Ich war derjenige, der bei Mind's Eye alles gemacht hat. Das hing mir echt zum Hals raus!
Daniel Flores Als Progressive-Mastermind bei Mind's Eye ist uns der schwedische Multi-Tasker Daniel Flores schon länger ein Begriff. Jetzt hat er für seine neue Band The Murder Of My Sweet Musiker und Stilrichtung geändert. Im RockTimes-Interview blickt der Drummer, Songschreiber und Produzent enthusiastisch nach vorn und enttäuscht bis verbittert zurück - an die Adresse seiner (Ex?-) Kollegen von Mind's Eye richtet er überraschend deftige Worte.


Interview vom 11.02.2010


Boris Theobald
RockTimes: Daniel, wie seid ihr eigentlich auf diesen ungewöhnlichen Bandnamen gekommen?
Daniel Flores: Bei einem Treffen der Band sind wir drauf zu sprechen gekommen, dass wir 'Film Noir' lieben, und unser Manager hat den Film "Murder, My Sweet" erwähnt. Da haben wir alle direkt gesagt 'Das ist es!' Wir wollten was, das uns wirklich Aufmerksamkeit bescheren würde und gleichzeitig auch die vielen Seiten der Band zeigt - von 'Mord' bis 'süß', sozusagen, und alles was dazwischen liegt.
RockTimes: In welcher Hinsicht hat der Name denn direkt mit der Musik zu tun - ist es für euch ein Album, das genau so gut ein Film-Soundtrack sein könnte?
Daniel: Das ist es! Genau so sehen wir das. Es ist der Soundtrack unseres Lebens oder zumindest davon, was war, als wir die Songs geschrieben haben. Ich bin absolut der Ansicht, dass Musik immer ein Bild der Zeit ist, in der du die Songs geschrieben hast. Also ist es unsere Filmographie, wenn du so willst.
RockTimes: Wie passen denn die ziemlich modernen Computersamples in die Musik, die doch von den 1940er-Filmen beeinflusst ist?
Daniel: Es passt. Es geht nicht darum, wie ein Haufen 70er-Jahre-Typen zu klingen. Wir wollen so klingen, wie eine Metalband in den 40ern geklungen hätte mit den Möglichkeiten von heute. Hast du Sin City gesehen? So ungefähr...
RockTimes: Schon mal drüber nachgedacht, diese opulenten Bombast-Klänge mit einem echten Orchester einzuspielen?
Daniel: Ja, aber die mp3s haben mit diesen Traum kaputt gemacht. Ich habe aber die ganzen Arrangements im Computer; da kann also jeder davon ausgehen, dass die Show live so perfekt klingt wie auf dem Album, und zwar mit noch mehr Energie.
RockTimes: Warum würdest du sagen, dass The Murder Of My Sweet innovativ und wegweisend sein können?
Daniel: Wegen all der Gründe, die ich eben schon genannt habe, und weil kein andere Band in dem Genre sich zwei Jahre Zeit genommen hat, um eine Platte wie diese aufzunehmen. Weil ich mein eigenes Studio habe, könnnen wir auf diesem Level arbeiten. Nur wenige Bands haben diesen Luxus und dieses Know-How. Wir haben beides, und damit wollen wir auch richtig Fuß fassen.
RockTimes: Mit dem Stück "Bleed Me Dry" seid ihr ja schon in den schwedischen Charts gelandet, bevor euer Debütalbum überhaupt das Licht der Welt erblickt hat... ist kommerzieller Erfolg, vielleicht im Pop-Radio, das, worauf ihr abzielt. Es gibt ja zum Beispiel auch ziemlich wenig Soli auf dem Album...
Daniel: Mainstream und eine Art Metal-Crossover, denke ich. Aber um ganz offen zu sein, es interessiert mich kein bisschen, auf wen wir abzielen. Ich will bloß die Bühne und mit jedem, der die Band mag Bier trinken und Spaß haben. Das ist das wirkliche Ziel!
RockTimes: Ziemlich auffällig ist ja der Schlusstrack "Death Of A Movie Star", nicht nur wegen der Länge...
Daniel: Nun, das ist ein cooler Song, der, wie ich denke, am Ende eines guten Albums steht. Du wirst noch viel mehr dieser Elemente auf dem nächsten Album zu hören bekommen - das ist eine Art Vorgeschmack auf das, was als nächstes kommt.
RockTimes: A propos nächstes Album...denkst du auch drüber nach, ein Konzeptalbum zu schreiben? Mensch, das wär doch klasse, so ein Schwarzweiß-Film-Szenario mit einem Privatdetektiv in L.A. und einer Story, die sich durch das komplette Album zieht!
