Joe Pitts steht schon seit den Anfangstagen von RockTimes unter unserer Beobachtung, als Kollege Ulli zwei Alben seiner Band Liquid Groove Mojo unter die Lupe nahm. Danach beschäftigten sich nacheinander Ulli, Norbert, Jürgen Berking und Joe mit den Longplayern des amerikanischen Sängers/Gitarristen unter seinem eigenen Namen. Man sieht also, die Musik dieses Mannes erweckte das Interesse von fast allen Redakteuren unseres Magazins, die sich mit den Bereichen Blues Rock, Blues und Jam befassen. Und mir wurde an diesem Donnerstagabend die Ehre zuteil, die Joe Pitts Band erstmals für uns live auf der Bühne erleben und darüber berichten zu dürfen. So wird dieser Report wohl von vielen meiner lieben Kollegen mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Doch viel wichtiger ist natürlich, dass ich unseren Lesern einen Eindruck vermitteln kann, wie sich die Joe Pitts Band live ihren Zuhörern präsentiert.
Im Rahmen ihrer Promotion-Tour zum aktuellen Album Ten Shades Of Blue machte das Trio nur für einen einzigen Deutschland-Gig Station in Isernhagen, bevor es dann gleich weiter in Richtung Italien ging. Wieder einmal scheute Bluesgarage-Mastermind Henry kein Risiko und holte die Band, die sich nicht all zu oft in unseren Breitengraden sehen lässt, in sein Domizil, wohl wissend, dass sich, noch dazu mitten in der Woche, wahrscheinlich nicht gerade Publikumsmassen zu diesem Konzert einfinden würden. So etwas nenne ich Liebe zur Musik. Hut ab, Henry! Meine Hochachtung vor dieser Entscheidung.
Und genau so kam es dann auch. Um 20.00 Uhr, bei Beginn des Auftrittes, tummelte sich fast nur die 'Stammbesetzung' der Bluesgarage vor der Bühne. Sicherlich nicht gerade aufbauend für die Musiker, aber immerhin war damit gewährleistet, dass sich ein extrem fachkundiges Publikum im Saal befand, das jede gute Darbietung entsprechend zu würdigen weiß. Und unter den Anwesenden herrschte eine hohe Erwartungshaltung, denn die Joe Pitts Band war zum ersten Mal Gast in Isernhagen. Auch ich konnte eine gewisse Spannung nicht verleugnen, zumal ich bis dato noch nicht einen einzigen Ton der Gruppe gehört hatte, sondern mich mal wieder blind auf die Kritiken der geschätzten Kollegen verlassen hatte. Aber dabei bin ich auch noch nie schlecht gefahren!
Gott sei Dank sahen auch Joe Pitts und seine Mitstreiter das eher mäßige Publikumsinteresse ganz locker und gingen sehr entspannt an ihre Aufgabe heran. Dabei wurde sehr schnell klar, dass es dem Trio einzig und allein um eine perfekte Darbietung ihrer Musik ging. Es gab zu keiner Zeit irgendeine Effekthascherei oder übertriebene Showeinlagen. Ohne jede Mätzchen spielte sich die Band konzentriert durch ihr Programm, das im ersten Teil aus Songs des aktuellen Albums bestand. Vom ersten Ton an fiel mir das perfekte Zusammenspiel der drei Protagonisten auf, die sich hervorragend ergänzten und dabei auch über ein großes Potential an ihren Instrumenten verfügten.
Besonders auffällig bei dieser Show war dabei das Spiel von Jimmy Lynn, der seinen Bass sehr eigenständig einsetzte und ihn zu weit mehr als einem reinen Rhythmusinstrument machte. Andy Fraser und Jack Bruce ließen an allen Ecken und Enden grüßen. Dazu passte die sehr variable Schlagzeugarbeit von Lance Womack wie die Faust aufs sprichwörtliche Auge. Herrlich, wie der Drummer sowohl präzise und knochentrocken für enormen Drive sorgte, um dann gleich wieder butterweich und gefühlvoll an die Beckenarbeit zu gehen. Bei diesem Gig spielte er seine ganze Routine aus, denn schließlich trommelte er u. a. schon für Leute wie Albert King und Ronnie Lane, was allein schon für seine Qualitäten spricht. Man sieht also, hier waren exzellente Musiker am Werk.
