The Mighty Ya-Ya / Same
same Spielzeit: 39:52
Medium: CD
Label: Porcupine Records, 2012
Stil: Blues Rock


Review vom 11.04.2012


Ilka Heiser
»Wie hätte Black Sabbath geklungen, wenn Santana im Jahre 1971 zu der Band gekommen wäre? Was wäre, wenn die Mundharmonika ein echtes Instrument wäre? Was wäre, wenn Peter Green ein Mitglied der Rolling Stones wäre? Was wäre, wenn Johnny Cash Leadsänger von Led Zeppelin gewesen wäre?«, so der beigefügte 'Waschzettel'.
Eigentlich könnte ich hier schon das Review beenden, denn treffender hätte man die Musik auf der Scheibe wirklich nicht beschreiben können.
Schon als mir die ersten Takte von "Mercury's Spring" mitten ins Face hauen, war ich hin und weg. Seit langem hatte ich keine so gute Platte einer mir völlig unbekannten Band im Player, die mich gleich von Anfang an gefesselt hat. Das 'Wunder' vollbrachten bisher lediglich Highway Child mit On The Old Kings Road und The Answer mit Everyday Demons. Aber das ist schon gefühlte 100 Jahre her - nein - seitdem sind immerhin drei Jahre vergangen.
Der Waschzettel hat tatsächlich nicht zu viel versprochen, die Band zeigt eindrucksvoll ihre Vielseitigkeit und macht Druck von der ersten bis zur letzten Note. Aart van der Wulp hat es sogar geschafft, dass ich voller Wehmut Rory Gallaghers "Fresh Evidence" aus dem Regal angle und mich ausgiebig in Mark Felthams Harpspiel vertiefe (Kenner wissen, auf dieser Platte war dieser ganz besonders involviert).
Der Niederländer hat es wirklich drauf und muss sich hinter Feltham nicht verstecken.
Assoziazionen an eine weitere, vermutlich nur Insidern bekannte Band erwecken ganz besonders die ersten beiden Songs, nämlich Five Horse Johnson, deren musikalisches Wachsen und Werden ich jahrelang beobachtet habe. Leider liegt ihr letztes Lebenszeichen auch schon einige Jährchen zurück. Vielleicht kommen sie ja irgendwann mal wieder ausse Pötte.
Mighty Ya-Ya jedenfalls schaffen es locker in deren Fußstapfen zu treten, mit dem stonermäßigen "We've Been Had" liefern sie den 'schlagkräftigen' Beweis.
Auch wenn The Mighty Ya-Ya mal den Gashebel etwas zurücknehmen wie bei der Ballade "Hurricane Made By A Butterfly's Wings", bekommt man keine eingeschlafenen Füße. Little Louis van Empel soliert an seiner Gitarre, lässt sie jammern und heulen, dass es eine wahre Freude ist, aber es gibt keine ellenlangen selbstverliebten Frickeleien. Lediglich ein kleines Duell zwischen Gitarre und Harp streut noch etwas Würze in das musikalische Feinkost-Menü.
Zu den Klängen von "Momo' Konana" sieht jetzt sicherlich so manch männlicher Zuhörer vor seinem geistigen Auge eine brasilianische Schönheit ihre Hüften schwingen. Dieses Instrumentalstück wäre aber auch als Film-Soundtrack hervorragend geeignet (ich überlege gerade, zu welchem Thema das passen könnte [schmunzel]).
"Slipping Away", mein Favorit und Anspieltipp: Man könnte meinen, Peter Green und Carlos Santana geben sich ein Stelldichein, hätten mal kurz auf eine Session vorbei geschaut, ihre Klampfen ausgepackt und der Nummer den letzten Feinschliff verpasst - göttlich. Ich meine auch eine Bläsersektion rauszuhören, aber leider sind die Angaben sowohl im Booklet als auch auf der Band-Homepage mehr als dürftig. Selbst eine Recherche im Internet fördert lediglich zu Tage, dass es sich um Niederländer handelt. Damit ist man schon am Ende aller Informationen angelangt.
