Mein Ziel ist, die klassische Rockmusik wieder in die deutschen Köpfe zu spielen.
Jimmy Gee Durch meine Redaktionstätigkeit kann es schon mal passieren, dass ich außergewöhnlichen Musikern begegne. Im Fall vom Wahlberliner Jimmy Gee hat sich zwischen ihm und mir in den letzten Jahren nicht nur eine intensive Laufgemeinschaft entwickelt, ich habe auch seinen musikalischen Werdegang von Anfang an verfolgt. Selten habe ich so einen begnadeten, autodidaktischen Gitarrenspieler erlebt, der sich vor keiner namenhaften Größe verstecken muss. Die angehängten Fotos unterstreichen die Tatsache, dass wir Beide den selben Humor besitzen und so, bei aller Ernsthaftgkeit des Frage- und Antwortspiels, der Spaß nicht zu kurz kam. So wie es scheint, steht er unmittelbar vor dem Durchbruch seiner Karriere. Für mich Grund genug, um Jimmy ausgiebig auf den Zahn zu fühlen.

Fotos: Norbert Lipka


Interview vom 04.11.2013


Mike Kempf
Rocktimes: Hallo Jimmy, schön dass Du Dir die Zeit genommen hast, um unserem Magazin für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Wie geht es Dir, was machen Deine Knochen nach unserem letzten gemeinsamen Trainingslauf?
Jimmy: RockTimes ist das beste Onlinemagazin der Welt (lacht) - bezieht sich auf folgenden Clip. Ja, vielen Dank lieber RockTimes -Mitarbeiter, Dein Gesicht kommt mir durchaus bekannt vor, aber an Deinen Namen kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern. Wenn Du mich schon fragst, muss ich mir die Zeit ja nehmen, ich hoffe es dauert nicht all zu lange hier, nicht dass die Mädels in meinem Schlafzimmer vereinsamen. Mir geht es durchaus gut nach diesem Trainingslauf, habe ja einen guten Trainer (Diese Antwort fällt ihm augenzwinkernd sichtlich schwer).
Jimmy Gee und Mike Rocktimes: Du weißt meinen Namen nicht (lache)? Dabei hast Du mich bei unserem ersten Film-Interview 'Specknacken' genannt. Kannst Du bei der Gelegenheit gleich mal richtig stellen, dass wir den Clip ohne vorheriges Proben oder Absprachen gedreht haben? Doch bevor es nun so ausartet, so wie einige Male bei unseren wöchentlichen Treffen, bei dem wir vor Lachen kaum noch an uns halten können, kannst Du Dich an dem Tag erinnern, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind?
Jimmy: Ach so, jetzt schimmert es so langsam. Bist auch selbst schuld, wenn Du bei mir um 5:30 Uhr morgens anbimmelst. Woher weißt Du eigentlich, wo ich wohne und woher hast Du meine Telefonnummer? (lacht) Zu Deiner Frage: Ja, das kann ich. Es war ein Tag, wie er so oft im Leben vorkommt. Bodennebel umhüllte die trostlose graue Erde, verzweifelt versuchen ein paar Strahlen Licht diese zu erreichen. Es war kalt und nass, der Wind verstärkte diesen ungemütlichen Effekt. Gut, es kann auch sein, dass an dem Tag die Sonne schien und es schön war. Aber es war bei Alex-TV und Du standest da so rum und Dir ist aufgefallen, dass meine Gitarre sieben Saiten hatte. Ich habe mir gedacht; der Mann kann zählen...wow (lacht)! Liebe Leser, es stimmt wirklich, wir haben den Clip von null auf hundert gedreht. Ich denke, ich habe Dich ganz schön ins Schwitzen gebracht (schmunzelt).
Rocktimes: (lache) Dann ist Dir vielleicht auch aufgefallen, dass ich fast der Einzige war, dem Dein außergewöhnliches Gitarrenspiel auffiel? Und dass ich es war, der sich mit Dir anschließend eine Stunde unterhielt. Da beobachtete uns sogar Dein Manager Thorsten Krieger mit Argusaugen. Ach, es ist übrigens nicht 5:30 Uhr, sondern 17:30 Uhr.