Doch nun zum Namensgeber himself. Joe Pitts zählt unter andrem Duane Allman und Walter Trout zu seinen Vorbildern an der Gitarre. - Und das macht er immer wieder ganz deutlich. Hart und dabei doch sehr bluesig setzt er den Sechssaiter ein und verstrickt sich dabei niemals in irgendwelche Frickeleien. Obwohl seine Songs immer wieder mal in den Jam Rock-Bereich abdriften, kommt es zu keiner Zeit zu überflüssigen Überlängen oder gar Langeweile in den Soloparts. Alle Titel haben, trotz der vielen Improvisationen, ein festes System, das die Spannung aufrecht erhält und die Zuhörer von Anfang bis Ende fesselt. - Das alles ganz im Stile von Walter Trout.
Im Gegensatz dazu bewegt er sich, sobald er das Slide-Röhrchen überstreift. Nun beherrschen die weichen, fast singenden und herrlich dahin fließenden Bottleneck-Sounds das Geschehen, die vor vier Jahrzehnten zum Markenzeichen des legendären ABB-Gitarreros Duane Allman wurden. Es ist schon großartig, wie Joe Pitts den so typischen Klang dieses viel zu früh verstorbenen Saitenhexers drauf hat. Sofort kommt im Publikum das gewisse Southern Rock-Feeling auf, das durch den ständigen Wechsel zwischen Lead- und Slidegitarre nur noch verstärkt wird. Joe Pitts schafft es, gleich zwei Gitarristen in einem Song zu ersetzen. Ganz großes Kino, Joe!
Zu den Highlights des zweistündigen Sets gehörten auch einige Coverversionen der Band. So traute ich meinen Ohren kaum, als plötzlich eine richtig geile Fassung von Led Zeppelins "Dazed And Confused" angestimmt wurde. Zwar fehlte die markante Stimme eines Robert Plant, aber musikalisch stimmte einfach alles, inklusive des psychedelischen und extrem verzerrten Mittelteiles. Da wäre wohl auch ein Jimmy Page total begeistert gewesen.
Weiterhin konnte auch die Version meines Cream-Faves "Tales Of Brave Ulysses" voll punkten, bei dem Jimmy Lynn an den Vocals sehr nahe an das Original von Jack Bruce heranreichte, und auch Herr Clapton hätte seine helle Freude an dem Gitarrenspiel gehabt.
Natürlich wurde auch ein Allman Brothers-Titel gespielt. "One Way Out" war das Paradebeispiel für meine weiter oben beschriebenen Gefühle bezüglich des Southern-Jam-Rock. Die Zuhörer waren begeistert und forderten stürmisch eine Zugabe, die auch nach kurzer Zeit bereitwillig angestimmt wurde. Und nun gab es mit "Voodoo Trane" vom Album One More Day noch eine richtige 15-minütige Jam Session, bevor sich die Band endgültig zurückzog.
Wie viel Spaß Joe Pitts an diesem Konzert hatte, konnte ich bei einem kurzen Gespräch mit ihm beim Signieren seines neuen Albums spüren, als sich der sympathische Musiker sehr positiv zu der Show und dem kleinen aber feinen Bluesgaragen-Publikum äußerte.
Ich hoffe, auch die italienischen Fans werden diese wunderbare Musik zu schätzen wissen, und ich werde mit Sicherheit auch beim nächsten Gig in der Bluesgarage wieder mit dabei sein. Dann aber hoffentlich vor mehr Zuhörern.
Line-up:
Joe Pitts (guitar, vocals)
Jimmy Lynn (bass, vocals)
Lance Womack (drums)
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