Daniel: Hey, das ist eine coole Idee. Wir sind zwar zurzeit mehr in Richtung Science Fiction unterwegs, aber das ist gar keine üble Idee. Wir haben eine Sängerin... da wäre es vielleicht schwer, das durchziehen, aber ich weiß, was du meinst!
RockTimes: Was die Vorgeschichte der Band angeht, da hat ja nicht alles gleich so geklappt wie geplant...
Daniel: Nun, das tut es eigentlich nie. Ich wollte einfach aus meinem normalen Schreibe-Trott rauskommen, und das braucht Zeit. Ich muss nichts mehr beweisen, also bin ich mehr in die kommerzielle Richtung gegangen und habe versucht, dabei nach Möglichkeit nicht mein Gesicht zu verlieren. Angelicas Stimme hat die Band noch ein Stück weiter in diese Richtung gebracht. Aber das ist glaube ich gar nicht schlimm. Es war eine seltsame Reise, und sie ist noch nicht vorbei... Ursprünglich war alles für einen Sänger geschrieben. Als ich dann aber Angelica bei den Stücken ausprobiert habe, musste ich meine Meinung ändern und die Pläne komplett über Bord werfen. Und ich hab nie eine bessere Entscheidung getroffen!
RockTimes: Wie hast du die Band zusammenbekommen? Außer Johan [Bereits Basser bei Daniels Prog-Band Mind's Eye], meine ich natürlich...
Daniel: Andreas [Keyboard] hab ich durch Henrik Flyman von Evil Masquerade kennengelernt, eine dänische Band. Daniel P. [Gitarre] ist ein guter Freund von mir, und wir haben schon viele Alben zusammen gemacht. Dabei muss ich erwähnen, das Johan nicht mehr Teil der Band ist. Er fühlt sich nicht gut und braucht eine Auszeit. Henrik Linder ist unser neuer Live-Bassist. Mal sehen, was später draus wird.
RockTimes: Was für einen musikalischen Hintergrund hat denn eure Sängerin Angelica, die ja ziemlich im Vordergrund steht?
Daniel: Also sie hatte vorher wirklich nichts, das man erwähnen könnte. Das hier ist ihr erster professioneller Auftritt auf einem Album. Auch wenn sie schon ein paar Mal Hintergrundgesang bei ein paar kleineren Sachen gemacht hat, gibt's nichts wirklich Erwähnenswertes... Ich glaube, sie hatte vor einiger Zeit mal eine Coverband, in der sie Jazz-Sachen gesungen hat, aber sie will da nicht drüber reden, weil das nur zum Spaß war, gar nichts Ernstes.
RockTimes: Würdest du sagen, The Murder Of My Sweet ist eine Band oder ein Projekt?
Daniel: Eine Band, ganz klar. Wir haben nichts in unserem Leben, was mehr Spaß macht als das. Du wirst noch viel mehr von uns hören und sehen, darauf kannst du zählen!
RockTimes: Die Bandfotos sind echte Hingucker. Wie viel Wert legt ihr denn auch auf der Bühne auf die Show?
Daniel: Wie du schon angedeutet hast, die Optik ist sehr wichtig, und der 'Party-Faktor' ist auch wirklich hoch. Wir haben so viel Spaß auf der Bühne, und wenn wir groß genug werden, dann setzen wir mit Sicherheit noch eine viel größere Show in Gang. Erstmal hat live zu spielen und rauszugehen und unsere geliebten Fans zu sehen hat oberste Priorität.
RockTimes: Was sind denn die wichtigsten Einflüsse für The Murder Of My Sweet. Ihr schreibt 'alles von den Beatles bis Cradle Of Filth. Das meint ihr nicht sooo ernst, oder?
Daniel: Hast Du Demenoid gehört? Oder Mind's Eye, "Umbrellas Under The Sun"? Check das mal an und höre selbst.
RockTimes: Wieviel Mind's Eye steckt denn in The Murder Of My Sweet?
Daniel: Ich würde sagen, eine ganze Menge, weil ich derjenige war, der bei Mind's Eye alles gemacht hat. Das hing mir echt zum Hals raus. Ich kann weder faule Leute ausstehen noch Bands, bei denen faule Idioten mitmachen. Aber ich muss sagen, das Angelica sooo viel mit in diese Band bringt... es ist verrückt, sie singt wirklich mit vollem Herzen bei diesen Songs, sie wird jeden Tag noch stärker.
RockTimes: Und sie schreibt ja auch mit... Kannst du uns etwas über die Songtexte erzählen, um was geht es da?
Daniel: Das Leben; Dinge, die wir alle durchmachen. Liebe, Hass, Täuschung, Drogen, Scheidung, Krieg, Sex... das sind ein paar der Dinge, die mir einfallen, wenn ich drüber rede. Angelicas Texte sind für mich wie ein Haufen Kino-Drehbücher, da kommen einem wirklich Bilder in den Sinn. Es ist so erfrischend, eine Sängerin zu haben, die ihre eigenen Lyrics schreibt! Bei Mind's Eye gab es das nicht, weil die Ideen unseres Sängers viel zu schlecht waren...
