Als ich den Briefumschlag der RockTimes-Redaktion mit der versprochenen CD in Empfang nehme, fürchte ich schon das Schlimmste im Hinblick auf die Ausstattung des Promo-Exemplars, so dünn und so biegsam war der Umschlag. Und tatsächlich: Nicht das übliche Jewel-Case, sondern lediglich zwei in eine Plastikfolie eingepackte CDs kommen heraus. Immerhin das - dünne - Booklet sowie das Inlet für eine CD-Hülle (im EAN-Code gelocht, damit niemand auf die Idee kommt, die CD gewerblich zu verkaufen!), so dass - wer will - sich doch noch ein 'richtiges' Album basteln kann. Ruf-Records-typisch, habe ich mir sagen lassen.
Und ein das Produkt etwas erläuternder 'Waschzettel'? Fehlanzeige! Dabei wäre er gerade hier sehr hilfreich angesichts der Ankündigung, dass Omar Kent Dykes für diese Best-Of-CD - um mit seinen Worten zu sprechen - »meine größten Erfolge kombiniert mit den Songs, von denen ich denke, dass es meine besten Arbeiten sind « zusammengestellt hat. Interessant wäre es nämlich gewesen, welche Gründe im Einzelnen für die Aufnahme eines Songs in die "Essential Collection" maßgeblich waren.
So bin ich auf die wenigen Liner Notes im Booklet angewiesen, denn auch die Plattenfirma stellt auf ihrer Homepage keine weitergehenden Angaben zur Verfügung (Allerdings findet sich dort immerhin eine Künstler-Biographie). Hieraus ergeben sich leider nur wenige Informationen zu den persönlichen Favoriten des Protagonisten - und auch diese nicht vollständig abdeckend. Deutlich wird aber, dass deren Berücksichtigung im Einzelnen eher biographische als musikalische Gründe hat.
Verwundern tut schließlich, dass zwar die Karriere von Omar Kent Dykes angabegemäß bereits seit fast fünfzig Jahren andauert, die vorliegende Musikauswahl sich aber auf die letzten 20 Jahre beschränkt. Und dass die Reihenfolge der Tracks - auf CD 1 zudem etliche Live-Versionen - zeitlich arg durcheinander geht, ohne dass hierfür eine Erklärung ersichtlich wäre, passt auch irgendwie ins Bild einer 'zusammengewürfelten' Zusammenstellung.
Bleiben wir noch ein bisschen bei den 'Formalitäten': Bereits die Interpretenangabe auf dem Cover ist nicht ganz zutreffend, da Kent Dykes - so der eigentliche Name desjenigen, der hinter dieser Band steht - einige hier enthaltene Songs unter seinem eigenen Namen als Solokünstler bzw. im Zusammenspiel mit anderen Musikern eingespielt hat.
Und schließlich greife ich hinsichtlich der Ausstattung der CDs die Bemerkung von Joachim 'Joe' Brookes auf, der im Review zur letzten CD von Omar Kent Dykes, Big Town Playboy, (aus der vorliegend kein Song Berücksichtigung gefunden hat!) angekündigt hatte, dass er zum CD-Outfit einer Ruf-Scheibe erst dann wieder etwas sagen will, wenn diese nicht im schwarzen Vinyl-Look erscheint. Voilà - vorliegend ist dies der Fall! Zwei klassische Silberlinge, rückseitig bunt bedruckt mit alten Konzertplakaten - wie auch Book- und Inlet - sowie einem Teilblick auf Omars Gitarre. Das sechsseitige Booklet enthält - neben den bereits angesprochenen kurzen liner-notes - sämtliche Titelangaben (ohne Spielzeit) mit Hinweis auf deren erstmalige Veröffentlichung sowie die jeweiligen mitgestaltenden Musiker; das ist auch das Mindeste für einen derartigen Sampler!
Musikalisch bekommt man mit der Zusammenstellung das, was man bei Omar Kent Dykes erwarten kann: klassischen, bodenständigen Blues mit Tendenz zum Blues Rock, aber auch vielen anderen verwandten Stilelementen. Solide dargeboten, mal rauer, mal sanfter, mal langsamer, mal schneller, bis auf eine Ausnahme (dazu später) auf elektrischer Gitarre gespielt. Keine interpretatorischen Höhepunkte, keine ausgelebten Gitarrenfrickeleien, sondern stets rhythmische, wohl durchdacht produzierte Songs. Das klingt mal ein wenig nach Creedence Clearwater Revival ("Mississippi Hoo Doo Man"), mal nach ZZ Top ("Wall Of Pride"), mal sogar nach Canned Heat ("Boogie Man"). Immer aber klingen die Songs nach Omar Kent Dykes, womit ich sagen will, dass seine Kompositionen musikalisch durchaus eigenständig sind.