Jimmy: Oje, erinnere mich bitte nicht an diesen Mann. Der hat mich menschlich so enttäuscht, dass ich den Namen lieber ganz und gar vergessen möchte. Kurze Zeit später habe ich mich von ihm getrennt und unsere Wege haben sich nie wieder gekreuzt. Aber ehrlich, an diesem Tag, unseren ersten Treffens, da ging meine Karriere erst richtig los. Und es ist wahrhaft nicht einfach, sich einen Weg zu suchen. Gerade wenn Du aus allen Ecken was anderes hörst. Aber dadurch habe ich gelernt, nur noch auf mein Inneres zu hören und mir nicht reinreden zu lassen. Aber Du hast mich echt aufgebaut an diesem Tag.
Rocktimes: Weil ich an diesem Tag im Alex-Studio, in dem sich auch Ron Spielman befand, den ich übrigens auch sehr schätze, wohl der einzige von der Presselandschaft war, der sofort Deine musikalischen Fähigkeiten erkannte. Aber lass uns mal von vorne Anfangen. Von Rostock nach Berlin… Warum?
Jimmy: Stimmt, Ron war auch da. Aber ich hatte keine Ahnung wer das ist. Er ist ein netter Typ! Na ja, wenn Du aus einem Dorf an der Ostsee kommst, sind die Chancen auf eine große Karriere relativ gering. Es gibt zwar auch eine Musikszene in Rostock, aber die ist sehr übersichtlich und ist nicht in meinem Style vertreten. Ich habe relativ früh gewusst was ich wollte, doch es gab nie genau die Mitmusiker die das Gleiche wollten. Also gab es zwei Möglichkeiten: Berlin oder Hamburg. In Hamburg regnet es immer, außerdem musste ich von der norddeutschen Mentalität weg. Der Norddeutsche ist mir einfach zu lahm, ich spiele zu schnell für die, das könnte sie glatt umbringen (lacht herzhaft). Eigentlich hätte mein Hirn anhand des Berliners Trubels auch schon platzen müssen, aber jetzt habe ich mich an die Berliner und dieses Chaos hier gewöhnt.
Rocktimes: Apropos Chaos: Ich war und bin immer noch schwer von der Schallgeschwindigkeit beeindruckt, mit der Du Deine Gitarren spielst. Zwar wirkt Dein Spiel meist sehr melodisch, aber wenn Du zu einem Solo attackierst, wirkt es manchmal chaotisch. Wie lange hast Du dafür geübt, um so schnell über die Saiten zu flitzen?
Jimmy: Ich habe gar nicht geübt! Es gibt viele Gitarristen, die viele Jahre üben und üben und kommen trotzdem nicht aus dem Knick. Aber bei mir war es eben ganz anders. Als ich eines Morgens durch einen Wald spazierte, kam ich an eine Art Sumpf. Ich fand diesen Anblick der Natur so schön, dass ich mich kurz hinsetzte und beobachtete wie sich der Morgennebel langsam lichtete. Und da geschah es: In mitten des Wassers leuchtete ein Licht und eine Wassernymphe stieg zur Oberfläche hinauf. Diese Tante gab mir ein Fläschchen mit einer grünlich leuchtenden Flüssigkeit, die ich dann trank. Ich lief darauf nach Hause und es flogen die Noten nur noch so durch Zeit und Raum. Glück gehabt dachte ich. Jut wa? Vastehste? (imitiert dabei Martin Semmelrogge)?
Rocktimes: (lache) Ja, sehr gut, denn diese Version kannte ich noch nicht. Aber im Ernst, obwohl Du selbst Schüler unterrichtest, hast Du selbst nie welchen erhalten, bist quasi Autodidakt. Im welchen Alter hast Du Deine erste Klampfe geschenkt bekommen?
Jimmy: Wenn ich sage, ich hätte gar keinen Unterricht gehabt, wäre das eine gemeine Lüge. Ich hatte in der Schule einige Monate einen Gitarrenkurs, da war ich dreizehn oder vierzehn und ich hatte drei Schlagzeugstunden mit achtzehn. Meine erste Gitarre hing bei uns im Flur und eines Tages nahm ich sie mir einfach. So 'ne Wandergitarre, Saitenlage etwa einen halben Meter hoch. Ich hatte tollen und sehr lehrreichen Unterricht bei George Harrison, Keith Richards, Jimi Hendrix,
Ritchie Blackmore, Eddie van Halen, und Yngwie Malmsteen. Die waren alle toll, die habe ich zwar nie selbst getroffen, aber sie haben mir alles gegeben. Danke Euch!! Das sind allesamt nur die Gitarristen. Bei Sängern und Drummern war es ähnlich. Du hast recht, ich unterrichte immer noch, und das sogar sehr gern. Aber ich lege mehr Wert auf Gefühl anstatt auf Theorie.