Über den Einsatz diverser Percussions ist ebenfalls nichts in Erfahrung zu bringen.
"Chasing The Oragon" - Reminiszenzen an die Stones? Und auch hier übernimmt, wie ich schon des Öfteren auf dieser Platte feststellen konnte, die Harmonika die Führung, tobt sich auf einem soliden Rhythmus-Fundament aus, das ihr von Schlagzeug und Bass vorgelegt wird. Nicht zu vergessen natürlich die Gitarre, die alles mit filigraner Leichtigkeit gekonnt zusammenfügt. Am Ende des Liedes bekommt der Drummer noch einmal Gelegenheit, mit einem kleinen solistischen Ausflug sein Können unter Beweis zu stellen.
Interessant arrangiert finde ich "Lucifer Brings The Light". Dieses Stück klingt, als hätte man bei Led Zeppelins "Whole Lotta Love" das Tempo rausgenommen. Es ist aber kein Cover der Nummer sondern streift diese lediglich etwas. Fast schwebend kommen die Töne aus Gitarre und Harp. Die Effekte im Refrain werden übrigens nicht, wie man vielleicht annehmen könnte der Gitarre, sondern der Harmonika entlockt.
"Two Snakes Crawling" basiert in erster Linie auf einer wohldosierten, aber dennoch treibenden Rhythmus-Arbeit. Fast stoisch zupft Geurt Engelsman seinen Bass. Und mit "Trouble Soon Be Over" gibt es einen staubrockenen, leicht country-angehauchten Rockknaller, bei dem man sofort wieder dieses Dauergrinsen im Gesicht hat - ein weiterer Anspieltipp meinerseits übrigens.
"Een Scheet En Drie Knikkers" - it's Boogie-Time! Ein Instrumental mit niederländischem Titel. Aart van der Wulp treibt seine Bandkollegen zu Höchstleistungen an und bläst sich dabei die Lunge aus dem Leib.
Zum Abschluss gibt es eine Ballade, die ein in sich stimmiges Album abrundet. Little Louis begleitet sich auf seiner Gitarre, lediglich unterstützt von Drummer Gabriël Peeters.
The Mighty Ya-Ya haben es geschafft, ein Album mit 11 wunderbaren Songs zusammenzuzimmern, das für mich aber mit knapp 40 Minuten leider viel zu kurz ist. Eine Sound-Mischung aus den 60er/70er-Jahren bekommt einen frischen Anstrich verpasst und wird gekonnt ins Jahr 2012 transportiert.
Nicht allzu oft erlebt man, dass sich die Harmonika so profilieren kann, wie es hier der Fall ist. Aart van der Wulp ist ganz offensichtlich ein wichtiges Bandmitglied und nicht nur schmückendes Beiwerk. Die Band hat also zwei gleichberechtigte Frontmänner.
Ausnehmend gut gefällt mir auch die wandelbare Stimme des Sängers, die sich den Stücken hervorragend anzupassen vermag.
Man hat das Gefühl, hier sind Musiker am Werk, denen das Musizieren richtig Freude macht, das merkt man mit jeder gespielten Note. Beide Daumen nach oben!

Nachtrag v. 13.04.: Nach meiner Plattenbesprechung meldete sich die Band persönlich über Facebook bei mir und teilte mit, dass die vermutete Bläsersektion auf "Slipping Away" keine Bläser, sondern fünf von Aart eingespielte Harmonica-Overdubs sind. Die Percussion wurde komplett von Gabriël bedient. Somit ist nun also Licht ins Dunkel gebracht.
Line-up:
Little Louis van Empel (vocals, guitars)
Gabriël Peeters (drums)
Aart van der Wulp (harmonicas)
Geurt Engelsman (bass)
Tracklist
01:Mercury's Spring
02:We've Been Had
03:Hurricane Made By A Butterfly's Wings
04:Momo' Konana
05:Slipping Away
06:Chasing The Oragon
07:Lucifer Brings The Light
08:Two Snakes Crawling
09:Trouble Soon Be Over
10:Een Scheet En Drie Knikkers
11:Pious Bird
Externe Links: