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Rory Gallagher / Irish Tour '74
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»Wenn ich abtreten muss, bleibt wenigstens meine Musik als Erinnerung. Und wenn ich im Himmel ankomme, werde ich Jimi als erstes fragen: What's Going On?« (Rory Gallagher)
Die "Irish Tour '74" ist nicht nur für Gallagher-Fans, sondern war auch für Rory selbst etwas ganz Besonderes. Denn der Musiker, geboren am 02. März 1949 in Ballyshannon, County Donegal, aufgewachsen in der Ortschaft Cork, ist ein irisches Kind durch und durch - und ein musikalisch sehr talentiertes noch dazu. 1958 bekam er seine erste Gitarre - für 4,50 irische Pfund, bereits mit 15 Jahren sein erstes Profi-Engagement. 1965 gründete Rory Gallagher mit Eric Kitteringham und Norman Damery die Formation Taste. Nachdem man etwas erfolglos durch die Gegend getingelt war, verließ die Rhythmus-Sektion die Band und wurde durch Charlie McCracken (Bass) und John Wilson (Drums) ersetzt. Die Debüt-LP erschien 1969 und schlug ein wie eine Bombe. 1970, nach der Veröffentlichung von "On The Boards", löset sich die Band auf und Rory präsentierte 1971 sein neues Ensemble, die Rory Gallagher-Band mit Gerry McAvoy am Bass und Wilgar Campell am Schlagzeug. Schlag auf Schlag folgten diverse Plattenveröffentlichungen, begleitet von permanentem Touren. 1973 liefen seine bis dato erfolgreichsten Tourneen durch England und die USA.
Als Rory Gallagher jedoch im Winter 1973/74 auf Tour auf der Grünen Insel ging, war dies mehr als nur eine Konzertreise, es war auch ein Statement für all die Menschen in seiner Heimat, die von der IRA völlig gebeutelte Republik Irland. Hier hatte sich Rory sehr eindrucksvoll seinen Einfluss auf die irische (Blues)Rock-Musik erspielt, der mittlerweile unbestritten ist. Damals, Mitte der Siebziger Jahre, sorgte die IRA mit ihren Bombenanschlägen nicht nur für nackten Terror unter der Bevölkerung, sondern auch für eine völlig künstlerische Verarmung des Landes. Doch der 'Kumpel' aus Cork mit seinem karierten Holzfällerhemd, den ausgewaschenen Jeans und der bis aufs rohe Holz abgewetzten Stratocaster unterm Arm ließ sich von der allgegenwärtigen Gefahr nicht beeindrucken und spielte dennoch in der Hauptstadt Dublin sowie dem gefürchteten Hexenkessel Belfast. Die Fans waren 'ihrem Rory' dankbar dafür, dass er sich, trotz dieser brandgefährlichen Situation, nicht davon abhalten ließ, ihnen ein paar wunderschöne Stunden voller Spaß und Musik zu schenken und feierten ihn frenetisch ab. Dieser Auftritt gab ihnen mehr als alle Statements dieser Welt. Das Strahlen in ihren Augen, die Freude und Ausgelassenheit, die »Rory, Rory«-Rufe aus tausenden Kehlen, all das hat der englische Regisseur Tony Palmer in seiner Filmdokumentation "Irish Tour '74" (gab es als VHS und später als DVD) mit seiner Kamera eingefangen. Rory Gallagher wird noch heute als Nationalheld verehrt, sein Auftritt in Belfast machte ihn sogar zur Legende!
1974 erschien die mitgeschnittene Tour als Doppel-LP, später in 'renovierter Version' als einfache CD und wird nach wie vor noch als »eines der großartigsten Live-Alben der 1970er Jahre« bezeichnet.
Seit der Erstveröffentlichung des wunderbaren Live-Albums "Irish Tour '74" von Rory Gallagher sind nun vierzig Jahre ins Land gegangen. Aus diesem Anlass bringen Legacy Recordings und Sony Music im Oktober dieses Jahres dieses geniale Werk als Deluxe Boxset auf den Markt. Beauftragt wurde Daniel Gallagher, Neffe von Rory und Sohn von Donal, dieses Projekt in Angriff zu nehmen. Beratend zur Seite stand ihm Robin Sylvester, Rorys Tontechniker auf der Irish Tour. Offensichtlich war jede Menge Material vorhanden, denn die "Irish Tour '74" in der Deluxe-Ausgabe enthält nun sieben CDs mit 43 bisher unveröffentlichten Titeln und eine DVD, die einen Dokumentarfilm von Tony Palmer zeigt. Als Schmankerl bietet die Box ein Booklet mit zahlreichen Fotos und umfangreichen Liner Notes. Feiner Blues Rock wird geboten, live gespielt von einem brillanten Rory Gallagher und seinen fabelhaften Mitstreitern, die mit ihrer Spielfreude das Publikum regelrecht mitreißen.
