englund ließ sich anschließend dann auch zu einer Erklärung für die Abwesenheit Marcus Jidells hinreißen: Er habe andere Dinge zu tun und konnte es terminlich einfach nicht packen. Klang komisch, irgendwie. Insgesamt tat das der Show keinen Abbruch, da Henrik musikalisch natürlich auch voll auf der Höhe ist und einige abgefeierte Soli einflechten konnte.
Im Anschluss ging es dann mit "Monday Morning Apocalypse" vom gleichnamigen Longplayer
weiter, das später noch mit "Obedience" und "Still In The Water" bestens gewürdigt wurde. "Frozen", ebenfalls von "Glorious Collision", wurde begeistert aufgenommen und gipfelte in einem großen finalen Feuerwerk. Das aber war schon ganz am Ende, vor der Zugabe. In den gefühlten zwei Stunden davor durfte das dankbare Publikum noch massig andere Songs genießen. Englund schob immer wieder kleine Ansagen ein, so auch die Story, dass die Band an eben diesem Tag in Norddeutschland von der Trachtentruppe angehalten worden war. Diagnose: Der Tourbus war überladen. Ergebnis: Die Band fuhr mit dem Zug und Englund steuerte den Bus persönlich nach Belgien und nach neun Stunden Fahrt war er nicht mehr so ganz frisch.
Wer sich einen guten Eindruck verschaffen möchte, wie die (Neudeutsch) 'Atmo' gewesen ist, dem sei angeraten, sich A Night To Remember reinzuziehen. CD oder DVD, vollkommen egal, am besten beide. Aus dieser Kompilation gab es auf jeden Fall "Blinded", "Rulers Of The Mind", "As I Lie Here Bleeding", das grandiose "Solitude Within" oder auch den großartigen "Masterplan".
Als Zugabe bot die Band u. a. noch "Broken Wings" von Torn, das genauso frenetisch abgefeiert wurde wie "Recreation Day". Irgendwann war dann Schluss mit der Vorstellung, die Band ging seitlich von der Bühne, ließ sich der Reihe nach ein Fläschchen vom Gitarrentechniker reichen und verschwand für eine Weile. Bei der Afterparty, zu der die DIO-Tribute-Band Dio Legacy richtig famos aufspielte, konnte man ungezwungenen Kontakt zu den Schweden pflegen, gehörten sie doch ebenso zu den aufmerksamen Zuschauern wie der Rest vom Volk. Besonders erwähnenswert im Zusammenhang mit der musikalischen Untermalung ist bei Dio Legacy die überaus bemerkenswerte stimmliche Qualität (und Nähe zum Meister) des Sängers Marcos Rodriguez, der das Publikum binnen Sekunden in seinem Bann hatte. Die Zahl der Cover-/Tribute-Bands, die ich persönlich gut finde, hält sich im Grunde stark in Grenzen, aber seit dieser Show ist eine dazugekommen.
Zwei kleine Wörtchen noch zum Schluss: Ich habe selten eine Show gesehen (obwohl es mich aus meiner bisherigen Evergrey-Erfahrung nicht so richtig überraschte), bei der die Beleuchtung eine für den Fotografen höchst komplizierte Angelegenheit war. Nicht wenige der anwesenden Knipser haben ihr Equipment nach ein paar Minuten ein- und nicht wieder ausgepackt. Blau, Rot, Nebel - Rot, Blau, Stroboskop, Nebel… Von daher bitte ich, die überaus schwache Bildqualität zu entschuldigen.
Kam mir (und nicht nur mir) die Ansage Englunds zum Fehlen Marcus Jidells komisch vor, so ist ganz aktuell bekannt geworden, dass Letzterer die Band verlassen hat. Aber auch Trommler Hannes Van Dahl gab im Laufe der Woche bekannt, fortan bei den Landsleuten von Sabaton seinen musikalischen Horizont erweitern zu wollen (hier klang es allerdings sehr freundschaftlich und ohne irgendwelchen Groll…).
Herzlichen Dank an Jeke für den Fotopass, Koen, Nick, Pascal, Gianni und den Rest vom Team für einen erneut tollen Abend und die kleinen Goodies!!
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