Jimmy Gee und Mike Rocktimes: Da sind ja einige dabei, die auch zu meinen Helden gehören. Auf Deiner Fanseite habe ich mitbekommen, dass solche Kommentare wie: »Spiel doch mal so wie
Joe Bonamassa«
gepostet wurden. Eine Bekannte von mir, die Dich neulich live gesehen hat, meinte zu mir: »An Bonamassa kommt er aber nicht heran«. Wie stehst Du solcher Kritik gegenüber?
Jimmy: (schmunzelt) So ein Feedback erhalte ich zwar eher selten, aber das ist schon in Ordnung. Ich habe mich nie mit Bonamassa und anderen Bluesern großartig auseinandergesetzt. Jeder hat aber auch seinen eigenen Geschmack und mich mit einem Bluesgitarristen zu vergleichen passt nicht wirklich. Dafür sagen aber sehr viele, dass ich viel besser aussehe, als Bonamassa (lacht).
Rocktimes: Da gebe ich Dir recht. Dich kann man weder optisch noch spielerisch mit Bonamassa vergleichen. Welche Art von Musik können die Fans bei Deinen Live-Auftritten erwarten?
Jimmy: Pure Rockmusik, ohne Wenn und Aber. Ich lege dabei großen Wert darauf, dass es live genauso gut oder sogar noch besser rüberkommt, als auf den Alben. Das kann man leider nicht von allen Bands sagen. Aber live ist nun mal das Geschäft und da ist eine gute Show sehr wichtig. Aber ich sage auch, wer etwas Intellektuelles erwartet wie etwa bei Steve Vai, der wird enttäuscht. Ich verzichte weitestgehend auf Instrumentalnummern, weil das das Publikum sehr einschränkt. Ich möchte mit meiner Musik auch auf die Leute eingehen und ansprechen, die nicht unbedingt reine Rock-Fans sind. Deshalb gibt es auch nur ein paar Themen über die ich in meinen Songs berichte: Liebe, Sex und Tod.
Rocktimes: Deine aktuelle Tonkonserve Rock Your Town hat mein Kollege Jochen rezensiert. Ich finde, er hat den Nagel voll auf den Kopf getroffen. Schreibst Du eigentlich alle Texte Deiner Songs selbst?
Jimmy: Oh ja, er hat es sehr gut geschrieben und richte Jochen auf diesem Weg meinen Dank aus! In der Tat schreibe ich alle Songs selbst, ich habe nie gelernt mit jemanden zusammen zu arbeiten. Obwohl ich als Kontrolle immer meine rechte Hand Eda (Keyboards & Rhythmusgitarre) rübergucken lasse.
Rocktimes: Für "Rock Your Town" hast Du nicht nur viel Energie aufgebracht, sondern bist auch finanziell richtig fett eingestiegen. Hängt es damit zusammen, dass die Platte in USA produziert wurde?
Jimmy: Oh ja, wir habe ne Menge Geld in die Hand genommen, um dieses Produkt in den Händen zu halten. Es war nicht einfach, das richtige Studio und den richtigen Mixer zu finden. Ich habe mehrere Produzenten auf der ganzen Welt angeschrieben, wollte aber unbedingt einen amerikanischen Sound haben. Ich bekam von allen namhaften Produzenten sofort ein 'Ja' als sie meine Demos hörten. Letztlich entschied mich für Dan Brodbeck, der die letzten Steelheart-Alben gemacht hat. Er hat die 80er-Musik modern klingen lassen. Das genau wollte ich, ohne dass der Sound zu fett wird und vor allem zu Deutsch klingt. Er hat dann in Kanada drei Wochen gemixt und es dann zum Mastern nach Ney York zu Alan Silverman geschickt. Der Mann hat einen Haufen Grammys gewonnen und ist der Masterer von z. B. Keith Richards. Aber produziert haben wir das Album selbst. Wir haben uns dazu ein Highend-Studio in Polen gemietet und das Album in fünf Tagen aufgenommen. Overdubs haben wir dann in Berlin gemacht. Ich bin sehr stolz auf den Sound, denn er klingt warm und ist nicht so laut und undynamisch wie bei vielen anderen deutschen Produktionen.
