Klaus Hess: Wie weit wollen sie denn alle noch sinken?
Klaus Hess
Klaus Hess ist ein Mann, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält und speziell seine ehemaligen Band-Kollegen kommen bei dem folgenden Resümee alles andere als gut weg. Aber lest selbst!



Artikel vom 25.08.2009


Markus Kerren
Klaus Hess hatte im Jahr 1970 zusammen mit Peter Panka, Charly Maucher und
Werner Nadolny die Band Jane gegründet, die in den nächsten zehn Jahren zumindest in Deutschland und der Schweiz Musik-Geschichte schreiben sollte, und die Musik der Band entscheidend (mit-) geprägt. Nach dem Jane-Album "Germania" (1982) und einem Solo-Album (Sternentanz, 1983) blieb es zunächst einmal still um den Niedersachsen, bevor ca. zehn Jahre später ein komplett elektronisches Album ("Technodrome") erschien und folgend seine eigene Formation Klaus Hess' Mother Jane gegründet wurde. Im Interview mit RockTimes klärt er ein paar Unrichtigkeiten bezüglich des CD-Reviews, berichtet allgemein über die Entstehung des brandneuen Albums In Dreams, erzählt über Gitarristen, die er mag und nicht mag, seine Englisch-Kenntnisse und vieles mehr.
RockTimes: Hallo Klaus, schönen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Und Glückwunsch zu deinem ersten Jane-Studio-Album seit 27 Jahren.
Klaus Hess: Hallo Markus, lange habe ich überlegt, ob ich die Wahrheit berichten, oder das rüberbringen soll, was die Fans gerne hören wollen. Ich habe mich für die schockierende Wahrheit entschieden.
RockTimes: Okay, mir gefällt "In Dreams" super und ich finde das Album sehr gelungen, da es nicht nur über starke Songs verfügt, sondern ich bei jedem Hördurchlauf immer wieder neue Einzelheiten entdecke und Feinheiten erkenne. Wie war die Herangehensweise bei diesem Album?
Klaus Hess: Als Jens Betjemann krankheitsbedingt ausfiel und wir somit Pause hatten, nahm ich meine Recording-Maschine mit nach Hause und begann das vorhandene Material zu bearbeiten und zu ergänzen.
RockTimes: Über welchen Zeitraum hat sich der Aufnahmeprozess hingezogen und habt ihr sozusagen 'durchgearbeitet', oder gab es auch Pausen?
Klaus Hess: Nach einem Jahr waren wir kurz vor dem Abschluss, da trat eine Zwangspause ein, die Maschine zerstörte ein Drittel des Materials und musste in Reparatur. Danach waren einige Songs ganz weg, andere nur noch teilweise vorhanden, so mussten wir noch mal drei Monate dranhängen. "Queen Of Heart" konnte somit nur noch als Roh-Mix auf die CD. "Lonely" und "In Dreams" habe ich alleine neu dazu ergänzen müssen. "Extra" habe ich teilergänzt.
RockTimes: Ab Mitte der Siebziger bis hin zu "Germania" hattest du ja auch viele Stücke selbst gesungen, auf "In Dreams" hingegen hast du nur bei einem Track die Lead Vocals übernommen. Warum?
Klaus Hess: Auf "In Dreams" habe ich bei drei Stücken Lead Vocals gesungen ("The Mirror", "Live" und "Lonely"). Da ich leider schon immer Kettenraucher bin, geht mir schnell die Puste aus. Dafür weiß ich aber genau, welche Feuerzeuge wirklich gut sind!! - kleiner Scherz.
RockTimes: Ich habe dein Gitarrenspiel in den vergangenen Jahren sehr vermisst. Dein Stil ist sehr melodisch, atmosphärisch, mit wahnsinnig viel Feeling ausgestattet und dazu absolut einzigartig. Welche anderen Gitarristen haben dich am meisten beeinflusst und was magst du an ihnen?
Klaus Hess: Ich mag alle Gitarristen, die sich ans Mikro stellen und ihre Lieder singen und spielen. Hendrix, Bush, B.B. King und viele mehr. Leichter wäre es für mich zu sagen, welche Gitarristen ich nicht mag. Das sind alle diejenigen, die sich Jane-Gitarristen nennen und so tun, als hätten sie etwas mit meinem Lebenswerk zu tun.
