Dave Evans / Molly Hatchet
Bonn, Harmonie, 22.04.2005
Harmonie
Dave Evans
Dave EvansDie ehemalige Bundeshauptstadt Bonn konnte schon allerhand illustre Gäste begrüßen. Leonid Breschnjew fuhr Mercedes in Bad Godesberg und Tony Blair besuchte den Petersberg. Am 22.04.2005 gaben sich schließlich Dave Evans und Molly Hatchet in der Harmonie die Ehre.
Hatten wir bei den Anfahrten zu unseren bisherigen Molly Hatchet- Show Besuchen immer mit paralysierenden Minusgraden, peitschenden Regenströmen oder orkanartigen Windböen zu kämpfen, war diesmal alles anders. Molly - Tourtermine im Frühjahr, anstatt wie sonst im Winter, haben doch gewisse Vorteile.
Im Allgemeinen eher unüblich, im Falle von Shows in der Bonner Harmonie allerdings erfrischend normal, flogen pünktlichst ab 19:30 Uhr die Fetzen. Der australische Ur-Rocker Dave Evans und seine spielfreudige, junge Band brannten von der ersten bis zur letzten Minute ein heißes Rock'n'Roll Feuerwerk ab. Die Dave Evans Band präsentierte sich souverän, hungrig und mit einer wohltuenden Portion Selbstironie. Die Bühnenperformance der ganzen Truppe war überzeugend. Fast immer sah man breites Grinsen auf den Gesichtern der Musiker. Die Nackenmuskeln, insbesondere die des Bassers, erhielten ein knapp 60 minütiges Extra-Workout. Gegen Ende des zweiten Drittels des Sets sah sich dieser Bursche gar genötigt, dem Publikum seinen doch ziemlich keratinfreien Oberkörper zu präsentieren.
Ein gut durchtrainierter Frontman brüllte seine Texte von der Bühne und drohte Gott und der Welt ohne Unterlass mit der zur Zornesfaust geballten rechten Hand. Das war übrigens seine Lieblingspose. Der harte und treibende Rock'n'Roll Sound kam druckvoll und ambitioniert rüber. "Diablo" Dave Evans stellte seine Songs so überzeugend vor, dass seine aktuelle CD "Sinner" nach dem Konzertabend am Merchandising nicht mehr zu kriegen war. Ein Zettel mit der traurigen Aufschrift "Sould-Out" war alles, was noch übrig war.
Dave EvansDie erdige Powernummer "Rock'n'Roll Or Bust" war für mich das Highlight des Sets. Sie bestand aus einem einzigen Gerocke, Gestampfe und Gebange. Der Rhythmus donnerte brachial durch die Harmonie. Der Gitarrist dazu war ein frappierendes Beispiel für die moderne Gen-Pool Theorie. Das Brett für den Linkshänder anders herum umgeschnallt, die Augen dunkel untermalt und die Fingernägel lackiert war er so was wie der kalte Pol der Truppe. Falls sich ein gewisser Ron Dennis fragt, ob Kimi Raikonnen einen Bruder hat, sollte er sich mal bei der Dave Evans- Band umschauen.
Während des Songs "Take Me Down Again" riss dem wild agierenden Leadgitarristen eine Saite. Auswirkungen auf den Sound hatte dieses Malheur allerdings nicht.
Dave EvansAls erste Zugabe brachte die Kapelle eine flotte Version des Rock'n'Roll Klassikers "Baby Please Gon't Go". Wurde die schon vom Publikum begeistert aufgenommen, brachen danach alle Dämme - außer vielleicht bei dem Mädel, welches mit krächzender Stimme und leider erfolglos "Back in Black" forderte. Dave Evans intonierte "Whole Lotta Rosie" und alle intonierten mit.
Ich habe mich bei dem Gedanken erwischt, vor Spaß an der Freud "Louder!" bölken zu wollen. Wäre man nur nicht so schüchtern...


