Der Auftakt
Alles fing mit einem Anruf von meinem engsten Allmans und Gov´t Mule Freund Andreas an: "Torsten hast du eigentlich schon gehört? Es ist endlich soweit... Gov´t Mule kommen nach Europa!"
Weil ja schon so oft spekuliert wurde, ob und wann diese, UNSERE, Blues- Jam- Rock-Band denn nun wirklich einen Abstecher über den Teich machen würde, konnte ich es kaum glauben. Schnell auf die Webseite der Mule und nachgeschaut: Tatsächlich, eine Europa- Tour für April 2005 ist geplant!
Unverständlich war dann allerdings die gewählte Location bzgl. des einzigen Gigs in Deutschland: Das 'Logo' in Hamburg, ein Club für höchstens 300 Gäste!? Mehrere Telefonate und reger Mailverkehr mit Freunden in Hamburg verstärkten das Gefühl, hier müssen wir ganz schnell Tickets bestellen. Durch bewährte Kontakte zur örtlichen Konzertproduktionsfirma mit Sitz in Hamburg kein Problem. :-)
Die Telefone und Tastaturen liefen in den folgenden Tagen heiß. Kumpels und Freunde wurden über den ( Rock im Spreewald' - Newsletter und sämtliche Rockmusik - Mailinglisten aktiviert und informiert: GOV`T MULE AM 10. APRIL 2005 IN HAMBURG!.
Umgehend waren 25 Tickets gekauft und innerhalb von drei Tagen an die Männer und drei Frauen(!) gebracht; das 'Logo' in Hamburg binnen sechs Tagen hoffnungslos ausverkauft. Dann die erlösende Nachricht, das Konzert würde verlegt in die 'Große Freiheit 36' und Entspannung war angesagt. Mittlerweile hatten sich bei mir die unterschiedlichsten Leute gemeldet, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie Mule- Fans sein könnten.
Die Planung
Klar, dass jetzt wieder der 'Southern Rock Express' für die Musikfreunde der gemeinsamen und fröhlichen Busfahrt organisiert werden musste! Die Vorfreude auf das Ereignis, Gov´t Mule live zu erleben, beflügelte alle.
Die Netzwerke und Kooperationspartner von 'Rock im Spreewald' waren in wenigen Tagen in das Projekt integriert, die Fahrtstrecke festgelegt bzw. der zeitliche Fahrplan erarbeitet und die Werbung für einen musikalischen Sonntagsausflug incl. Pre- und After Show Party nach Hamburg in die 'Große Freiheit 36' konnte gestartet werden.
Binnen 2 Wochen waren alle 25 Sitzplätze vergeben. Weitere Anfragen von Mule- Fans ohne Ticket und Busreservierung aus Polen und der Sächsischen Schweiz sowie von einer kompletten Brigade eines bekannten Schokoladen Herstellers konnten (leider!) nur noch abgelehnt werden.
Der Grund: Das Konzert war bereits mit 1.300 Karten ausverkauft.
Alle Mann an Deck - "Southern Rock Express" auf Fahrt
Am Sonntag, 10. April 2005 um 10:30 Uhr, ging's dann endlich los. Erste Einstiegsmöglichkeit war in Cottbus, für die Mule-Fans auf dem "flachen Land" der Lausitz und Südbrandenburgs. Auf der Autobahn ca. 120 km nach Berlin/Ostbahnhof. Dort sollten dann die Randberliner, Oderbrucher und Ostberliner in den Bus steigen. Weit gefehlt! Berlin ist groß und der Ostbahnhof ein ziemlich umfangreicher Gebäudekomplex. Handy raus, die Leute orten! "Wo seid ihr? Wir stehen Ostbahnhof/Ecke Koppenstraße. Koppenstraße? Watt? Ist die nicht in West - Berlin?"
Berliner halt...