RockTimes: Mit Jens Betjemann und 'Hachi' Hachmeister von Terry Hoax sind auch zwei Gäste auf "In Dreams" vertreten. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Klaus Hess: Jens Betjemann spielt schon länger bei Mother Jane und hat nie bei Terry Hoax gespielt. Da wir uns den Übungsraum mit Terry Hoax teilen, waren auch Tracks mit 'Hachi' dabei. Mit Jens stand leider nur für zwei Tracks ("Liar" & "The last Goodbye") zur Verfügung.
RockTimes: Ist die Szene in Hannover eigentlich immer noch so groß und verfügt über denselben Zusammenhalt wie damals in den Siebzigern?
Klaus Hess: Die Hannover-Szene ist immer noch groß, immer noch neidisch und missgünstig, wie schon in den Siebzigern, jedenfalls was mich betrifft. Die Meisten sind diebische Trittbrettfahrer.
RockTimes: Wer war damals bei Jane eigentlich für die Texte verantwortlich?
Klaus Hess: Für die Texte von damals bin ich verantwortlich. Ich gebe zu, mein Englisch ist nicht so gut. Es ist aber auch nicht so leicht: I'm a German. Oscar Wilde hatte es da leichter.
RockTimes: Gibt es eigentlich noch unveröffentlichtes Songmaterial wie etwa Outtakes oder alternative Versionen aus dieser Zeit?
Klaus Hess: Outtakes gibt es nicht mehr, die haben Panka und Nadolny zerstört, als sie das 'Jane-Studio' zerstörten, um sich den Namen Jane anzueignen und mich am Fortkommen zu hindern.
RockTimes: Die häufigen Besetzungswechsel bei Jane werden meistens deinem damaligen Führungsstil zugeschrieben. Was sagst du selbst dazu, bzw. wo lag deiner Meinung nach der Grund für die häufigen Wechsel?
Klaus Hess: Besetzungswechsel ergaben sich daraus, dass die Leute sich selbst überschätzten und die Vereinbarungen missachteten und plötzlich ignorierten. Nadolny glaubte immer wieder, die Zauberformel Jane erkannt zu haben und alles für sich allein nutzen zu können. Er wollte immer selber gerne der Boss sein und als großartiger Komponist dastehen. So zwang er mich, meine Kompositionen mit den Namen aller Gruppenmitglieder zu verbinden. Die Alternative war die Auflösung der Gruppe. Da ich alle Verträge als Boss mit Haftung bei Nichterfüllung unterschrieben hatte, war ich gezwungen, mich auf solche Erpressungen einzulassen. Nadolny hatte zu meiner Zeit in Wirklichkeit keinen einzigen Ton komponiert. Nadolnys Mitwirken in der Gruppe bestand lediglich darin, den ständig alkoholisierten Panka mit dem Auto hin und her zu fahren. Ich war immer glücklich, wenn Nadolny freiwillig die Gruppe verließ. Seine eigenen musikalischen Versuche versanken stets in der Bedeutungslosigkeit. So schlich er sich dann immer wieder an den alkoholkranken Panka an. Ich war machtlos dagegen. Anderes Beispiel: Die Gruppe brauchte PA und Licht. Ich handelte mit dem Plattenboss eine hohe Summe aus und versprach ihm in die Hand, das Geld ausschließlich auch dafür zu verwenden. Es war zwei Wochen vor einer Schweiz-Tour. Als ich der Gruppe die freudige Mitteilung machte, verlangten (Charly, Anm. d. Verf.) Maucher und (Wolfgang, Anm. d. Red.) Krantz (sie hatten sich abgesprochen) ihren Anteil an dem Geld für private Zwecke, sonst würden sie aussteigen und ich könnte sehen, wie ich die Schweiz-Tour ohne sie mache. Ich ließ sie gehen und holte Martin Hesse in die Gruppe. Alle Versuche der ausgeschiedenen Gruppenmitglieder führten zu wenig Erfolg. Die Gruppe Jane jedoch wurde unter meiner Führung immer erfolgreicher.
RockTimes: Hast du die Alben nach deinem Ausstieg weiterhin verfolgt und wie gefallen sie dir?
