Bei den Herren aller Himmel und Höllen: Warum erreicht uns diese Band erst jetzt?!? Nach der vorliegenden, reichlich genialen Livescheibe, sollte wohl jeder Fusion-Freund den Wunsch verspüren, diese Lücke in der Jazz Rock-Sektion seiner Sammlung mit drei Studioalben zu füllen.
Marbin wurde vor gut sieben Jahren von den beiden Masterminds Dani Rabin und Danny Markovitch in Israel gegründet. Bereits zwei Jahre später siedelten die beiden jungen Talente in die Musikmetropole Chicago über, ohne allerdings die Verbindungen zu den musikalischen Wurzeln ihrer nahöstlichen Heimat zu kappen. Ihre orientalisch geprägte Grundausrichtung verschmolz vielmehr mit neuen westlichen Elementen, sodass Marbin wie ein jazzrockiges Bindeglied zwischen Orient und Okzident klingt.
"The Third Set" wurde im Rahmen einer US-Tour im März/April des vergangenen Jahres in zehn verschiedenen Clubs aufgezeichnet. Wie in diesem Genre allgemein üblich, spielten Marbin jeweils zwei Sets. Die Quintessenz aus dieser Tour bildet also das vorliegende 'dritte Set' - ein vortrefflich gewählter Titel dieses Albums.
Seit wann ist das Spiel mit dem Feuer eine schlechte Sache, scheinen sich die vier jungen Musiker zu fragen und brennen ein wahres jazzrockiges Feuerwerk ab. Dabei brechen sie völlig schamfrei festgefahrene Strukturen des Genres auf, reißen frech althergebrachte Grenzbefestigungen nieder und entwickeln dabei eine neue, geradezu anarchistisch-befreite Spielkultur. Man könnte diese Fusion somit durchaus als 'Progressive Jazz Rock' bezeichnen...
Solistisch ist Marbin zwar ziemlich stark auf Dani Rabin und Danny Markovitch eingeschworen, ohne die enorm variabel und synkopisiert groovende Rhythmussektion wäre dies allerdings weniger als die halbe Miete! Danny Markovitchs Saxofon gibt dabei zumeist vor, in welche Jazzgefilde der jeweilige Song abdriften darf - Dani Rabins Gitarre ist vornehmlich für die Grenzüberschreitungen zuständig. Selbst vor Schwermetallischem macht dieser keinen Halt, sodass einige Songs - man achte besonders auf "Special Olympics" und "Rabak" - klingen, als hätten diese Burschen grünes Kunstleder geraucht. Extrem geiles Zeug, das die Hirnschale bekanntlich einige Millimeter anzulupfen vermag...
Danny Markovitch pendelt dagegen zwischen ziemlich 'klassisch' inspiriertem Swing ("Redline"), orientalischer Musik, maßgeschneidert für die Zunft der Schlangenbeschwörer ("Culture"), und etwas freieren jazzrockigen Strömungen, wie man sie hierzulande von Aeras Klaus Kreuzeder oder Missus Beastlys Jürgen Benz kennt - bei "Vanthrax" mag man nachspüren, was ich diesbezüglich ausdrücken will...
Man kann und darf sich bei "The Third Set" auf einen heißen Tanz bzw. wilden Ritt gefasst machen; kein Stück klingt wie das andere. Während "Crystal Bells" atmosphärische Interaktionen zwischen Dani Rabins Gitarre und Danny Markovitchs Saxofon offenbart, wildern Rabin/Gentile/Lawrence bei "Splash" tief im Trioformat des Heavy Blues. "The Depot" driftet in hardrockig-strukturierte Gefilde, während "Volta" dagegen sämtliche Strukturen über Bord wirft und stattdessen wie eine Furie wütet und tobt.
Mir persönlich gefällt es am besten, wenn Marbin so richtig die Socken qualmen lässt und deshalb empfehle ich als Anspieltipps "Special Olympics", "The Depot" und "Rabak", ohne jetzt auch nur ein einziges der anderen Stücke abwerten zu wollen. Die Mischung macht's... und bringt's... eindeutig.
"The Third Set" hat sich hier als Spitzenalbum ganz nahe an der Tipp-Grenze präsentiert. Diesen verkneife ich mir noch, weil ich die Studioversionen noch nicht kenne, hoffe aber, dass Marbins Studioalben bald unser Portfolio zieren werden. Und dann... kann ich für nix mehr garantieren!
Line-up:
Dani Rabin (guitars)
Danny Markovitch (saxophone)
Jae Gentile (bass)
Justyn Lawrence (drums)
Tracklist |
01:Special Olympics (5:12)
02:The Depot (6:33)
03:Crystal Bells (6:46)
04:Red Line (8:28)
05:Culture (7:05)
06:Vanthrax (5:40)
07:Rabak (8:21)
08:Splaw (6:08)
09:Northern Odyssey (3:11)
10:Volta (8:05)
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