RockTimes: Was sind für dich ganz persönlich deine Pläne und Wünsche mit bzw. für "The Murder Of My Sweet"?
Daniel: Mann, ich wollte endlich mal in einer echten Band sein, und das habe ich jetzt geschafft. Vielen Dank dafür... Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel Arbeit es ist, Songs zu schreiben, sie zu produzieren, den Leuten zu sagen, was sie spielen sollen und was sie anziehen sollen, wo sie auftauchen sollen und wann sie aufs Klos gehen sollen [entschärfte Übersetzung, Anm. der Redaktion]... das war wie eine endlose Reise, aber ich hab dabei so viel gelernt! Ich habe sogar eine Scheidung hinter mir, für die ich Mind's Eye die Schuld gebe. Diese Alben sind so gut konzipiert - und nur meine Mutter und meine Ex-Frau haben sie gekauft! Mit Frontiers sehe ich endlich mal ein bisschen Licht und kriege auch wesentlich mehr positives Feedback. Endlich bin ich im Leben angekommen - niemals zieht mich etwas zurück zu diesem Mist...
RockTimes: Heftige Worte... gibt's da noch eine Chance auf ein neues Mind's Eye-Album
Daniel: Vergiss Mind's Eye! Wirklich, diese Kerle haben zu keinem Zeitpunkt die harte Arbeit gewürdigt, die in so einem Album steckt... es ist also ob sie überhaupt keine Ahnung hätten, was abgeht. Zum Beispiel war ich es, der auf A Gentleman's Hurricane für Johan Niemann gespielt hat. Und er sagte dann, 'Mann, ist das gut, ich kann gar nicht glauben, dass ich darauf gespielt habe!' Das hat mich schockiert. Also warum mit etwas weitermachen, das dich irgendwann umbringen wird? Wenn ich jemals noch ein Album unter dem Namen Mind's Eye mache, dann nur mit jungen und frischen Leuten.
RockTimes: Danke für dieses Interview, Daniel, und danke für die Offenheit. Ich wünsch dir und den anderen bei The Murder Of My Sweet alles Gute!
Daniel: Sorry, dass ich bei den letzten paar Antworten so ruppig geworden bin... aber ich habe so viel dafür gegeben, mir hier in Schweden einen guten Ruf zu erarbeiten... und ich hätte nie geglaubt, dass es von Anfang an alles wertlos gewesen wäre. Danke für die Fragen. Hoffentlich sieht man sich mal auf Tour!
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RockTimes: Daniel, who came up with this unusual band name in the first place, and why?
Daniel: At a meating with the band we mentioned that we loved 'film noir' and our manager mentioned the film "Murder, My Sweet" and we all went like 'that's it'. We wanted something that would bring us a lot of attention and at the same time show the diversity of the band, everything 'murdering' to 'sweet' so to speak and everything in between.
RockTimes: In what way does the name actually correspond with the music - do you consider the album to be a 'maybe-filmscore'?
Daniel: That's it! That's how we see it, it's the soundtrack of our lives or at least where we 'as people were' back then when we wrote the songs. I strongly feel that music is a picture taken of the time being, when you created the song and so this is our filmography, if you will.
RockTimes: And how do the quite modern computer sound samples fit in this music that's being influenced by movies of the 1940ies?
Daniel: It fits, it's not about sounding like a bunch of 70-years guys, rather sounding like how a metal band 'with the knowledge we have today' would have sounded in the 40ies. Have you seen Sin City? Something like that.
RockTimes: Ever thought of using a real classical orchestra to produce your opulent and bombastic sounds?
Daniel: Yeah, but mp3 killed my dream. But I brought all the arrangements in my computer so everybody can expect the show to sound perfect live as on the record but with more energy behind it.
RockTimes: And then would you say that The Murder Of My Sweet is kind of cutting-edge? And if so, why?
Daniel: For all the reasons above and for the fact that no band in our genre has taken two full years to create a record like this. As I have my own studio we can take it to that level, very few bands have that luxury or the knowledge. We have both, and we are here to stay.
RockTimes: With the song "Bleed Me Dry" you actually achieved a chart position even before your debut album saw the light of day... is commercial success, maybe through pop radio, what you are aiming at with The Murder Of My Sweet? There is quite little soloing on the record, e.g...
Daniel: Mainstream and a kind of metal crossover, I think, but to be really frank, I don't give a damn who we aim at, I just want to drink beer and party on stage with everybody that loves the band. That's the real goal!
RockTimes: What is pretty striking is the last track, "Death Of A Movie Star" - not only because of its length...
