Der Gig an diesem lauen Sommerabend fand unter einem etwas seltsamen Aspekt statt, der bisher überhaupt noch nicht vorgekommen ist. Wie es der Zufall wollte, gab es in der Vergangenheit zwei CD-Besprechungen des RockTimes-Teams Bauerochse/Berking von Lance Lopez-Silberlingen. Während mich das Album Simplify Your Vision nicht unbedingt vom Hocker gehauen hatte, war Kollege Berking von First Things First & Live doch mit Einschränkung ziemlich angetan.
Solche Differenzen in der Bewertung konnten wir bisher noch nicht feststellen, da wir sonst eigentlich immer ziemlich konform im Musikgeschmack laufen. Und da wir den Saitenquäler aus Texas noch nicht live gesehen hatten, gab es gar keine andere Möglichkeit als einen Konzertbesuch, um Klarheit in dieser Sache zu schaffen.
Und die bekamen wir dann auch, doch dazu später mehr. Lance Lopez scheint momentan auf einer Erfolgswelle zu schwimmen. Vorläufiger Höhepunkt ist wohl der Job als Special Guest für ZZ Top in den USA. In den letzten Jahren befasste er sich intensiv mit der Musik von Jimi Hendrix und Stevie Ray Vaughan. Dabei tourte er als Band Of Trouble, zusammen mit Buddy Miles ( Band Of Gypsys) und Tommy Shannon ( Johnny Winter, Stevie Ray Vaughan), die damit seine Idole persönlich und intensiv kannten. Später nahm er dann mit wechselnden Mitmusikern seine bisher drei CDs auf. Dabei entwickelte er seinen eigenen Stil, den er jetzt auch dem Publikum in Europa vorstellen will.
Und das tat er nun auch in der Bluesgarage. Dabei entstand ein Abend mit einer ganz eigenartigen Atmosphäre. Zunächst einmal herrschte bei unserer Ankunft gähnende Leere im Saal. Das änderte sich auch nicht großartig, als die Band die Bühne betrat. Man hatte also bei Konzertbeginn jede Menge Platz. Auch nicht schlecht bei diesen Temperaturen - jedenfalls für die anwesenden Zuhörer...
Kaum waren die ersten Töne verklungen, da gab die Gitarrenanlage den Geist auf. Gott sei Dank konnte der Schaden kurzfristig behoben werden. Nun konnte es endlich richtig losgehen. Wie erwartet knallte Lance eine Breitseite nach der anderen aus den Boxen. Es war am Anfang sogar ab und zu mal ein angedeuteter Slow-Blues dabei, aber eben nur angedeutet!
Schnell wurde uns klar, dass es bei diesem Gig nur um das volle Brett ging, und das wurde mit jedem Ton eintöniger. Tony Valdez und Cody Norman lieferten einen grundsoliden Part ab, waren von Anfang an aber zu Statisten degradiert. Hier herrschte nur ein Mann, Lance Lopez.
Jetzt hatte es uns endgültig erwischt. Nachdem wir in den letzten Jahren auch mit Bands, die wir vorher noch nie auf der Bühne erlebt hatten, immer Glück gehabt hatten, waren wir nun in eine totale Frickelorgie geraten. Lance mag ja ein guter Gitarrist sein, aber das muss er nicht ohne Pause und immer wieder im gleichen Stil beweisen.
Zudem gibt es speziell beim Songwriting noch reichlich Schwächen. Endlos wurde das Riffing wiederholt, dann vom nächsten ausufernden Solo abgelöst, um am Schluss noch einmal minutenlang abgenudelt zu werden. Diese Songs kosten selbst mich als bekennenden Anhänger von überlangen Titeln, richtig Nerven.
Noch schlimmer wurde es, als dann der von mir ängstlich erwartete Ausflug in den Funk Rock zelebriert wurde. Genau so hatte ich das befürchtet. Irgendwie passt das nicht zusammen. Natürlich war auch hier ein viel zu langes Solo eingebaut. So langsam kam im Publikum echte Langeweile auf. Eigentlich konnte es nur noch besser werden...
Plötzlich, nach achtzig Minuten und ohne ein einziges Wort, verließ die Band die Bühne. Was war denn nun los? Schon fertig? Keine Zugabe? Ratlosigkeit machte sich breit. Einige Besucher verließen die Bluesgarage und wurden an diesem Abend nicht mehr gesehen.
Auch bei uns herrschte Unsicherheit und fast hätten wir den Saal ebenfalls verlassen, entschlossen uns dann aber doch, noch ein wenig abzuwarten, ob der Gig noch fortgesetzt würde.
Und so sind wir auch gleich beim Positiven dieses Abends, denn nach nur zehn Minuten Pause kam die Band zurück und setzte zum zweiten Set an, sodass am Ende doch glatte drei Stunden Spieldauer erreicht wurde.
Doch es wurde noch heftiger. Jetzt kam ich mir langsam wie in einem Metal-Konzert vor, so wurden mir die Sounds um die Ohren gehauen. Wenigstens erhielten Valdez und Norman nun mal die Möglichkeit, sich in einem Solo zu beweisen, ansonsten aber regierte wieder nur der Meister. Und das noch schlimmer als vorher. Die Stücke wurden noch länger, und das Gebrate an der Klampfe nahm noch zu. Langsam kam ich in eine aggressive Stimmung. Wie immer, wenn ich mit so übertriebenem Gefrickel konfrontiert werde.
Auch der Rest der Zuhörer sah das wohl inzwischen so, denn immer mehr Leute verließen die Bluesgarage. Am Ende zählte ich bei der Zugabe noch ganze sechsundzwanzig Figuren in der Halle, von denen vier (!) Mann richtig abfeierten…
Diese Zugabe war übrigens Jimis "Spanish Castle Magic", und auch hier schaffte es Lance, diesen Titel dermaßen zu zerfleddern, dass wir schon vor dem Ende in Richtung PKW aufbrachen. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir so etwas schon mal passiert ist, aber mein Bedarf an Gitarrensounds war für heute endgültig gedeckt.
Lance Lopez sollte seine Einstellung zu seiner Musik wirklich dringend überdenken. Weniger ist eben manchmal mehr (drei Euro ins Phrasenschwein!). Wie schon erwähnt, ist er ein außergewöhnlicher Gitarrist, aber mit diesem Gebrezel ohne jegliche Abwechslung und ohne jedes Feeling besteht echt die Gefahr, dass er noch so manche Location leer spielt.
Aber zum Glück ist Musik ja bekanntlich reine Geschmackssache und es wird sicherlich Leute geben, die meine Meinung überhaupt nicht nachvollziehen können. Im RockTimes-Team Bauerochse/Berking herrscht jetzt aber wieder totale Übereinstimmung!
Line-up:
Lance Lopez (guitar, vocals)
Tony Valdez (bass)
Cody Norman (drums)
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