Nächster Zusteigebahnhof um 12:35 Uhr: Berlin, Zoologischer Garten. Der Rest der Sitzplätze ist nun belegt, bis auf einen Platz - Henry hatte sich leider krank gemeldet. Der 'Southern Rock Express' war nun endlich unterwegs nach Hamburg, ohne weiteren Zwischenhalt. Wieder geirrt! Natürlich waren schon in Cottbus die allseits bekannten "Erfrischungsgetränke" an Bord und es war sehr, sehr trocken im Bus. Was haben wir gelacht über Bedürfnisse, die jeder kennt und den Bus ziemlich oft zum Halten brachten! Alle mussten grinsen, bis auf den Busfahrer...
Gegen 17:45 Uhr war dann das 'Rock´n Roll Warehouse', ein Rock- CD/DVD Outlet Store & Showroom - Stresemannstr. 375, Hamburg Altona, in Sicht.
Empfang durch Tom Hallek und seine Kollegen. Dann fröhliches und herzliches "Gedrücke" und "Geküsse" unter den Listenmitgliedern und anderen alten Freunden aus ganz Deutschland. Manchmal frag ich mich ernsthaft, wie können solche Hardcore Schallplatten-CD Sammler, die ihrer Leidenschaft schon mindestens 20 Jahre frönen, noch solch einen hohen Bedarf an CDs und DVDs haben! Den Tom hat es ganz bestimmt gefreut. Ach ja, der Tom. Natürlich hatte Torsten daran gedacht, dass neben den "Erfrischungsgetränken" im Bus auch mal feste Nahrung eine gute Idee wäre! Eigentlich wollte ja Tom den Grill anschmeißen...
Kurz vor Hamburg bekam ich einen Anruf von ihm, es regne sehr stark in Hamburg, Grillen geht unter diesen Umständen leider nicht! Ich weiß nicht; als wir vor dem Laden standen, hätte ich mir beinahe die Sonnenbrille rausgeholt, so schien mir die Sonne ins Gesicht.
Der Tom ist aber trotzdem ein guter Mensch und erzählte uns alles über seinen Mailorder sowie seine Bands von 'Phoenixrecords' und erwies sich schließlich gegen 19:30 Uhr, auf der Fahrt in die 'Freiheit', als kompetenter Reiseführer am Mikrofon, neben unserem Busfahrer äußerst nützlich. Was aber war passiert?
Wir hatten plötzlich eine junge, hübsche Frau mehr im 'Southern Rock Express' - Nina war an Bord! Eigentlich kannte diese Hamburger Pflanze weder die Leute im Bus noch die Band näher. Alles lief auf so etwas wie ein 'Blind Date für Rockfans' hinaus. Ich hatte die Nina auf einer 'Yahoo'- Mailingliste mit Mule bekannt gemacht und spontan wollte sie mit dabei sein. Natürlich, wenn schon, denn schon, hatte ich sie gleich ins 'Warehouse' eingeladen und versprochen, dass sie mit dem Bus in die Location fahren könnte.
Nur gut, dass einige schon in die 'Freiheit' laufen wollten. So hatten wir Platz für Nina und Janos... Janos wird vom Mule-Konzert berichten, er ist Mitglied der 'Southern Rock Liste' und kennt sich gut mit Rockmusik und deren Akteuren aus, liest amerikanische Mailinglisten und berichtet danach sofort und vollständig.
Phantastisch…wie aus einem Traum…von einer anderen Welt…, man kann für dieses einmalige Konzerterlebnis kaum noch Worte finden, ich werde trotzdem versuchen, dieses von vornherein zum Scheitern verurteilte Unternehmen irgendwie zu schaffen. Denn die Musik von Gov't Mule kann man angesichts ihrer Vielfalt kaum in Worte fassen, geschweige denn in eine Schublade stecken, obwohl es einige Journalisten trotz der Proteste von Warren Haynes immer wieder versuchen. Aber nun zum Konzert.
GOV´T MULE Live in Hamburg - Das Konzert!