Rocktimes: Lass uns mal auf Deine Band eingehen. Soweit ich informiert bin, bist Du gerade dabei die Drummer-Postion neu zu besetzen. Welche Gründe liegen dafür vor?
Jimmy: Ja stimmt, ich bin mitten im Drummer-Casting. Es hat musikalisch und vom Image einfach nicht mehr so gepasst. Mein letzter Schlagzeuger ist sicher ein sehr guter Drummer, aber doch eher für andere Styles geeignet. Am Bass steht Ingo Siara, ein toller Typ, der mit seinem Tieftöner einen unglaublichen Groove erzeugt und bei den weiblichen Fans sehr beliebt ist. Ich muss schon verdammt gut aufpassen, dass er mir da nicht den Rang abläuft. Nun gut, noch bin ich ihm um Längen voraus (lacht herzhaft). An den Keys und der zweiten Gitarre ist mein guter Freund Eda Schilling aktiv. Ein sehr ruhig wirkender Zeitgenosse, der aber ein erstklassiges Musikverständnis mitbringt und immer perfekt sein will. Und singen kann er! Da werde sogar ich zum Fan. Beide sind ganz tolle Jungs und sind mir so richtig ans Herz gewachsen. Ich hoffe wir werden noch lange zusammen spielen.
Rocktimes: Sind die Beiden auch der Grund, weshalb Du mit der Band ins Studio bist, um gemeinsam "Rock Your Town" einzuspielen?
Jimmy: Nicht unbedingt, auch andere Musiker hätten es ganz gut hinbekommen. Ich wollte einfach mehr Lebendigkeit in der Musik haben. Und unterschiedliche Musiker ergeben immer ein ganz besonderes Feeling. Aber klar, wenn man mit Leuten zusammen spielt die man menschlich sehr schätzt, dann macht der Job einfach noch mehr Spaß. Wenn ich keine Band hätte, wäre ich ein Alleinunterhalter...aber 'ne Band bräuchte ich eigentlich nicht (lacht) (Anmerkung der Redaktion - siehe oberen Link vom YouTube-Inti).
Jimmy Gee und Mike Rocktimes: Jimmy, wie Du weißt, bin ich begeisterter Konzertgänger und habe so ziemlich alle gesehen die Rang und Namen haben.
Doch auch bei den sogenannten No-Name-Bands tummeln sich Musiker, die sich vor den 'Großen' nicht zu verstecken brauchen. Du gehörst übrigens auch dazu.
Wenn Du demnächst eine DVD veröffentlichen würdest, käme Dir auch der Gedanke Eric Clapton als Gastmusiker zu verpflichten, damit sich eventuell die Absatzzahlen erhöhen? Ich komme deshalb drauf, weil ich mir vor kurzem Performing This Week - Live At Ronnie Scott's und Live From The Albert Hall angeschaut habe und jedes Mal war Clapton mit einem Gastauftritt zu sehen.
Jimmy: Ich danke Dir. Schön, dass Dir meine Konzerte bisher gefallen haben. Eric Clapton? (vernehme leichtes Kopfschütteln) Um Gottes Willen, nein! Ich glaube jeder, der mich kennt weiß, wie sehr ich ihn NICHT mag. Ich finde, dieser Mann ist so was von überschätzt und ich frage mich auch, warum? Er wird immer bei den besten Gitarristen erwähnt. Warum? Da gehört er in meinen Augen nicht hin, genauso wenig wie Carlos Santana. Mir ist bewusst, dass ich mich mit der Aussage nicht bei jedem beliebt mache, aber ich stehe dazu. Davon abgesehen, finde ich es albern, so die Verkaufzahlen zu pimpen. Als ich den Ex-Yngwie Malmsteen-Sänger Göran Edman anheuerte, einen Song auf meinem Album zu singen, war das nur die Erfüllung eines meiner Jugendwünsche. Mich interessieren andere Musiker nicht wirklich, aber mit Jon Bon Jovi würde ich schon gern mal 'ne Runde jammen.
Rocktimes: Ich gebe zu, dass ich von Deiner Vorliebe bzgl. Bon Jovi schon weiß, kann mich aber nicht erinnern, jemals gesehen zu haben, dass er so übers Griffbrett fliegt, wie Du es bei Deinen Konzerten demonstrierst. Was ist es dann, was Dir an ihm so gefällt?