Unvergessliche Momente bieten Songs aus Rorys eigener Feder wie "Going To My Hometown" (nach wie vor mein Fave), "Tattoo'd Lady", "Cradle Rock", "A Million Miles Away", aber auch Fremdkompositionen von Muddy Waters ("I Wonder Who"), Tony Joe White ("As The Crow Flies") oder auch Mel London ("Messin' With The Kid") zaubern dem Hörer selbst nach Jahren noch ein freudiges Grinsen ins Gesicht. Diese musikalische Wucht, die die Band auf der Bühne entfacht, lässt garantiert niemanden kalt. Die beiliegende DVD enthält Tony Palmers Dokumentarfilm zur "Irish Tour '74" (rund 84 Minuten). Dazu gibt es noch diverses Bonusmaterial (11 Minuten lang kann man sich an spaßigen Szenen und ein paar Konzertausschnitten aus der Japan-Tour 1974 sowie 27 Minuten lang an einem "Music Maker" ergötzen - beides extra anwählbar über das Menü). Die Menüführung ist einfach, man kann die Sprache und die Audio-Option auswählen. Die Bild- und Tonqualität ist in Ordnung. Es gibt aber auch einiges zu bemängeln.
Störend für mich ist zum einen der Pappschuber der Box, bestehend aus erschreckend dünnem Pappmaterial. Ich bin gespannt, wie lange diese ein ständiges Ein- und Auspacken übersteht oder ist das Teil nur fürs Regal gedacht? Das Booklet liegt dem Ganzen lose bei, so dass es einem beim Öffnen des Klapp-Covers jedes Mal entgegenfliegt. Das hätte ebenfalls anders gelöst werden können. Dadurch wirkt das Ganze sogar richtig billig. Hier hätte ich wirklich mehr erwartet, zumal es da ganz andere Beispiele für wirklich edel aufgemachte Boxen gibt. Auch in punkto Klang hatte ich mir nach einem Remastering mehr erhofft. Das Konzert aus Cork, City Hall, klingt gut, keine Frage, aber die Dubliner und Belfaster Auftritte hören sich wie alte Bootlegs an, klingen teilweise richtig blechern (nichts für empfindliche Musikanlagen), bei der heutigen Technik wirklich ein Manko. Auch die Übergänge sind immer wieder unsauber zusammengeschnitten, wirken teilweise wie 'abgehackt'. Das alles trübt etwas die Freude über das Gesamtpaket. Ob das dem Perfektionisten Rory Gallagher gefallen hätte? Ein Jimmy Page an den Reglern wäre vermutlich in der Lage gewesen, mehr rauszuholen.
Wenn ich dann noch andernorts etwas von 'authentischem Klang' lese, bekomme ich Pickel! He - aufwachen! Wir schreiben das Jahr 2014 und die Musikfans haben kein handbetriebenes Grammophon mehr zu Hause stehen, um ihre Platten abzuspielen! Ich habe eher den Eindruck, dass mit minimalistischem Aufwand ein Maximum an Gewinn erzielt werden soll. Denn - eins ist ja bekannt: Rory hat wohl eine der treuesten Fangemeinden, sie ist dankbar für jede Veröffentlichung, sei sie auch mehr oder weniger sinnvoll. Und das wird leider oft genug auch schamlos ausgenutzt. Ich lasse noch einmal Rory Gallagher zu Wort kommen, der mit diesem Statement noch zu Lebzeiten seine Heimatverbundenheit demonstrierte und leider viel zu früh, am 14 Juni 1995, verstarb: »Meine Seele liegt in Irland, und dort möchte ich auch eines Tages begraben sein.« (Zitat aus dem "Play", einem kleinen Gratis-Musikheft, welches vor Jahren regelmäßig in einem Plattenladen in Jena ausgelegen hatte.)
Viel zu schnell und viel zu früh sollten diese Worte Wahrheit werden.
Line-up:
Rory Gallagher (vocals, guitar, harmonica) Gerry McAvoy (bass) Lou Martin (piano) Rod De'Ath (drums)
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