Als ich kurz nach acht Uhr mit den Teilnehmern des Southern Rock Express in der 'Großen Freiheit' eintraf, gab es noch keine Zeichen dafür, dass wir ein musikalisches Inferno von drei Stunden erleben sollten. Allerdings wurde schnell deutlich, dass sich in die Hansestadt nicht nur die deutschen Mule-, Allman Brothers- und sonstigen Fans verirrt hatten, sondern Menschen aus ganz Europa und dabei besonders viele aus Polen zum letzten Konzert der Europatour kamen, das zugleich auch die Live-Premiere für Gov't Mule in Deutschland war. Die Spannung stieg, bis schließlich Gitarrengott Warren Haynes pünktlich um neun die Bühne mitsamt den übrigen Bandmitgliedern erklomm.
Die Band legte gleich mit zwei Stücken vom aktuellen Album Deja Voodoo hervorragend los und das Publikum reagierte prompt mit enthusiastischen Schreien. Daraufhin legte auch der 'Ober-Mule' jede Scheu ab und zeigte immer wieder sein Lächeln und das Victory-Zeichen, aber im Gegensatz zu manch Anderen hat er es nicht nötig, zehnmal während des Konzerts darauf hinzuweisen, das die neue CD plus T-Shirts, Kaffeetassen und sonstiger Kram vorne links am Merchandisingstand zu kaufen ist. Hier spricht die Musik für sich selbst.
Einen ersten kleinen Höhepunkt gab es im ersten Set mit dem langen Jam als Teil von "She Said, She Said", das ein wenig wie ein Gruß in Richtung der vor kurzem reformierten legendären Southern Rock Band, nämlich der Outlaws wirkte (Finale a la "Green Grass And High Tides" mit Drums und Gitarre). Apropos Huldigung an Ikonen:
Wenn man dem Gitarrenspiel von Warren aufmerksam zugehört hat, konnte man kurz ein Zitat aus "Jessica" heraushören, über diesen 'Tribute' hätte sich Dickey Betts sicher gefreut.
Die Stimmung brachte dann zum ersten Mal die immergrüne Allmans-Ballade "Soulshine" zum Überkochen. Dieses Stück haben einige als Einstimmung auf das Konzert vor sich hingedudelt. Dann ging es aber gleich wieder im düsteren Gov't Mule-Stil weiter, "Larger Than Life" zog jeden wie ein unsichtbares Magnet in seinen Bann. Nach zwei weiteren Songs ging das erste Set zu Ende.
Nach einer ca. zwanzigminütigen Pause, die allen gut, aber zumindest nicht besonders weh tat (dafür aber die auftretenden Rücken- und Beinschmerzen), startete die Band mit "No Quarter" das zweite Set. So hätte der Song wahrscheinlich schon in den siebziger Jahren geklungen, wenn er nicht von den Zeppelinen, sondern von Tony Iommi geschrieben worden wäre, d. h. heavy!
Ein weiteres Highlight folgte mit dem langen Drumsolo von Matt Abts, der auch sonst glänzend aufgelegt war. Leider blieben im Vergleich zu ihm Bassist Andy Hess und Keyboarder Danny Louis etwas blass, was Bühnenpräsenz und Kommunikation mit dem Publikum betraf, aber ihren Job an den Instrumenten machten sie auch mehr als nur solide.
Der Jimi Hendrix- Klassiker "All Along The Watchtower" (welcher eigentlich von Bob Dylan ist), machte zum wiederholten Male deutlich, warum Warren Haynes zu den größten lebenden Gitarristen dieses Planeten zählt: er kann fast alle Stilrichtungen der populären Musik auf virtuose Weise spielen. Beim vorletzten Stück sang und spielte der Maestro mit so viel Kraft und Überzeugung den Blues, dass man dachte, er sei aus einem anderen Universum zu uns Sterblichen gekommen.
Kurz vor dem Ende des Konzerts häuften sich dann die "War Pigs", "Mr. Big" und "Thorazine Shuffle" Zurufe, aber sie wurden (leider) nicht erhört. Statt dessen gab es "Keep On Rocking In The Free World" einen Song als Zugabe, der mit seiner Eingängigkeit ein wenig deplaziert wirkte. Es war ein kleiner Wermutstropfen am Ende eines ansonsten magischen Abends, dessen Zauber noch lange nachwirken wird.
"We see You soon!" - so hat sich Warren Haynes vom Publikum verabschiedet. Hoffentlich hält er sein Wort, damit sich die Fans nicht lange fragen müssen: "Where's my Mule?.
Setlist:
Set 1: Lola Leave Your Lights On, Bad Man Walking, She Said, She Said, Winev and Blood, Soulshine, Larger Than Life, Low Spark Of High Heeled Boys, Slackjaw Jezebel
Set 2: No Quarter, Mule, Nobody's Business, Silent Scream > Drums > Silent Scream, Rocking Horse, All Along The Watchtower, Driving Rain, Young Mule Blues
Encore: Keep On Rocking In The Free World
After Show Party im Mayday
Nach der Wahnsinns Mule Show wurde, wie so oft in reinen Konzerthallen, der zahlende und noch völlig überwältigte Gast mit rot/weißem Absperrband aus dem Saal gedrängt. Mich wollte eine Ordnerin nicht mal mehr zum WC lassen. Da lob ich mir die familiären und völlig entspannten Konzerte bei uns auf dem flachen Land...
Also raus aus der 'Freiheit' und rein in den Bus. Kurzes Telefonat mit dem 'Mayday' Kneiper, wohin wir eigentlich fahren sollten - den Busfahrer gebrieft und ab ging's zur After - Show Party ins 'Mayday'!
Die Kneipe war schon gut gefüllt und dort trafen wir auch wieder auf alte Bekannte: Kumpels aus Kulmbach, Stuttgart, Potsdam, Bonn, Münster, Berlin, ja sogar die kleine Hiyori aus Japan war mit ihren Leuten dort. Ausführlichste Gespräche über das soeben Erlebte, die guten, alten Zeiten sowie die kommenden Konzerte und Festivals ließen uns die Zeit vergessen. Plötzlich war es dann 02:30 Uhr, der Abschied nahte!
Tschüüß Hamburg - Macht's gut bis zum nächsten Mal!
Die Rückfahrt - das letzte Drittel der 24 Stunden Tour
Völlig geplättet und von den vielen Eindrücken ziemlich erschlagen, füllte sich der Bus mit der bunten Truppe recht schnell und alle Insassen wollten jetzt nur noch auf die Autobahn und in Richtung Berlin/Cottbus schaukeln. Welch eine Wohltat, endlich sitzen und im wohlig warmen Bus sich dem Mule - Traum vollkommen hingeben können.
Merkwürdiger Weise musste keiner schon nach 10 Minuten auf die Toilette. Da hatten wir "Southern Rock Express" - Erfahrene schon ganz andere Sachen erlebt. Irgendwo zwischen Hamburg und der Hauptstadt nochmal Lenkzeiten - Pause, ab auf die WC`s und zu den Raucherinseln. Gegen 07:30 Uhr waren wir dann wieder in Berlin - Ostbahnhof angekommen. Zwei -drei Leute gingen direkt zur Arbeit, die anderen nach Hause. 2,5 Stunden später leerte sich dann der Bus, bis auf den Busfahrer natürlich, vollends. Die Lausitz hatte ihre Gov´t Mule Fans wieder, nach einem aufregenden Tag und einem sensationellen Konzert.
Ich nehme immer noch wahr, wie ich in der ersten Reihe vor der Bühne stehe...
stehe und gebannt zuhöre. Wie eine Klasse Rockband in einem Song abrockt wie verrückt, und dann immer langsamer wird und das Tempo rausnimmt und spielt und spielt...bis es mucks Mäuschen still ist im Saal, der eben noch gebrodelt hatte... und Warren kennt kein erbarmen.
Die Töne schwingen gerade noch hörbar in der Luft. Das Schlagzeug wird von Matt förmlich gestreichelt, der Baß brummelt wie der Motor von einem frisch geölten 12 Zylindern und immer leiser immer leiser... alles schwebt auf einem kaum hörbaren Keyboard Teppich... der Wahnsinn!
Und wem dieser Bericht noch nicht reicht, der kann gerne hier weiterlesen.
Impressionen
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