Jimmy: Man muss nicht übers Griffbrett jagen, um gut zu sein. Jon ist einfach für mich der beste Frontmann der Welt. Niemand sonst bringt diese Leistung auf der Bühne. Und einfach mal achtzehn Monate auf Tour...Respekt! Er ist großartig und schreibt tolle Songs. Und ist mit Richie Sambora zusammen unschlagbar.
Rocktimes: Ja gut, eine achtzehnmonatige Tour ist nicht schlecht, aber meine Helden von AC/DC waren gar zwei Jahre auf Tour (lache). Bei Deinen Konzerten spielst Du oftmals "TNT" als Zugabe. Wieso hast Du Dich für dieses Teil entschieden?
Jimmy: AC/DC ist ja auch ne coole Band, aber es fehlen mir die Balladen. Und jede große Band muss sich bei mir mit einer Ballade beweisen. Da ist Bon Jovi ganz weit vorn. Der Grund, weshalb wir "TNT" manchmal spielen ist ganz einfach: Das Ding kennt jeder und kann problemlos mitgrölt werden. Drei Buchstaben kann sich sogar das deutsche Publikum merken (lacht). Der Song ist aber cool und ich mag ihn. Aber wir spielen ihn ja auch im Jimmy Gee-Style.
Rocktimes: Ja gut, Deine Argumente leuchten mir ein. Als ich Dich neulich beim Rock am Hafen live sah, da fiel mir auf, dass Du einen Gitarrenbauer namens Matze gegrüßt hast. Erzähl mal: Wer ist er, wo kommt er her und was macht er. So weit ich mich erinnere stammt er aus Hennigsdorf, oder?
Jimmy: Ja, Matze ist ein total cooler Bursche. Ein ehemaliger Spitzenkoch, der jetzt Gitarren baut. Er kommt aus Neuruppin, wohnt und arbeitet aber seit ein paar Jahren in Hennigsdorf bei Berlin. Wir arbeiten seit Jahren eng zusammen und was dabei herauskommt, sieht man ja, zumindest wenn ich seine erbauten 'Gittis' spiele - sehr schöne Instrumente von MGH Custom Guitars. Ich lernte ihn durch Zufall kennen, weil ich mal eineinhalb Jahre in Hennigsdorf gewohnt habe. Ich hatte diese Idee, mir eine ganz besondere Gitarre, mit sieben Saiten und einen ganz langen Hörnchen, anfertigen zu lassen. Da lief ich mit meinem Entwurf, einer Zeichnung, zu ihm und all seine Mitarbeiter lachten über das komische Ding. Dann überarbeitete Matze das Teil noch ein wenig und so entstand letztlich meine Dragon-Jimmy-Signature-Gitarre. Mittlerweile habe ich die größte MGH-Gitarrensammlung (seine Augen funkeln voller Stolz)! Aber ich habe auch noch eine ganz besondere Gitarre in meinem Besitz. Es ist eine Gall-Gitarre. Der Gitarrenbauer Reinhard Gall baut Gitarren ohne Maschinen aus einem Stück Holz im Allgäu. Er rief mich nach einem Workshop an und fragte mich: »Willst Du 'ne Gitarre von mir spielen?« Ich war ganz baff: »Warum denn nicht?« Reinhard: »Du bist der beste Gitarrist, den ich je gesehen habe, und ich habe mit meinem Alter (60+) viele gesehen. «. Ein paar Tage später hatte ich eine zu Hause.
Rocktimes: Das klingt ja interessant: Vom Koch zum Gitarrenbauer. Wie viel muss man bei Matze ca. investieren, um eine anständige Gitarre zu bekommen? Und was mag erst eine Gall-Klampfe kosten, wenn sie ausschließlich von Hand aus einem Stück gebaut ist? Ist es die Perlmutweiße?
