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Schon bei der Jude Johnstone-Konzertankündigung auf der Roepaen-Homepage kribbelten meine Hände vor Freude. Die Künstlerin war zum ersten Mal in Europa und mit der Verpflichtung dieser Frau hatte Chris Tangelder wieder ein feines Händchen bewiesen. Die Freude bekam einen Dämpfer, als er mir auf dem Flur sagte, dass es Probleme gebe. Bei einem schnellen Blick in den Nightclub saß Jude Johnstone vor ihrem E-Piano, man hörte aber nicht einen Ton. Wie die kleine Frau zu Beginn des Konzerts dann erklärte, hatte sie beim Vortags-Gig ein Pedal ihres Arbeitsgerätes vergessen und ohne dieses Ding ging halt nichts. Ersatz brauchte erst gar nicht großartig organisiert werden, denn ein Klavier steht im Nightclub immer seitlich auf der Bühne.
 So wurde doch alles gut. Nur saß die Johnstone nun seitlich zum Publikum, was der positiven Stimmung allerdings keinen Abbruch tat. Sehr kompetent begleitet wurde sie von dem Gitarristen Richard Feridun. Eine Setlist hatte die Amerikanerin nicht. Sie platzierte ein kleines Büchlein auf der Notenablage. Zwischen den Songs, die im Schwerpunkt aus ihren beiden letzten Alben Mr. Sun sowie Quiet Girl bestanden, plauderte sie nicht nur locker mit dem äußerst konzentriert lauschenden Publikum, sondern blätterte auf der Suche an dem nächsten Lied auch fleißig die Seiten durch.
Johnstone eröffnete ihren Auftritt mit dem Titelsong des Albums "Quiet Girl" und stante pede herrschte in Nightclub eine ganz besondere Atmosphäre. Die kleine Frau hatte eine Stimme, die einem eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken jagte. Sie verfügte über eine großartige Ausstrahlung und vielleicht was es ja gar nicht so verkehrt, dass sie quasi gezwungen war, auf das akustische Klavier zurückzugreifen. Bei den Songs stellte Jude Johnstone unter Beweis, dass sie in verdammt vielen Genres ihre Heimat hat.
 Das hohe Niveau ihres Auftritts setzte sich mit der Nummer "I Don't Wanna Go Home" fort. Feridun war ein kongenialer Partner für ihre einfühlsamen Kompositionen. Er erzeugte flächendeckende Klangteppiche und zeigte in einigen Soli, welches Feeling er in den Fingern hatte. Der Auftakt gestaltete sich wie ein Maßanzug und dann suchte sich die Protagonistin einen ersten Song ihres Jazz-orientierten Albums "Mr. Sun" aus. Vom Americana zum Jazz ... welch eine Wendung! Auch bei "Sunday Evening" waren beide voll in ihrem Element und in seinem Alleingang war Feridun eine Klasse für sich. Herrlich! Schon wieder stellten sich die Härchen in die Höhe.
 "On That Train" war die Gospel-Predigt der Johnstone und mit "Cry For New Orleans" wurde deutlich, dass Katrina nicht in Vergessenheit geriet. Highlight! Nur auf das Klavier und die Gitarre reduziert, erwiesen sich ihre Lieder als echte Perlen und niemand im Publikum konnte es ihr verdenken, dass sie auch Songs spielte, mit denen Musiker wie Emmylou Harris ("Hold On"), Bonnie Raitt ("Wounded Heart") oder Johnny Cash ("Unchained") Erfolge einfuhren. Letztgenanntes Stück passte natürlich mehr als perfekt zum 26.02.2012, denn der 'Man in Black' wäre achtzig Jahre alt geworden.
 Trotz der Sache mit dem vergessenen Pedal stellte sich Johnstone als eine sehr sympathische Person dar. Sie wirkte so natürlich! Feridun verfügte über ungemein viel Einfühlungsvermögen. Er hatte eine in die Tiefe gehende Verbundenheit mit den Songs und sorgte mit seinen Gitarren-Einsätzen für einen perfekten Klang-Hintergrund. In seiner Art war er zurückhaltend, aber mit seinem Spiel zeigte er dem Publikum, wie versiert er war.
Ein wenig Zeitreise in eigener Sache betrieb sie natürlich auch. "Deep Water" vom Album "On A Good Day" war herrlich sphärisch und bei der Zugabe drehte sie noch mehr an der Uhr, denn "When Someone Speaks Your Name" war aus dem Jahr 2002.
Dieses Konzert war ein beeindruckendes Erlebnis. Jude Johnstone und Richard Feridun spielten einen Gig mit nachhaltiger Wirkung. Hats off!
Wir bedanken uns bei Chris Tangelder vom Cultureel Podium Roepaen für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Jude Johnstone (piano, vocals)
Richard Feridun (electric guitar, backing vocals)
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