Heaven & Hell
Live From Radio City Music Hall
Live From Radio City Music Hall Spielzeit: 115:21 (DVD), 59:47 (CD1), 56:21 (CD2)
Medium: DVD/Do-CD
Label: Rhino/SPV, 2007
Stil: Heavy Metal

Review vom 09.03.2008


Boris Theobald
Dieses DVD/2CD-Paket ist der prächtige Beweis dafür, dass gute, ehrliche und handgemachte Musik alle Modeerscheinungen und Trends überdauert. Rund ein viertel Jahrhundert (!) nach dem Black Sabbath-Live-Klassiker "Live Evil" haben genau die selben vier Metal-Legenden im März 2007 als Teil einer gigantischen Welt-Tournee in New York dieses Konzert aufgenommen:
Tony Iommi, Geezer Butler, Vinny Appice und Ronnie James Dio. Sie nennen sich Heaven & Hell, denn Black Sabbath gab es nach wie vor, mit Sänger Ozzy Osbourne. Ergo: Sie spielen nur Material von den drei Sabbath-Alben mit Dio ("Heaven And Hell" 1980, "Mob Rules" 1981, Dehumanizer 1992) und damit aus den kreativsten Phasen der Band.
Das Konzert in der altehrwürdigen Radio City Music Hall vor rund 6000 begeisterten Zuschauern ist von der ersten bis zur letzten der rund 115 Minuten schier göttlich. Die 'alten Herren' spielen ihre Klassiker tight und druckvoll wie nie zuvor, derart erfüllt von dieser Ehrfurcht erregenden Magie, dass man für einen Moment lang gar nicht mehr weiß, ob Black Sabbath den Heavy Metal vor mehreren Jahrzehnten oder gerade an diesem Abend erfunden haben.
Über die Songs muss man keinerlei Worte verlieren. Aber über ihre Darbietung, denn sie klangen nie zuvor so monumental, so düster, so überzeugend dramatisch. Dio, an jenem Abend über 60 Jahre alt, wirkt kraftvoll und unendlich charismatisch, hat nicht einmal die geringsten stimmlichen Probleme bei den schnellen Brechern wie "Mob Rules" oder "Neon Knights". Ja, er klingt wieder viel besser als auf "Holy Diver Live"! Dass da nicht viel nachbearbeitet wurde, weiß man als glücklicher Besucher der Tour in Deutschland.
Sein Gesang ist fast so druckvoll und dynamisch wie Jahrzehnte zuvor, hat kaum von seiner Aggressivität und diesem schaurigen Zauber eingebüßt. Die knappen zwei Stunden Konzert, der kleine Teil einer gigantischen Welttournee, sind für Dio keine Pflicht, sondern Kür. Sogar richtig screamen kann er noch, so zu hören am Anfang von "The Mob Rules", mit dem es dann nach den obligatorischen Synthesizern namens E5150 und den bedrohlichen Breitwand-Gitarren des Openers "After All (The Dead)" in temporeichre Gefilde geht. Und auch fast alle Songs, die da noch kommen, sind Klassiker. Man greift ausschließlich auf die Sabbath-Alben mit Dio zurück, außer "Heaven And Hell" noch "Mob Rules" (1981) und das allgemein unterschätzte "Dehumanizer" (1992).
Die 2006 neu aufgenommenen "The Devil Cried" und "Shadow Of The Wind" passen ohne Wenn und Aber dazu - diese Riffs können nur von Tony Iommi stammen, egal in welchem Jahrzehnt. Nicht nur die neuen, qualitativ überraschend hochklassigen Stücke machen das Konzert zum Pflichtkauf für Fans. Auch die ganzen alten Songs erhalten durch den druckvollen Sound eine Frischzellenkur. Obwohl man sie kennt, ist es immer wieder beeindruckend zu hören, wie unterschiedlich sie alle klingen, von temporeichen Nummern wie "Neon Knights" über klassischen Rock à la "Lady Evil" und Mid-Tempo-Dampfwalzen wie "I" bis hin zu den epischen Gänsehaut-Songs wie "Children Of The Sea" oder "Sign Of The Southern Cross".
Die Kulisse wird den schaurigen Atmosphären eben dieser absolut gerecht - eine Schlossruine bildet die Bühne für die vier lebenden Legenden. In Form von drei großen Kirchenfenstern werden Effekte projiziert. Der Höhepunkt der Show ist selbstverständlich das auf 15 Minuten gedehnte Epos "Heaven and Hell" einschließlich großer Effekte, wenn aufschießende Nebelschwaden von rotem Licht angestrahlt werden und Dio zugleich vom Höllenfeuer singt.
Man spürt deutlich, mit welcher Motivation und mit welcher positiven Energie die vier Legenden hier antreten. Dio ist wie gewohnt unendlich sympathisch und bedankt sich ehrlich und freundlich beim Publikum: »Thank you for all the years we spent together - and didn't spend together«. Ja sogar Iommi erwischten die Kameras, als er lachte und Zähne zeigte - bei 41 Minuten und 49 Sekunden, wer's erleben will! Als symbolisch könnte man es ansehen, dass vier Musiker mit zusammen rund 230 gelebten Erdenjahren auf der Bühne stehen und kein einziges graues Haar haben. Die Haarfarben dürften echt sein, es sei denn Iommi und Butler färben auch ihre Barthaare...
In den 30 Minuten Bonusmaterial geht es u.a. um Idee und Umsetzung des Bühnenbilds, die Geschichte der berühmten Radio City Music Hall oder um die Tour aus Sicht der Fans. Als großer solcher outet sich auch Scott Warren, der als Keyboarder hinter der Bühne bleiben muss; Keyboards gehören eben nicht zum klassischen Bild einer Metalband.
Interessant auch der Beitrag von Iommis Guitar-Tech, der erzählt, wie sein Arbeitgeber seinerzeit als Fabrikarbeiter bei einem Arbeitsunfall an einer Metallpresse zwei Fingerkuppen verlor und wie er sich trotzdem als großartiger Gitarrist durchbiss: »He didn't realize how quickly he was supposed to let go of the metal, and he kept his hands on it too long«. Ein symbolischer Satz für einen Schwermetaller mit knapp 60? Nicht in diesem Fall, denn Iommi zeigt wie seine Kollegen kein Zeichen von Schwäche - im Gegenteil!
Natürlich plaudern die Musiker auch aus dem Nähkästchen - aus Sabbath-Tagen und amüsanten Fehlzündungen großer Pyro-Effekte, und von der Heaven & Hell-Zeit und warum es überhaupt zur Reunion gekommen ist. Wer es bei der völlig zeitlosen, fesselnden Bühnenshow noch nicht gemerkt hat, dem wird nun klar: Diese Musiker hatten sich nichts zu beweisen. Sie mussten nicht - sie wollten!
Das Gesamtpaket enthält neben der DVD die beiden je knapp einstündigen CDs, einen Backstage-Pass, ein Heaven & Hell-Poster und vier fast-DinA5-große Karten mit je einem Schnappschuss eines der vier Hauptdarsteller. Nur ein echtes Booklet fehlt, das kann man aber verschmerzen.
Heaven & Hell in der Radio City Music Hall anno 2007 - das ist Klassische Musik vom Feinsten. Geht nicht besser, ging nie besser. Und nicht vergessen: »The world is full of kings and queens, who blind your eyes and steal your dreams - it's Heaven and Hell!!«
Line-up:
Ronnie James Dio (vocals)
Tony Iommi (guitar)
Geezer Butler (bass)
Vinny Appice (drums)
Scott Warren (keyboards)
Tracklist
DVD:
01:E5150/After All
02:The Mob Rules
03:Children Of The Sea
04:Lady Evil
05:I
06:The Sign Of The Southern Cross
07:Voodoo
08:The Devil Cried
09:Computer God
10:Falling Off The Edge Of The World
11:Shadow Of The Wind
12:Die Young
13:Heaven And Hell
14:Lonely Is The Word
15:Neon Knights

Bonus:
01:Heaven And Hell Road Movie
02:Hail The Gods Of Metal
03:Meet the Mob
04:Radio City
CD 1:
01: E5150/After All
02:The Mob Rules
03:Children Of The Sea
04:Lady Evil
05:I
06:The Sign Of The Southern Cross
07:Voodoo
08:The Devil Cried
CD 2:
01:Computer God
02:Falling Off The Edge Of The World
03:Shadow Of The Wind
04:Die Young
05:Heaven And Hell
06:Lonely Is The Word
07:Neon Knights
 
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