Das Grinsen im Gesicht des gestandenen Besuchers bei den diesjährigen
Schmölzer Blues Tagen sagte alles, als ich ihn auf sein T-Shirt vom
Rory Gallagher-Treffen in Ballyshannon ansprach: Das hatten wohl schon einige vor mir und belegte, welche Popularität der 'G-Man' bis heute, anderthalb Jahrzehnte nach seinem Tod, immer noch unter den Rockfans der älteren Generation hat. Auch die starke Blues Rock-Fraktion im
RockTimes-Haus hält die Fahne des Mannes aus Irland, der zu den ganz großen Gitarristen zählte, weit hoch, wie unsere Künstlerseite unzweifelhaft zeigt.
Seit seinem Auftauchen auf der internationalen Musikbühne mit der Formation
Taste
1968 faszinierte der Mann mit dem 'Arbeiter-Image' die Rockfans und galt wegen seiner schweißtreibenden, emotionsgeladenen und mit reichlich handwerklichen Show-Elementen angereicherten Auftritte, aber auch seines bescheidenen Auftretens in den typischen Klamotten (Jeans, Karohemd und Turnschuhe), schnell als Idol der Jugend. Er war einer der prägnanten Vertreter der Blues Rock-Welle, die von den britischen Inseln über den ganzen Kontinent und auch über Amerika schwappte. Neben seinem Heimatland, wo er bis heute als eine Art Nationalheld verehrt wird, hatte er vor allem in Deutschland jede Menge Fans, die zu seinen Gigs strömten. Dass er so bekannt und beliebt wurde, verdankt er nicht nur den steten Live-Auftritten auf zahlreichen Bühnen im ganzen Land, sondern auch, dass er im gerade die Rockmusik entdeckenden Fernsehen häufig präsent war. Der legendäre erste, per Eurovision live ausgestrahlte
Rockpalast von 1977 machte ihn mit einem Schlag zum Superstar. Bereits Jahre zuvor durften die Fans sein Können auf der damals schon reichlich abgenutzten Stratocaster, auf der Martin-Akustikgitarre und auf der Mandoline, mit oder ohne Bottleneck, im nicht minder legendären
Beat Club
mehrfach bewundern.
Rory Gallagher war in den siebziger und frühen achtziger Jahren ein Top Act, der jede Halle und bei seinen Festival-Auftritten auch jedes Stadion füllte.
Die zu seinen Lebzeiten schon reichlichen Veröffentlichungen wurden nach seinem Tod fortgeführt, worüber sich nicht nur die noch immer zahlreichen Hardcore-Fans freuten. Was bis dato fehlte, war allerdings eine echte Biografie und die Auftritte aus den Beat Club-Sendungen in einem Guss. Beides wird nun mit dieser Doppel-DVD nachgeholt, die von Eagle Vision erschienen ist. Scheibe 1 zeigt unter dem etwas seltsamen Titel "Ghost Blues" einen vom Bruder und früheren Manager
Donal Gallagher autorisierten Rückblick auf das Leben
Rorys, bei dem neben ihm auch namhafte Zeitgenossen und Kollegen, wie
Bill Wyman ,
The Edge,
Bob Geldorf,
Slash, oder
Ronnie Drew von den
Dubliners sowie seine langjährigen
Mitmusiker zu Wort kommen. Interviewausschnitte von
Rory selbst und kurze Einspielungen von Konzerten vervollständigen die gelungene Dokumentation. Der Weg von Cork aus über frühere Showbands zu
Taste und zu seiner großen Solokarriere bis zum bitteren Ende mit 47 Jahren wurde von
Ian Thuillier und
Cameron Crowe nachgezeichnet. Dabei wird neben der bekannten Show-Seite auch das unauffällige, unorganisierte Leben des Stars jenseits der Bühne, an dem er letztlich scheiterte, beleuchtet.
Auf der zweiten Videoscheibe sehen wir die Gigs aus den Bremer Studios von 1971 und 1972, 90 Minuten so weitgehend unveröffentlichtes Material (außer in den damaligen Sendungen natürlich). Der junge, ungestüme Rory und seine Begleiter powerten zu Beginn der Solo-Karriere ihren Blues Rock in die heimischen Wohnzimmer, dass dort die Spitzendeckchen von den Fernsehtruhen flogen. Zwar wirken die Bildverfremdungen mit Blue Box und ähnlichen Gimmicks heute reichlich nervig, aber an der enormen Energie, die die Truppe verbreitete, ändert das nichts. Angesichts der bereits bekannten Aufnahmen der meisten Titel wirken diese frühen Versionen noch recht rau und puristisch, es wird aber auch kräftig improvisiert. Rory und Band live - hochenergetisch, ungekünstelt, authentisch - ein Trademark der Rockmusik, nicht nur zu jener Zeit. Für die alten Fans eine sicher weitere willkommene Nachlese, für nachfolgende und Interessierte an dieser Epoche und ihren Protagonisten ein Zeitdokument erster Güte. Parallel dazu wurden die Beat Club-Tracks auf CD ("The Beat Club Sessions") veröffentlicht.