Denn über allem liegt die bemerkenswerte Stimme von Omar Kent Dykes.Wie hat Norbert Neugebauer bei seiner Rezension der von Dykes zusammen mit Jimmy Vaughan eingespielten CD On The Jimmy Reed Highway so treffend geschrieben? »Dykes ist ein Mann mit gewaltigem, kratzigen Bass in der Stimme, ein Bluesshouter wie es nicht viele in der Kategorie gibt.« Richtig! Dabei ist die Stimme durchaus wandlungsfähig und vielfältig, so dass auch hierüber wenig Langeweile aufkommt.
Darüber hinaus besteht vorliegend eigentlich keine Veranlassung, die Musik von Omar & The Howlers näher zu beschreiben; dies ist nicht nur bei den bereits angesprochenen Scheiben, sondern auch hier bzw. hier ausreichend erfolgt. Dennoch möchte ich zwei von "Omar's Picks" besonders erwähnen.
Den Schluss-Song von CD 2, "Built For Comfort", hat Dykes im Jahr 2008 zusammen mit Magic Slim sowie einem gewissen Rock Nalle eingespielt. Bei Letztgenanntem handelt es sich nach meinen Recherchen um den dänischen Sänger Nalle Sørensen , der jedoch hier als Drummer aufgeführt ist. Die drei haben gemeinsam im Jahr 2008 die CD "Chapel Hill" aufgenommen, von der ich nur weiß, dass sie existiert, für die ich aber - außer über eine illegale Download-Plattform - leider keine Bezugsmöglichkeit gefunden habe. Denn was die drei Namensgeber für jene CD, Nalle, Omar & Magic Slim, hier musizieren, ruft durchaus nach 'mehr'. Die Willie Dixon-Komposition wird hier in einer rein akustischen Version dargeboten und ist allein schon aus diesem Grunde etwas Besonderes.
Dass mit dem "Work Song" ausgerechnet eine der lediglich vier Fremdkompositionen - die zudem ausschließlich auf CD 2 untergebracht sind, also Omars Favoriten darstellen - mir am besten von allen Songs gefällt, soll die kompositorischen Fähigkeiten des Protagonisten keineswegs schmälern. Aber wo vieles ähnlich klingt, sticht halt das etwas Besondere demgegenüber hervor. Zudem fahre ich derzeit sehr auf Gebläse-unterstützten Blues Rock ab, und dieser mit zwei Saxofonisten dargebotene Song kommt da genau richtig. Und immerhin bezeichnet Dykes die Aufnahme als einen seiner persönlichen Höhepunkte!
Mit der Veröffentlichung dieses "Best Of"-Albums Anfang November hat auch Ruf-Records sicherlich bewusst das Weihnachtsgeschäft im Auge gehabt. Hierfür eignet sich das Album durchaus, um dem zu Beschenkenden einen guten - wenn auch zeitlich nur eingeschränkten - Blick auf das Werk von Omar & The Howlers bzw. insbesondere des Leitwolfs Omar Kent Dykes zu verschaffen. Nicht mehr - aber auch nicht weniger!
Tracklist |
CD 1 - Best Of:
01:Magic Man (5:17)
02:East Side Blues (6:03)
03:Border Girl (3:54)
04:Hard Times In The Land Of Plenty (4:50)
05:Bad Seed (3:30)
06:Wall Of Pride (3:40)
07:Mississippi Hoo Doo Man (4:55)
08:Big Chief Pontiac (2:13)
09:Tears Like Rain (3:53)
10:Monkey Land (4:20)
11:Snake Oil Doctor (5:01)
12:Muddy Springs Road (4:00)
13:Boogie Man (5:04)
14:You Made Me Laugh (3:48)
15:Jimmy Reed Highway (4:04)
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CD 2 - Omar's Picks:
01:I Want You (3:24)
02:Snake Rhythm Rock (4:00)
03:Burn It To The Ground (3:49)
04:Got My Heart Set On You (2:56)
05:Work Song (4:03)
06:Alligator Wine (4:21)
07:Do It For Daddy (3:35)
08:I'm Wild About You (4:32)
09:That's Your Daddy Yaddy Yo (4:09)
10:Stone Cold Blues (5:27)
11:Girl's Got Rhythm (3:12)
12:Life Without You (4:07)
13:World Of Trouble (3:22)
14:Sugar Ditch (5:00)
15:Built For Comfort (2:58)
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Externe Links:
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