Jonah Tolchin und Chuck Prophet & The Mission Express im Nightclub auf Roepaen. Bei den beiden Künstlern konnte der musikalische Unterschied kaum größer sein.
Gut, dass es zwischendrin eine kurze Pause gab. Gegen 20:30 Uhr befand sich Jonah Tolchin auf der Bühne, öffnete den Gitarrenkoffer, schulterte das akustische Instrument, auf dem er die nächsten ungefähr dreißig Minuten spielen sollte und hauchte eine sehr zurückhaltende Begrüßung ins zahlreich erschienene Publikum. Der Mann aus New Jersey, ansonsten mit seinen Lonesome Angels unterwegs, verwöhnte den noch jungfräulichen Abend im Nightclub auf Roepaen mit einem sehr sinnlichen Beginn. Schon im ersten Lied konnte man seine Fingerfertigkeit auf dem Fretboard der akustischen Gitarre bewundern. Der Nagel seines rechten Daumens hatte fast die Dimension eines Plektrums und seinem Song verpasste er einen zurückhaltenden, aber immens intensiven Groove. Phasenweise verpasste er seiner Stimme einen gutturalen Klang, der für interessiertes Hinhören sorgte.
Durch eine famose Gitarrentechnik zauberte der Singer/Songwriter Jonah Tolchin balladeskes wie durchaus auch rockendes Ambiente. Wenn er das Bottleneck einsetzte, brachte er auf ganz besondere, feinfühlige Art und Weise die Saiten zum Schwingen. Vom Dach pfiffen es die Spatzen quasi mit, wenn der Protagonist mit "Mockingbird" (vom Album Clover Lane) wunderschöne Folk-Kost servierte. Sein Fingerpicking war schon zum Staunen und rockige Riffs hatte er auch zu bieten. Neben Nummern aus dem gerade erwähnten Album präsentierte Jonah Tolchin mit "Timeless River" eine brandneue Komposition. Die poetische Ballade ging unter die Haut. Seinen Kurzauftritt krönte er mit einer nachhaltigen Version von Hank Williams' "Lost Highway".
Nach einer kurzen Werbeunterbrechung mit Musik aus der Konserve enterten Chuck Prophet & The Mission Express die Bühne. Ja, dieses Quintett hatte bei diesem Konzert eine Mission und die stand so etwa unter dem Motto 'handgemachte Unterhaltung und pure Freude'.
Von Beginn an rockte die Combo den Nightclub und bis in die hinteren Reihen feierte man mit einer bestens aufgelegten Band eine echte Party. Mit einem Titel wie "Guilty As A Saint" vom Album Night Surfer oder "Doubter Of Jesus (All Over Me)" gab man sich im ehemaligen Kloster Maria Roepaan auch ziemlich kritisch. Der Rock war ganz nach dem Geschmack des Publikums. Ob Fan, Intimus oder Begleiterin/Begleiter waren alle Songs infizierend. Das Wechselspiel innerhalb eines Tracks zwischen temporeichem Rock, ruhigeren Phasen und dann wieder Gas geben waren Markenzeichen eines Chuck Prophet & The Mission Express, die die Zuschauer ein ums andere Mal begeisterten.
James DePrato war definitiv mehr als nur der Begleitgitarrist. Er sorgte mit seinem Sound für die eine oder andere Überraschung, auch im Solo und mit seinem Bottleneck brachte er viel Farbe ins Geschehen. Chuck Prophet hat Musiker in seiner Kapelle, die ihm, auch was den Chorgesang anging, auf Augenhöhe begegneten. "Little Girl, Little Boy" war ein herrliches Duett von Stephanie Finch und dem Frontmann. Die Keyboarderin schulterte auch die Gitarre und sang mit ihrer vergleichsweise zarten Stimme Lead Vocals. Toll!
"Summertime Thing" war eines der längeren Stücke mit verträumten Beginn, bei dem Chuck Prophet nur von der James DePrato-Slidegitarre begleitet wurde und der damit auch durch das Stück führte. Desöftern machte der Bandleader bei seinem Gesang Gebrauch vom Fahrradlampen-Mikrofon. Schöner Effekt! Der Titelsong des Albums "Temple Beautiful" und besonders der Track "Willie Mays Is Up At Bat" brachte die Anhänger des aus San Francisco stammenden Musikers ins Schwärmen und in Bewegung. Am Ende der letztgenannten Nummer servierten die beiden Gitarristen dem begeisterten Publikum auch noch einen Southern-Twin-Sound. Überraschung!
Songs aus der "Temple Beautiful"-Scheibe waren dann noch "Who Shot John" oder "White Night, Big City". Chuck Prophet musste das Publikum gar nicht lange für die gesungenen Frage-Antwort-Spielchen animieren. Die Leute hingen ihm ja förmlich an den Lippen und wenn er sie aufgefordert hätte, ein 'Vaterunser' zu beten, sie hätten es getan. Bei der langen Liste an Alben und damit auch Songs hatte der ehemalige Green On Red-Musiker auch Zeit für Coversongs.
Bei einem Lied standen Iggy & The Stooges Pate und in der Zugabe gab es eine raue Portion Rock'n'Roll mit Chuck Berrys "Too Late". Bei diesem Konzert gab es keine hemmenden Dämme. Die Zuschauer und Band waren sozusagen eine Einheit und zur Krönung der Party zelebrierte man gemeinsam "You Did (Bomb Shooby Dooby Bomb)". Chuck Prophet & The Mission Express schickten nur rundum zufriedene Menschen auf den Heimweg.
Wir bedanken uns bei Lotte Kuijpers vom Cultureel Podium Roepaen für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Chuck Prophet (guitars, vocals)
James DePrato (guitars, backing vocals)
Stephanie Finch (keyboard, guitar, vocals, backing vocals)
Kevin White (bass)
Vincente Rodriguez (drums, backing vocals)
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