Jimmy: Ja, das ist auch total interessant. Und man spürt seine Hingabe und seine Leidenschaft die er vom Kochen ins Gitarrenbauen übernommen hat. Er sagt selbst, dass der Beruf durchaus ähnlich ist. Bei MGH bekommt man schon für knapp unter tausend Euro was richtig Tolles geboten. Man kann aber auch weit mehr Geld investieren, dementsprechend ist auch die Qualität. Dabei muss ich noch erwähnen, dass alles wirklich hier in Deutschland gebaut wird. Und ja, meine Gall-Gitarre ist die Weiße. Sie hat einen besonderen Vintagesound und man hört sie auf meinem ersten Album bei den Songs "Colder Than Ice", "Enjoy Your Life", "Can We Find A Way" und "Symphony Of Broken Hearts" oder auf meinem aktuellen Album beim Hiddentrack. Eine Gall-Gitarre kostet, glaube ich, so etwa dreitausend Euro.
Rocktimes: Jimmy, ich verfolge Deine Karriere von Anfang an und war bei zahlreichen Deiner Gigs dabei. Dabei habe ich Dich als sehr humorvollen, hilfsbereiten und sehr ehrlichen Menschen kennengelernt. Bei Deinen Konzerten habe ich schon einige Male Meinungen vernommen, dass Du recht arrogant wirkst. Kann es sein, dass Dein enormes Selbstvertrauen einen falschen Eindruck erweckt? Wie würdest Du Dich selbst charakterisieren?
Jimmy: Danke schön! Ja, ich denke es ist immer ein Problem, wenn eine Persönlichkeit mit großem Selbstbewusstsein auftritt, dann kommt es oftmals sehr arrogant rüber. Aber das ist für mich kein Problem, ganz im Gegenteil: Arroganz macht total interessant. Wenn du als Rockmusiker so rüberkommst wie der nette junge Mann von nebenan, dann bist du kein richtiger Rock'n'Roller (schmunzelt).
Rocktimes: Also hat Dein Auftreten mehr marketingstrategische Bedeutung? Nach dem Motto: Auf der Bühne die Rocksau, privat fromm wie ein Lamm?
Jimmy: (lacht herzhaft) Ja vielleicht. Aber ich werde den Teufel tun und sagen wie ich privat bin. Sagen wir einfach, ich habe privat nur Orgien und Sex-Exzesse (grinst)!
Rocktimes: Moment (erhalte gerade einen Anruf). Ui, ein Kumpel berichtet mir eben, dass Du am 6. Dezember im Quasimodo spielst! Da trittst Du ja quasi in meinem Wohnzimmer auf, und ich kann Dir sagen, Clubboss Klaus lässt dort nicht jeden spielen.
Jimmy: Da hat Dich dein Bekannter völlig richtig informiert. Wir sind in der Tat am 6. Dezember im Quasimodo Berlin zu sehen. Es ist schon eine Ehre für uns. Das Quasi hat einen legendären Ruf und der Inhaber Klaus ist dafür bekannt, dass er auf Qualität setzt. Wir werden wohl alle ohne Schuhe spielen müssen. Wäre ja blöd, wenn der Nikolaus kommt und wir gerade am spielen sind.
Jimmy Gee und Mike Rocktimes: Ja klar, stell Dir vor, er will Dir eine neue Klampfe in Deine Sandalen stopfen (lache). Wie wird der kommende 6. Dezember in etwa aussehen? Wirst Du nervös sein? Was wird sich im Backstage abspielen? Musst Du Dich vorher einsingen? Oder geht ihr einfach auf die Bühne und los geht's?
Jimmy: Ich hoffe, dass der Nikolaus mich großzügig berücksichtigt, denn jeder der mich kennt, weiß, dass ich an chronischer Untergitarritis leide (lacht). Wie wird der Tag aussehen? Hm...ich werde wie immer um 8:00 Uhr aufstehen. Das ist meine Zeit, meine Uroma (104 Jahre alt!) steht auch immer um 8:00 Uhr auf, also muss das 'ne gute Zeit sein. Dann werde ich ein paar Würste essen, ich ernähre mich ja fast ausschließlich aus fleischlicher Nahrung. Dann ab in die Wanne, Nägel lackieren, Haare machen und dann geht's am frühen Nachmittag in den Proberaum, wo dann meine Roadies den Bandbus beladen. Und schwupp, sind wir im Quasimodo und bauen auf. Mein 'Guitar-Tech' reicht mir die erste Gitarre und los geht's. So einfach ist es Musik zu machen. Ich bin fast nie nervös, aber schnell mal schlecht gelaunt, z. B. wenn was nicht so klappt wie es mir vorstelle. Monitore und ich sind so ein Thema. Backstage singen wir uns immer ein, dass ist sehr wichtig, auch wenn ich mir immer sehr blöd dabei vorkomme. Mein Team ist total toll und die Stimmung ist immer bestens. Außerdem mache ich Ingo die Haare, das kann nur ich (lacht). Einspielen muss ich mich aber nicht. Viele Gitarristen machen das, sogar 'ne Stunde oder noch länger, ich nicht! Obwohl ich mir echt die Finger öle! Kein Scherz!
