Spielzeit: 48:07 Medium: CD Label: Ruf Records, 2008 Stil: Blues Rock Review vom 01.07.2008 Joachim 'Joe' Brookes

In feinem Digipack, ohne Booklet, kommt Erja Lyytinens neues Album daher und die CD hat ein Vinyl-Design. Auch die Unterseite ist schwarz, wie der Blues der finnischen Musikerin.
Nach Dreamland Blues veröffentlicht sie die zweite Platte, welche sie mit ihrer Tourband einspielte, auf dem Ruf Records.

Das Coverbild zeigt sie mit einem Bottleneck über dem Ringfinger und richtungsweisend ist auch der Album-Titel… "Grip Of The Blues".

Auf der Slide-Gitarre hat sie sich einen Platz in der obersten Liga eingespielt und mit ihrer aktuellen CD vollzieht sie einen Quantensprung. Sie versetzt die Blues-Elektronen kräftig in Schwingungen und alle zwölf Songs wirken in keiner Weise unterkühlt.
Ob rockend, balladesk, dem R&B angelehnt, etwas poppig oder mit Gospel-Anleihen: Die Lyytinen kann über die gesamte Spielzeit von 48 Minuten überzeugen.
Ihr ist mit diesem Album wieder eine sehr persönliche, aussagekräftige Platte gelungen.
Wie aus dem Info-Blatt hervor geht, sind alle Stücke live eingespielt worden, lediglich der Gesang wurde nachträglich aufgenommen.
"Grip Of The Blues" offenbart, dass Erja Lyytinen über eine, durch zig Auftritte erprobte, klasse Band verfügt.

Acht der zwölf Tracks sind von der Gitarristin und Sängerin im Alleingang geschrieben worden, zwei im Verbund mit ihrem Rhythmusgitarristen Davide Floreno, der auch produziert hat.
Die Tracklist vervollständigt dann noch ein Doppelpack aus Cover-Songs: Tony Joe Whites "Steamy Windows" und der Blues-Klassiker "Rollin' & Tumblin'", in dem sie das Mississippi-Delta mit dem Land der tausend Seen verbindet.

Zu schwer liegen einem die 'beschlagenen Fenster' der Tina Turner im Magen.
Shemekia Copeland hat auf Wicked vorgemacht, wie dieser Song zu interpretieren ist und Lyytinen fügt der Liste eine weitere, ganz starke Slide-Gitarren-Version hinzu.
Der schleppende Rhythmus von "Rollin' & Tumblin'" hat was und Lyytinen wäre keinesfalls Lyytinen, wenn nicht auch diese Nummer mit einem Bottleneck-Solo gespickt wäre.

Mutig eröffnet sie ihre CD durch ein Instrumental, Gitarren-technisch ebenfalls mit dem Metallröhrchen gespielt. Auch ohne Text lässt sich "Broadcast" wegen der tollen Melodie mit der inneren Stimme hervorragend 'mitsingen'. Gut durchsetzt mit Breaks und Tempi-Wechseln öffnet sie alle Tore für einen anhaltenden Hörgenuss.
Harri Taittonen knüpft einen fein Keyboard-Teppich und die Rhythmus-Abteilung weiß stante pede zu überzeugen. Bereits erwähnter Davide Floreno sorgt mit seiner Rhythmusgitarre für einen satten Sound der 6-Saiter und im folgenden "Everything's Fine" haut die Lyytinen einen angerockten Blueser mit Fußwippen-Einsatz raus.

Schon durch die Kürze der Spielzeit ist "Voyager's Tale" etwas Besonderes. Mit Minimal-Drums von Rami Eskelinen macht die Stimme der Finnin dieses Stück zu einem balladesken Kleinod und man kann sich gut vorstellen, dass auch auf der Bühne nach diesem besinnlichen Moment der
Muddy Waters-Klassiker folgt.
Dass die aus Helsinki stammende Frau über eine große Portion an Sexappeal verfügt, offenbart sie im langsam groovenden "Wanna Get Closer". Ein wenig funkige Gitarre zum Teil mit Wah Wah-Einsatz gespielt, erheben sich die Härchen am Körper im Besonderen durch ihren Gesang. Dazu soliert Taittonen auf seiner Hammond. Dieser Titel ist der Anspieltipp aus der ruhigeren Abteilung der Platte.

Lovesong-Atmosphäre hat "Unreachable" und der abermals mit Wah Wah-Pedal gespielte Titeltrack besitzt endlosen Ohrwurm-Charakter.
Im letzten Song, "Dissatisfaction", bringt sie ihr Instrument laut und messerscharf zum Einsatz. Ein Abschluss nach Maß.

Schrieb der geschätzte Kollege Mike in seiner Rezension zu "Dreamland Blues" abschließend: »Da ist sicherlich noch viel mehr möglich, dessen bin ich mir sicher…«, sollte er sich vielleicht demnächst als Wahrsager betätigen, denn er hat recht.
Folglich erhält Erja Lyytinen für "Grip Of The Blues" 8 von 10 RockTimes-Uhren.

Line-up:
Erja Lyytinen (vocals, lead guitar, slide guitar, acoustic guitar)
Davide Floreno (rhythm guitar)
Iiro Kautto (bass, fretless bass)
Rami Eskelinen (drums)
Harri Taittonen (Hammond C3, Rhodes)