Klaus Hess: Ich möchte hier einmal klar stellen, dass ich nie aus der Gruppe Jane ausgestiegen bin. Ich hatte die Gruppe gegründet, um meine musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen und habe immer weiter daran gearbeitet. Panka und Nadolny sind ausgestiegen und haben als Gruppe Lady weitergemacht. Als Ihnen ihre Erfolglosigkeit offenbar wurde, griffen sie sich den Namen Jane und beraubten mich meiner Existenz-Grundlage. Als sie mir dann auch noch per Gericht verbieten wollten, meine Gruppe Jane und mich Jane-Gitarrist zu nennen, erhielten sie eine schroffe Niederlage. Dies ist alles aktenkundig. Ihre Alben sollten darum auch besser unter dem Namen Lady erscheinen. Sie haben den Namen Jane nicht verdient. Da ich Nadolnys und Pankas Drumgespiele von null an gefördert hatte, sie ja meine Lieder als Erstes auf ihren Instrumenten gespielt haben, brauche ich auch ihre Alben nicht hören. Ich weiß genau, wen ich vor mir habe und was dahinter steckt. Nämlich Diebesgut, verdeckt mit einem sauberen Mantel, getarnt, um den Fans vorzugaukeln, es handele sich hierbei um die Gruppe Jane.
RockTimes: Hat es dich sehr getroffen, dass du nicht eingeladen wurdest bei dem großen
Tribute To Peter Panka-Konzert im Hannoveraner Capitol mitzuwirken?
Klaus Hess: "Tribute to Panka" ist bei mir wirklich kein Thema. Ich finde es geschmacklos, auch noch das Letzte aus dem Diebesgut herauszuquetschen. Das war das Treffen talentloser Trittbrettfahrer. Und wie schäbig, sie singen alle auch noch meine Lieder.
RockTimes: Auf der Website von Werner Nadolny wurde berichtet, dass angedacht ist, wieder ein gemeinsames Konzert zu spielen, was für alle Jane-Fans natürlich einen Traum in Erfüllung gehen lassen würde. Wie ist da der Stand der Dinge und könnte sich daraus eventuell sogar mehr entwickeln?
Klaus Hess: Wie ich gehört habe, kann Nadolny gar nicht mehr spielen, noch nicht einmal mehr falsch, wie früher immer. Damit erübrigt sich die Frage wohl?
RockTimes: Was hältst du eigentlich davon, dass es zur Zeit drei Jane-Formationen gibt?
Klaus Hess: Klaus Walz schreibt seinen Namen unter meine Bilder. Wie weit wollen sie alle noch sinken? Jeder, der bei Jane einmal einen Koffer getragen hat, nennt sich Jane. Was soll ich wohl davon halten?
RockTimes: Noch für dieses Jahr ist ein knappes Dutzend Konzerte geplant. Werden diese in der Trio-Besetzung mit Kai Schiering und Lucas Quentin stattfinden, oder wirst du einen Keyboarder dabei haben?
Klaus Hess: Wir werden alte und neue Stücke mit zwei Gitarren spielen (Betjemann). Das hat schon in der Vergangenheit gut geklungen und gibt den alten Stücken (auch "Windows" z.B.) einen ganz besonders schönen Zauber.
RockTimes: Mit Kai Schiering spielst du ja bereits seit mehr als zehn Jahren zusammen. Wann kam Lucas Quentin zur Band?
Klaus Hess: Lucas ist der Nachbar von Betjemann. Er ist jung, groß, kräftig und musikalisch. Er wollte mit uns spielen und wir gaben ihm die Chance.
RockTimes: Wie sehen die weiteren Pläne nach den Konzerten aus?
Klaus Hess: Wir werden uns in dieser Besetzung erstmal live gut einspielen, und dann das ganze Programm im Studio für die nächste CD aufnehmen.
RockTimes: Wenn du heute auf deine Karriere in den Siebzigern zurückschaust und könntest alles noch einmal tun, würdest du etwas anders machen?
Klaus Hess: Anders machen würde ich Folgendes: Ich würde auf keinen Fall mit so kriminellen Typen wie mit Panka und Nadolny etwas anfangen. Ihnen gleich aus dem Wege gehen wäre mir besser bekommen.
RockTimes: Welches ist dein persönliches Lieblings-Studio-Album aus deiner Zeit mit Peter Panka und gibt es ein Album oder einen Song, den du heute nicht mehr ganz so gelungen findest?
Klaus Hess: "Jane III" gefällt mir ganz gut. Aber jeder Song und jedes Album hat seine Berechtigung, weil es die Musik war, die man zu der Zeit gerade machen wollte.
RockTimes: Welche Musik bzw. Bands hört Klaus Hess heutzutage am liebsten?
Klaus Hess: Die Musik, die ich am liebsten höre, ist die, die ich in meinen Träumen höre. Andere Bands finde ich auch manchmal gut.
RockTimes: Klaus, wir bedanken uns für dieses Interview und wünschen auch weiterhin viel Erfolg für die Zukunft!!
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