Molly Hatchet
Nach einer kurzweiligen Umbaupause war es dann endlich soweit. Die Saalbeleuchtung dimmte herunter und aus der P.A. schallten traditionell "Carmina Burana" - Auszüge. Im Publikum wurden diverse Rebel-Flags geschwenkt und ab ging die Lucy mit "Whiskey Man".
Der Funken sprang sofort über. Bobby Hatchet zündeten einen Hit nach dem anderen. Sei es "Gator Country", "Beatin' The Odds" oder "Bounty Hunter".
Molly HatchetKurioserweise spielen Bobby Hatchet jetzt im April eine Promo Tour für ihr neues Album "Warriors Of The Rainbow Bridge", obwohl dieses erst Mitte Mai in den Läden steht. Trotzdem wurde der Mitgröhl-Refrain von "Son Of The South" artig mitgegröhlt. Auch das knackige "Gone In Sixty Seconds" kam gut an und rüber.
Der Abend gehörte zu aller erst dem Leader Bobby Ingram. Körperlich gut in Schuss, spielte er agil sein Programm herunter. Die Show machte ihm sichtlich Spaß, trotz des tragischen Verlustes, den er vor nicht allzu langer Zeit ertragen musste. Zu Ehren seiner verstorbenen Ehefrau bat die Band um eine Gedenkminute. Warum irgendein Schwachkopf ausgerechnet während dieser "Tumbling Dice" brüllen musste, erklärt wohl nur dessen Kinderstube.
Molly HatchetPhil McCormack hat indessen an Umfang zugelegt. Mit Hut und Sonnenbrille ausgestattet, war er der zweite Mann hinter Bobby Ingram. Aus der Puste war er bereits nach der dritten Nummer, aber Fun hatte er trotzdem. Nicht mehr als Statistenrollen nahmen der zweite Gitarrist und der Keyboarder ein. Letzterer durfte zwar ein lustiges Boogie-Liedchen als Solo spielen, ansonsten war aber auch er Background. Auch Trommler Shaws Beamer durfte mal solieren. Zwischen den Trommelwirbeln erhob er sich immer wieder, um böse Blicke durch die Halle zu werfen. Gut, ab und an grinste er auch mal.
Molly HatchetImmer weiter gings insbesondere für die nostalgischen Musikfans unter uns. "Fall Of The Peacemakers" sollte in seiner epischen Breite an die Schrecken des Vietnamkrieges erinnern. Im Zugabenteil räumte die Band erst mit "Junkin' City" ab, um dann im Finale "With" dem "Disaster" zu "Flirtin'".
Wie bereits angedeutet, waren Molly Hatchet in dieser Besetzung eher Bobby Hatchet. Das tat der Stimmung während der gut 90 Minuten Show aber kaum Abbruch. Nur der Sound war doch etwas breiig und für meinen Geschmack zu laut. Die Dezibel Lawine bescherte mir zusätzlich zu meinem chronischen V-10 Tinitus noch ein akutes, rechtsseitiges "Morbus Hatchet" Dröhnohr.
Molly Hatchet
    Ansonsten aufgefallen ist uns, dass:
  • die Bedienung in der Harmonie wie immer sehr freundlich war; außerdem gab es Guinness zu schlürfen,
  • Phil McCormack das Pfeifen besser seinem Chef Bobby Ingram überlassen sollte,
  • die Southern Gemeinde immer verschworener wird. (An dieser Stelle ein herzliches "Hell Yeah" an Janos, Anna, Werner, Chris, Norbert und Southern Eddie. Man sieht sich beim Listenteffen in Burg/Spreewald!)
  • überraschender Weise immer noch alle vom Gov't Mule Gig schwärmen,
  • unser Gastschreiber Janos einen Trommelstock beim Dave Evans-Gig ergattern konnte,
  • wir diesmal nur einmal durch Bonn kreisen mussten, um einen Parkplatz zu finden,
  • Roadie Rodriguez im Hintergrund viel Arbeit hatte. Er putzte Gitarren, warf ein Plek in die Masse und dekorierte die Wand mit einer auf die Bühne geworfenen Rebel Flag.
Bilder vom Konzert
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