Rocktimes: Mit Penatenöl?
Jimmy: Ja genau! Ich benutze aber auch andere Marken.
Rocktimes: Sag mal, Du hast in diesem Jahr oft in Polen Deine Visitenkarte abgegeben. Wie bist Du dort aufgenommen worden?
Jimmy: Sehr gut, es kam zwar das eine oder andere Mal zu einer Verwechslung mit Jack Sparrow, aber die polnischen Fans mögen diese Art von Musik. Es gibt sowas halt nicht mehr so oft und das ist unser Vorteil. Die Polen sind ein tolles und ehrliches Publikum.... und die Polinnen erst (schmunzelt).
Rocktimes: Konntest Du Unterschiede zwischen den deutschen und polnischen Fans feststellen?
Jimmy: Auf jeden Fall. Die Polen sind ein sehr herzliches Volk. Die Pärchen stehen oft eng zusammen und hören der Musik zu. In Deutschland sind zu viele mit Reden und Bier holen beschäftigt. Wenn dem Polen etwas gefällt, dann zeigt und sagt er es auch. Das ist in Deutschland leider nicht immer der Fall.
Rocktimes: Ich habe Dich in der Vergangenheit mehrmals in Deinem Studio besucht und jedes Mal, wenn ich Dich bat, mir einen Song vorzuspielen, hast Du diesen mal eben so aus dem Ärmel geschüttelt. Demnächst werde ich mir mal einen Hip Hop-Song wünschen (lache).
Jimmy: Ey Mike, ich denke Du weißt, dass ich so einen Wunsch nicht erfüllen werde. Du bist ja ein Mann mit guten Musikgeschmack und warum solltest Du so was Beklopptes von mir wünschen? Davon abgesehen bin ich leider sehr intolerant, wenn es um andere Musikstyles geht. Ich weiß nicht warum es so ist, aber bei mir ist das extrem. Klassische Musik und Blues liebe ich sehr, aber Jazz und Fusion kann ich nicht ab. Ich mag zum Beispiel klassischen Hard- und Heavy Rock, während Metal nicht mein Ding ist. Einen riesigen Respekt habe ich vor Opersängern, dafür mag ich Rapper gar nicht. Selbst im Rockbereich nervt mich so einiges, wenn ich mir die ganzen Alternativ-Rock-Sachen anhöre....oh oh. Ich habe einfache meine Vorlieben und die nutze ich. Das andere Zeug geht mir ehrlich gesagt am Allerwertesten vorbei.
Rocktimes: Ja gut, dann wünsch ich mir von Dir beim nächsten Treffen eine dreistündige Opernarie (lache). Im Ernst, ich finde, Dein Gesang hat im letzten Jahr enorm an Qualität dazu gewonnen. Das haben mir übrigens meine KollegInnen bestätigt, als Du neulich bei unserem Betriebsfest ein Unplugged-Gig abgeliefert hattest. Ist es nur eine Einbildung von mir, oder stimmst Du mir zu?
Jimmy: Ich danke Dir! Okay, Du bekommst eine mehrtägige Operette (lacht)! Der Gesang ist so eine Sache. Ich wollte nie Sänger sein, obwohl ich als Kind so gern und viel gesungen habe. Als ich meine erste Band hatte, fehlte mir immer ein Sänger, wer musste ran? Ich! Mist! Ich war immer so schlecht, ich hatte einfach kein Gefühl in der Stimme. Schnell merkte ich, wie wichtig der Gesang in der Musik ist und als ich mein erstes Yngwie Malmsteen-Album bekam ("Marching Out"), hörte ich diesen wahnsinnig tollen Sänger und merkte, dass der Gesang ganz wichtig ist und das es Sänger gibt und Sangesgötter. Es war Mister Jeff Scott Soto, der mich total beeindruckt hatte. Er konnte so wahnsinnig geil hoch singen. Ab dem Tage übte ich wie verrückt im Auto mit zu singen. Das war natürlich nichts und ich war nie zufrieden mit meinem Können oder meiner Stimme. Ich bin übrigens bis heute nicht ganz mit meinem Gesang zufrieden. In meinen nächsten Bands suchte ich mir immer Sänger oder Sängerinnen, das gefiel mir zunächst sehr gut, denn ich konnte mich auf mein Gitarrenspiel konzentrieren und dabei auch mal etwas rumlaufen. Mein erstes Album habe ich dann aber fast allein eingesungen, weil es schwierig war, einen Sänger zu finden, der zu meinen Songs passte. Göran Edman aus Schweden war es, der dann ein Lied sang. Als die Aufnahmen fast fertig waren, fand ich einen anderen coolen Sänger, der dann auch zwei Stücke auf dem Album sang. Das fand ich gut, weil ich dann die Backings übernehmen konnte. Aber ich habe die Rechnung ohne die Fans gemacht. Die waren einfach nicht bereit, einen anderen Sänger zu dulden. Egal wie gut alle wären die mir in den Sinn kamen, sie wollten, dass ich singe. Denn ihrer Meinung nach kann nur ich Jimmy Gee-Songs singen. Also sagte meine Management: » Jimmy, wir sollten das tun, was die Leute wollen « Also wurde ich der Sänger. Seit dieser Zeit setzte ich mich mit meiner Stimme sehr viel auseinander und es wird in der Tat immer besser. Ich übe jeden Tag an meinem Gesang! Aber ich gebe mich mit Erreichtem nie zufrieden. Es gibt immer was zu verbessern.
Rocktimes: Deinen Bandfotografen André habe ich bereits kennengelernt, auch Deine Roadies Detlef und Norbert. Wer gehört noch alles zu Deinem Mitarbeiterteam? Wie sind da die Strukturen aufgebaut?
Jimmy: André ist einfach großartig. Er ist für mich mehr als nur ein Fotograf, er ist ein Künstler. Der Mann ist so gut, dass ich gar nicht die Chance habe, ihn für jedes Konzert zu verpflichten, weil er meistens ausgebucht ist. Infos einfach unter Artfiction! Das Team ist einfach riesig und es dauert einfach zu lange, um hier alle aufzuzählen. Wir sind ein sehr cooles Team, mit fünf Roadies, Tontech, Fahrer, Merch, Management, Booking, Verlag... - ein Superteam!
Jimmy Gee und Mike Rocktimes: Gibt es Momente, an denen es nicht toll ist ein Musiker zu sein?
Jimmy: Oh ja, das sind die Momente an denen ich mich von einem Band- oder Teammitglied trennen muss. Egal was war, es fällt mir menschlich echt schwer. Aber ich habe auch die Verantwortung fürs ganze Team, deshalb kann und werde ich keine Rücksicht auf unbequeme Entscheidungen nehmen können. Ganz schlimm ist es halt, wenn es ein Freund ist, den ich notfalls opfern muss.
Rocktimes: Gibt es da aktuell ein Beispiel?
Jimmy: Ja, unser letzter Drummer ist ja gerade raus, dass war schon schade (Anmerkung der Redaktion: Er hat mittlerweile einen neuen). Auch der davor, der leider nicht mehr bleiben konnte, weil er aus familiären Gründen einfach keine Zeit hatte. Das ist für mich schon traurig.
Rocktimes: So Jimmy mehr Fragen fallen mir momentan nicht ein. Ich möchte mich bei Dir für Deine Zusage des Interviews bedanken und möchte Dich daran erinnern, dass am kommenden Sonntag wieder eine Laufeinheit ansteht. Das letzte Wort soll Dir gehören. Vielleicht im Zusammenhang wo Du in fünf Jahren stehen wirst.
Jimmy: Hm…, wo werde ich in fünf Jahren stehen? Ich sag's mal so: Mein Ziel ist, die klassische Rockmusik wieder in die deutschen Köpfe zu spielen. So wie es damals z. B. die Scorpions schafften, denn ich denke, hier gibt es einen Nachholbedarf. Ansonsten wünsche ich allen RockTimes-Lesern weiterhin viel gute Musik, und schaut mal auf einem meiner Konzerte vorbei. Und was uns Beide betrifft, freue ich mich schon auf die nächste Laufeinheit. Mike, zieh Dich warm an! (lacht)
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