John Hiatt / The Open Road
The Open Road Spielzeit: 48:01
Medium: CD
Label: New West Records/Blue Rose Records, 2010
Stil: Rock

Review vom 22.03.2010


Norbert Neugebauer
Bereits bei den letzten Alben Master of Disaster und Same Old Man konstatierten wir dem alten Haudegen eine deutlich positive Grundstimmung. Keine Bitterkeit mehr, keine Probleme mit wem oder was auch immer, keine düsteren Gedanken. Der Mann scheint endlich Ruhe zu finden und dazu die Unbeschwertheit, sein Leben genießen zu können. Gut so, die Dämonen haben ihm lang genug zugesetzt. Lediglich das wiederum in dunklen Erdfarben gehaltene Cover mit dem Baumskelett und dem sich abwendenden Hiatt erinnert an die schlechten Tage von früher.
Neulich war John Hiatt zusammen mit Lyle Lovett auch mal wieder zu Gast im alten Europa. Ihre Tour durch mehrere Großstädte führte jedoch schnurstracks an Deutschland vorbei. Kein schöner Zug, die Herren!
"The Open Road" hat Hiatt daheim aufgenommen und selbst produziert, im eigenen Garagen-Studio, wie man lesen kann. Eingespielt wurde es mit der aktuellen Tourband, bei der wir Patrick O'Hearn am Bass und Kenneth Blevins am Schlagzeug bereits vom Vorgänger kennen. Neu dabei ist Gitarrist Doug Lancio, der zur soliden Saitenarbeit Hiatts die Glanzlichter setzt. Ein weiteres Ass aus dem Musikerpool von Nashville, das schon bei diversen Größen aus dem Alternative Country für Produkt-Veredelung gesorgt hat. Also eine klassische Rock'n'Roll-Besetzung ohne weitere Gäste; selbst Tochter Lilly blieb diesmal außen vor. Und genau so klingt das auch, schnörkellos, rau und nach echtem Mann. Straightness ersetzt hier locker die früher aufwändigere Studioarbeit, die natürlich zu einem perfekteren, wuchtigeren Sound geführt hatte.
Deswegen erscheint "Open Road" vielleicht anfänglich auch etwas unspektakulär. Aber mit jeder Hörrunde mehr wird deutlich, was der 57-Jährige erneut für starke Songs hier vorlegt, die auch unter einem etwas weniger satten Sound ihre Power entfalten. Wie bereits bei "Same Old Man" gibt es keine Ausfälle, im Gegenteil, jeder der elf selbstgeschriebenen Tracks hat absolute Klassiker- und Ohrwurm-Qualität. Hiatts Stimme ist nicht mehr ganz so schneidend wie früher, aber noch kraftvoll genug, um jeden krummen Nagel in die Wand zu bellen. Und nach dem eher 'ländlichen' Vorgänger von 2008 rockt das neue Teil auch härter und 'elektrischer'. Roots Music mit Biss und einer ordentlichen Portion Augenzwinkern.
Das Songbook der Unterwegs-Stories wird vom Titeltrack eröffnet, der kraftvoll mit einer verzerrten Leadgitarre rockt. "Haulin'" ist die R'n'R-Zeitmaschine in die wilden Fünfziger und "Go Down Swingin'" könnte auch von Tom Petty und seinen Heartbreakern stammen. Als slowbluesiger Shuffle mit Slide (und deutlicher "Love In Vain"-Reminiszenz) kommt "Like A Freight Train" daher. Auch auf dem straighten Rocker "My Baby" bügelt Doug Lancio die Saiten mit der Metallhülse.
"Homeland" erzählt Hiatts "Ghostrider"-Version und wer ihn kennt, kann sich denken, wie bei ihm das "Wonder Of Love" endet. Gleich drauf markiert er den Liebesschuft mit "What Kind Of Man". Auch "Movin' On" ist so eine zweifelhafte Bad Boy-Legende, die mit viel Schmelz vorgetragen wird. Natürlich darf auf dem "Open Road"-Album keinesfalls die obligatorische 'American Car'-Nummer fehlen: "Fireball Roberts" heißt sie diesmal, das alte Vehikel schleicht jedoch nur noch so dahin. Die Geschichte hat ein Happy End, wie sich das für eine Ami-Schnulze gehört. Der alte Roadrunner kehrt, jaulend vor Freunde, zu seinem 'Honey' zurück: "Carry You Back Home". Die Sonne geht blutrot hinter dem 'Tanning And Barbecue' unter, der Abspann läuft und der Held ist eingeschnarcht.

Aus dem Hause Neugebauer: Die dicke EMPFEHLUNG!
Tracklist
01:The Open Road
02:Haulin'
03:Go Down Swingin'
04:Like A Freight Train
05:My Baby
06:Homeland
07:Wonder Of Love
08:What Kind Of Man
09:Movin' On
10:Fireball Roberts
11:Carry You Back Home
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