Es gibt gewisse Prädikate, die kleben auf Sachen im Supermarkt und versprechen Qualität: 'handgewebt', '100% Bio', 'von glücklichen Hühnern' oder 'zahnmedizinisch erprobt'. Und die kannst du alle in der Pfeife rauchen, verglichen mit Schriftzug Hartmann vorne drauf. Wenn Oliver Hartmann ein Album aufnimmt, dann ist es garantiert, dass musikalische Qualität drin steckt und dass Emotionen rüberkommen. Der geneigte Melodic Rock-Maniac bildet sein Produktvertrauen durch die Erfahrungswerte dreier Vorgängerscheiben. Aber auch als Bühnengast unter anderem bei Avantasia oder Rock Meets Classic oder Studiomitstreiter ( Hammerfall, Helloween, ...) hat man den Aschaffenburger längst schätzen gelernt. Vor allem seine Backing Vocals sind berüchtigt.
Was seine Alben unter dem Label Hartmann unverzichtbar macht: Hier gibt es auch den Lead-Sänger Oliver Hartmann! Und den Songwriter - alles ist vom 'Chef', bis auf zwei Stücke von Bassist Donderer und ein Cover. Mit gut eingespielter Band präsentiert Hartmann auf "Balance" neue Stücke in gewohnter Qualität. Los geht's: "All My Life" ist optimistische Energie mit im Megajoule-Bereich: Ein mitreißender Drive aus zwei Gitarren und tieftönigen Tom Toms, ganz atmosphärisch. Und dann diese Stimme, die man aus Hunderten heraus wieder erkennen würde, dieser Mix aus rauer Rockstimme und gleichzeitig sanfter Klangfarbe. Und die Melodien, die Hartmann herausshoutet sind selbstbewusst und - wenn auch oft nicht spektakulär - heilsam schön.
"Like A River" wechselt ins Mid Tempo, bleibt atmosphärisch und eingängig. Aber typisch Hartmann: Die ein oder andere harmonische Besonderheit steckt meistens drin ... eine kleine Zwischenstufe auf dem Weg zum erwartbaren nächsten Akkord, kleine Hinhörer hier und da. "You Are The One" verstärkt den Druck, eine Powerballade mit Platz für ein kleines Gitarrensolo. Hartmann rockt, die Drums knallen ordentlich und der Boss kommt gegen Ende mit ein paar beachtlichen Variationen im hochtonalen Bereich rüber. Der Track erinnert an Mr. Big, ebenso wie das enorm cool rockende "Dance On A Wire" mit einer leicht angebluesten Abwärtsbewegung im Chorus und noch einer Portion mehr Gitarrensolo.
Zu den Dynamikern zählen noch das durchaus tanzbare "Fool For You" und mit "Save Me" das härteste Stück des Albums. Da macht ein pumpender Hard Rock-Drive richtig Dampf, die Orgel sorgt für zusätzliches Knistern im musikalischen Spannungsfeld, und auf eine nachdenkliche Strophe folgt ein dichter und drängender Chorus. Dazu gibt es noch besonders präsenten Chorgesang. Hartmann hat hier mit Tiffany Kirkland eine klasse Stimme für sich gewinnen können - womöglich hatte er sich ihre Nummer bei gemeinsamen 'Rock Meets Classic' Auftritten notiert. Ein Hinhörer ist natürlich auch das Tears For Fears-Cover "Shout", mit unterkühltem Industrial-Drive und dem doppelten Oliver, einmal 'normal' und einmal mit irre hohen Backings.
Weitere Auffälligkeiten auf der Tracklist sind "Fall From Grace" mit seiner geheimnisvoll anmutenden Hookline in aufreizend langsamem Tempo und "After The Love Is Gone" - eine prachtvolle Powerballade im Foreigner-Stil von elegischer Schönheit. Richtig ruhig wird es beim magischen Dreivierteltakter "From A Star" (hat etwas von Ritchie Blackmore) und beim leider etwas langweiligen "Time To Face The Truth", der einzigen Schwachstelle des Albums. Mit "The Best Is Yet To Come" verabschiedet man sich aber sehr stark: ein ruhiger Song, der nach und nach an Kraft zunimmt - verträumt und sehnsuchtsvoll; etwas traurig, aber optimistisch und mit wunderschönen Wechseln in die Kopfstimme. Stark!
So beschreibt der Name des Albums "Balance" am Ende sicherlich nicht die Qualität des Inhalts, denn da überwiegt mehr als eindeutig die von Hartmann gewohnte Extraklasse. Aber "Balance" könnte sich auf die Ausgewogenheit von Wehmut und Zuversicht, von Gedankenversunkenheit und Kraft beziehen. Besonders stark klingt Oliver Hartmann nämlich dann, wenn er beides zusammen in ein und denselben Song steckt, und das gelingt ihm äußerst oft. An das grandiose Debüt Out In The Cold reicht es nicht ganz heran, aber "Balance" ist trotzdem ein 'typischer Hartmann' - wenn du down bist, baut es dich auf; und wenn es dir gut geht, lässt es dich jubeln.
Line-up:
Oliver Harmann (vocals, guitar)
Mario Reck (guitar)
Armin Donderer (bass)
Dario Ciccioni (drums)
Tracklist |
01:All My Life (3:56)
02:Live A River (4:06)
03:You Are The One (3:53)
04:Fool For You (4:07)
05:After The Love Is Gone (5:27)
06:Save Me (4:59)
07:Fall From Grace (5:09)
08:From A Star (4:54)
09:Dance On The Wire (4:25)
10:Shout (5:35)
11:Time To Face The Truth (3:11)
12:The Best Is Yet To Come (5:04)
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