Eigentlich passiert es mir ziemlich selten, dass ich mich zu Konzerten verirre, die nicht unbedingt auf meiner musikalischen Wellenlänge liegen. Die Gründe dafür können entweder in einer gewissen Neugier auf bestimmte Künstler liegen oder aber an einer mit sanfter Gewalt ausgeführten 'Nötigung' ( Sigrid, Du weißt wovon ich rede!). Zu diesen ganz wenigen Ausnahmen gehört die amerikanische Funk Rock-Legende Mother's Finest, die ich mir schon einmal vor fast genau zwei Jahren, und auch da erst nach einigen 'Überredungskünsten', gegeben hatte. Doch schon damals konnte mich dieses Feuerwerk, das der Sechser um das Shouter-Ehepaar Joyce 'Baby Jean' Kennedy und Glenn Murdock abbrannten, voll überzeugen und in seinen Bann ziehen, sodass es gar keine Frage war, die Band auch im Jahr 2014 live zu erleben.
Die Geschichte von Mother's Finest aufzudröseln bringt eigentlich nichts, denn sie dürfte jedem interessierten Rockmusikfan bekannt sein. Immerhin existiert die Gruppe seit circa vier Jahrzehnten. Schon seit ihrer Gründung wurde die Band stark von der Musik von Sly & The Family Stone beeinflusst, die schon Ende der sechziger Jahre durch unglaublich druckvolle Sounds in ihren Soul- und Funk'n'Roll-Songs für Furore sorgten und auch im Jahr 1969 beim Woodstock-Festival so richtig abräumte. Als Joyce & Co. 1976 ihr erstes, selbst betiteltes Album herausbrachten, auf dem mit "Love Changes" und "Baby Love" zwei Tophits enthalten sind, hatten sie ihren ganz eigenen Stil gefunden. Bis heute sind vierzehn Longplayer auf dem Markt, die den Sound von Mother's Finest in die ganze Welt hinaustrugen.
Ein weiteres recht seltenes Phänomen der Band ist ihre Anziehungskraft auf das Publikum, ohne dass ein aktueller Silberling in den Läden steht, denn die letzte Studioproduktion liegt nun schon jahrelang zurück. So ist Mother's Finest der Ur-Typ von Live-Bands, deren Ruf sich vorwiegend auf Konzertauftritten begründet. Nicht umsonst wurde die Gruppe durch ihren legendären Gig im WDR-Rockpalast (1978) in unseren Breitengraden bekannt und berühmt. So war es gar nicht verwunderlich, dass auch an diesem Samstagabend die Bluesgarage brechend voll war. Hunderte von Fans warteten nur darauf, sich von der Energie treiben zu lassen und das Tanzbein zu schwingen.
Und genau wie von allen erwartet, begann das Konzert. Als Mother's Finest pünktlich um 21.00 Uhr die Bühne betraten, nachdem sie sich mehr schlecht als recht den Weg durch das dicht gedrängte Publikum gebahnt hatten, ging von der allerersten Sekunde die Post ab. Die Rhythmus-Sektion um Jerry 'Wizard' Seay am Bass und Schlagzeuger Joseph Williams, die für mich zu den druckvollsten Antreibern der Rockmusik gehören, ließen die Bluesgarage in ihren Grundfesten erzittern, und die beiden Gitarristen Gary 'Mo Moses' Moore und John Hayes stiegen sofort mit harten Riffs ein. Dazu kam das Vocal-Duo Kennedy/Murdock schon beim Aufstieg zur Bühne tänzelnd über die Stufen. Dieser Schwung übertrug sich sofort auf das Publikum, sodass schon beim ersten Song niemand mehr still auf seinem Platz stand. Diese Musik lässt wirklich niemanden unberührt.
Neben dieser überschäumenden Energie fiel auch wieder der sehr gute Sound auf, der trotz der ziemlichen Lautstärke (herrlich, wie sich jeder Ton der Bassgitarre höllisch tief in die Gedärme bohrte), vorherrschte. Der Gesang von Joyce 'Baby Jean' Kennedy und Glenn Murdock kam auch in diesem klanglichen Inferno klar und deutlich rüber. Aber das wunderte mich nicht weiter, denn schon vor zwei Jahren legte die Band einen optimalen Sound hin, obwohl nur ein Mini-Soundcheck von zwanzig Minuten möglich war, nachdem der Tourbus im Stau stecken geblieben war und erst auf den letzten Drücker in Isernhagen eintraf. Hier sind halt sechs absolute Profis am Werk, die ihr musikalisches Handwerk perfekt verstehen.
So verliefen die hundert Minuten (es hätten ruhig etwas mehr sein dürfen) in dem Stil, der Mother's Finest so auszeichnet. Harte Funk-Rhythmen beherrschten die Szenerie, wobei sich die beiden Gitarristen die Soloeinlagen teilten oder sich den Spielball dabei gegenseitig zuwarfen. Auch der Gesang wechselte ständig zwischen Joyce und Glenn hin und her, wenn sie nicht gerade gemeinsam das Mikrofon schwangen. Diese von Soul durchtränkten Stimmen sind immer wieder ein wahres Hörerlebnis. Desweiteren bestach die Band durch ein ausgiebiges Improvisieren. Immer wieder wurden Tempo und Rhythmus geändert und Soloeinlagen von allen Musikern eingebaut, bevor man wieder zum Grundthema zurückkehrte. Wenn ich allein an das Solo an den vier dicken Saiten denke, wird mir immer noch ganz warm ums Herz. So kamen alle Songs auf eine sehr angenehm lange Spielzeit.
Immer wieder gern streut die Band auch mal eine Coverversion in ihr Repertoire ein. So auch an diesem Abend. Diesmal wurde Led Zeppelins "Rock'n'Roll" mit eingebaut. Aber wesentlich beeindruckender war die Version des Beatles-Klassikers "Strawberry Fields", das in einer sehr ergreifenden Fassung gebracht wurde. Da brachte der Mitsingrefrain selbst mir als Muffel solcher Einlagen sehr viel Spaß.
Überraschenderweise gab es im Mittelteil des Sets etliche neue Songs auf die Löffel, die alle von einem neuen Album stammten, zu dem die Aufnahmen inzwischen abgeschlossen sind. Klar, dass diese Ankündigung vom Publikum begeistert abgefeiert wurde. Auch diese Tatsachen trug wesentlich zu einem sehr gelungenen Konzertabend bei.
Als kurzes Schlussfazit bleibt festzustellen, dass Mother's Finest immer noch einer der heißesten Live-Acts ist, den es zur Zeit gibt. Und sollte mich meine geschätzte Kollegin Sigrid beim nächsten Mal erneut 'nötigen', wird es nicht lange dauern, bis ich überredet bin, mir diese Band ein weiteres Mal anzutun.
Line-up:
Joyce 'Baby Jean' Kennedy (vocals)
Glenn Murdock (vocals)
Gary 'Mo Moses' Moore (guitar)
Jerry 'Wizard' Seay (bass, backing vocals)
John Hayes (guitar)
Joseph Williams (drums)
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