Was im Jahr 2010 eigentlich nur als Projekt geplant war, um neue Songs für Ten Years After zu schreiben und live auszuprobieren, entwickelt sich so langsam zu einer festen Einrichtung für Joe Gooch und Leo Lyons. Mit Drummer Damon Sawyer, der bei der Einspielung des Debütalbums The World Won't Stop noch nicht hinter der Schießbude saß, scheint jetzt auch der richtige Mann an den Fellen gefunden zu sein. Das ist schon auf der Live-DVD "Live From The Rockhal, Luxembourg" zu sehen. Auch wir von RockTimes konnten uns im letzten Jahr schon zweimal von den Fähigkeiten von Hundred Seventy Split auf der Bühne überzeugen, und dabei konnte der Dreier durchaus überzeugen. So passte es wunderbar, dass die Band jetzt auf ihrer dritten Club-Tour durch unsere Republik nun endlich auch in der Bluesgarage auflief. Gar keine Frage, dass wir in unserem 'Wohnzimmer' unbedingt dabei sein mussten.
Für mich war der erste Longplayer schon fast eine Offenbarung, wenn auch erst nach mehrmaligem Anhören, denn es fehlt ein absoluter Ohrwurm, der sich sofort in den Lauschern festsetzt. Doch vertieft man sich erstmal in das großartige Gitarrenspiel des aktuellen Ten Years After-Frontmannes, dann wird schnell klar, was für tolle Songs sich auf dieser CD befinden, zumal er sich mit dem Bassisten Leo Lyons und seinen starken Läufen auf den dicken Saiten nahezu blind versteht. Und das bringen die Zwei auch auf der Bühne perfekt rüber, wie ich an diesem Abend in Isernhagen feststellen konnte. Dieses Power-Trio ergänzt sich einfach perfekt, und über ihre Fähigkeiten an den Instrumenten brauche ich nun wirklich kein Wort mehr verlieren.
Was sofort wieder auffiel, war die freundliche Art der Musiker, mit denen sie mit dem Publikum umgehen. Ich hatte schon mehrfach die Gelegenheit mit Leo Lyons zu kommunizieren und war jedes Mal begeistert von seiner netten Behandlung. Dieser Mann ist wirklich absolut nicht abgehoben und ist total auf dem Teppich geblieben. Immerhin ist er eine lebende 'Woodstock'-Legende' und hat in Sachen Rockmusik schon echt Großes geleistet. Trotzdem hat er immer ein offenes Ohr für seine Fans und ist stets für einen Smalltalk zu haben. Genau wie die beiden anderen Bandmitstreiter. So erlebten wir einen zweistündigen Gig, der geprägt war von einer überaus freundlichen Atmosphäre zwischen Freunden von gutem Rock'n'Roll sowohl vor als auch auf der Bühne.
In dem zweiteiligen Set, das, wie von Vornherein klar war, gänzlich ohne Ten Years After-Songs auskam, stand natürlich das Debütalbum im Mittelpunkt. Nahtlos gab es die Songs wie "No Deal", "The Smoke", "Bad Blood" und natürlich den Titelsong "The World Won't Stop" auf die Ohren, wobei der Sound von Hundred Seventy Split noch einen Deut härter war, als auf den Studioaufnahmen. Dabei war es das reine Vergnügen, Leo Lyons an den dicken Saiten wirbeln zu sehen. Nach wie vor pulsiert sein ganzer Körper zu den pumpenden Bassläufen und so überträgt er eine unglaubliche Energie auf seine beiden Mitstreiter, wovon besonders Damon Sawyer profitiert, der durch sein präzises und hartes Schlagzeugspiel den Druck der Songs auf das größtmöglichste Maß bringt. Klasse Vorstellung!
So konnte sich Frontmann Joe Gooch in aller Ruhe auf seine Solo-Arbeit auf dem Sechssaiter konzentrieren, was er auch in aller Ausführlichkeit tat. Es ist einfach toll, diesem großartigen Gitarristen, der in seiner Stammformation immerhin einen Alvin Lee vergessen macht, aus allernächster Nähe so richtig auf die Finger zu schauen. Am beeindruckendsten ist dabei das hohe Tempo, das der Flitzefinger an den Tag legen kann, ohne die Präzision zu verlieren. Aber auch die ruhigeren Parts beherrscht er perfekt und kann sich traumwandlerisch in jeden Song hinein versetzen. Und das alles ohne jegliche übertriebenen Showeinlagen. Ein Joe Gooch ist immer hoch konzentriert bei seiner Musik, und dennoch wirkt seine Arbeit spielerisch leicht und ungezwungen. Auch gesangstechnisch war er prima drauf, sodass die Titel, auch durch einen sehr guten Sound, perfekt rüber gebracht wurden.
Die Highlights an diesem Abend waren für mich das langsamere und sehr gefühlvoll gespielte "Where The Blues Began", das tolle "Going Home" (nicht zu verwechseln mit der Ten Years After-Hymne "I'm Going Home"), sowie das herrlich intensive "Poison", bei dem Paukenschlegel zum Einsatz kamen. Ganz stark dieser ruhige Beginn mit einem wunderschönen Gitarrensolo, die fast psychedelische Rhythmusarbeit und dann die 'Explosion' zu einer überaus heftigen Attacke am Sechssaiter. Kurz danach war wieder Ruhe und das Grundthema wurde wieder aufgenommen, als wäre nichts geschehen. Dieser Song besticht durch seine Vielseitigkeit bei den Tempowechseln und war so DER Höhepunkt des Abends.
Doch es gab auch einige ganz neue Songs von Hundred Seventy Split zu hören, denn das zweite Studio-Album ist inzwischen in Arbeit, auf das man schon sehr gespannt sein darf. Mal sehen, wann es mit der Veröffentlichung soweit sein wird, denn zunächst werden Gooch und Lyons im November erstmal wieder mit ihrer Stammformation unterwegs sein, doch inzwischen haben sie Blut geleckt, nach diesen kleinen und intimen Club-Konzerten. Und dazu ist ihre Zweitband geradezu prädestiniert und wird uns noch sehr viel Freude bereiten.
Ach ja, fast hätte ich die zweite Zugabe vergessen, die ich aber unbedingt noch erwähnen muss, denn hier kam dann doch noch eine Coverversion zum Einsatz. Mit dem ZZ Top-Klassiker "La Grange" wurden die tanzwütigen Mädels im Saal vor die Bühne geholt. Diese Version stand dem Original in nichts nach. Also wenn Billy Gibbons mal auf seinen Bart treten und sich dabei verletzen sollte - hier steht ein mehr als passender Ersatz zur Verfügung!
Line-up:
Joe Gooch (guitar, vocals)
Leo Lyons (bass)
Damon Sawyer (drums)
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