Daniel: Well, it's a cool song that I think ends a good album, you will hear much more of these elements on the next album. A sort of a teaser of what to come in the next one.
RockTimes: Speaking of the next one... Are you thinking about writing a concept album in the future? Man, wouldn't that be nice... some of this black-and-white L.A. private eye scenery and a storyline pulling through a whole album?
Daniel: Hey! That's a cool idea, although we are more into science fiction these days, that's not a bad idea. A our singer is female, that would maybe be pretty hard to pull through, but I hear ya.
RockTimes: What is the history of The Murder Of My Sweet? It didn't work out as you initially planned it right away, did it...
Daniel: Well it never does really. I just wanted to get out of my normal state of writing and that takes time. I have nothing to prove anymore so I went into the commercial thinking and I tried to get into that as far as I could without losing face. Angelica's voice took the band even further into that genre but that's not a bad thing I think, it's been a strange journey and it's not over yet. Initially this was written for a male singer but as I tried out Angelica for the songs I had to change my mind and 'kill my darlings', so to speak, never have I made a better choice.
RockTimes: How did you get this band together, apart from Johan [bassist of Mind's Eye of course...
Daniel: Andreas [keyboards] I meat through Henrik Flyman of Evil Masquerade a Danish band. Daniel P. [guitars] is a very close friend of mine and we have done many albums together. I have to mention that Johan is not longer part of the band, he is ill and needs time off, so Henrik Linder is our new player on the road, let's see what happens later on.
RockTimes: What is the musical background of your prominently featured singer Angelica, especially?
Daniel: Well, she has nothing to speak of really, this is her first professional appearance on record and even if she has done some background singing for some smaller stuff, there is really nothing to speak of… I think she had a cover band where she sand Jazz stuff some time ago but she doesn't want to talk about that as that was just for fun and no seriousness involved.
RockTimes: And now, would you say it is a band, a project...?
Band for sure, there is nothing else going on in our lives which we think is more fun than this. You will see and hear much more from us, count on it.
RockTimes: The pictures from the band are quite eye-catching. How big is the focus on the show on stage then?
Daniel: As you said, the visual is very important and the 'party factor' is really strong, too. We have so much fun on stage and when we get big enough we will bring a much bigger show on the road, for sure. For now, playing live and getting out to see our beloved fans is our first priority.
RockTimes: What are the most important influences of The Murder Of My Sweet. You write 'everything from the Beatles to Cradle Of Filth... not tooootally serious about that, are you?
Daniel: Have you heard Demonoid? Have you heard Mind's Eye - "Umbrellas Under The Sun"? Check it out and hear for yourself.
RockTimes: How much Mind's Eye is there in The Murder Of My Sweet?
Daniel: I would say a lot as I was the guy doing everything in Mind's Eye, a fact that I got really tired of when being in Mind's Eye. I can't stand lazy people and that band has some lazy fuckers involved. But I have to say that Angelica bring so much into this band, it's crazy, she really sings her heart out in these songs, I can only see her growing stronger and stronger every day.
RockTimes: And she contributes as a songwriter, too... Can you tell us something about the lyrics, what your songs are about?
Daniel: Life, stuff that we all go though. Love, hate, deception, drugs, divorces, war, making love… These are some of the things that come to mind when speaking about it. Angelica's lyrics are to me like a bunch of cinematic scripts, they are really visual. It's so refreshing to have a singer that writes her own lyrics. In Mind's Eye I didn't, because the singers ideas where too poor...
RockTimes: For you personally, what are your plans and wishes with and for The Murder Of My Sweet?
Daniel: Man, I just want to be in a real band for once and I really have that now - thank you very much - you can't imagine how much work it takes to write songs produce them, tell people what to play what to wear, where to show up, when to piss and when to shit… it's like a never ending journey, but I learnt so much while doing it. I have a divorce of which I blame Mind's Eye for, those albums are so well-crafted and only my mom and ex wife bought them… With frontiers I'm finally seeing some light during the day and also getting much more positive response, this is life at last, never going back to that shit.
RockTimes: Strong words, indeed. Any chance at at all that we are going to hear another Mind's Eye record?
Daniel: Forget Mind's Eye. Really, those guys never appreciated the hard work behind those albums, it's like they don't know what going on in them… and they played on them... for instance, I played the album A Gentleman's Hurricane for Johan Niemann, and he was like 'damn this is good. I can't believe I played on this!' That shocked me. Why continue with something that eventually will kill you? If I ever do an album with Mind's Eye, it will be with young and fresh people.
RockTimes: Thank you for this interview, and for your frankness. And all the best for you and your bandmates!
Daniel: Sorry for the harshness in my last couple of questions, but I have lost so much in trying to achieve a good reputation here in Sweden, never thought it was a lost cause since the beginning. Thanks for your questions, I'm honored. Hope I'll see you on the road, man.
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