"Live In Chicago" ist Dave Specters erste DVD.
Das letzte Audio-Dokument dieser Art in seiner Diskografie liegt nun schon dreizehn Jahre zurück, hat den Titel "Live In Europe" und wurde bei den Breminale Blues Nights aufgenommen.
Bereits damals dabei war Tad Robinson, seines Zeichens Harp-Spieler und Sänger, dabei. Specter und Robinson sind über die Jahre so etwas wie musikalische Blutsbrüder geworden und es ist nicht verwunderlich, dass Tad beim DVD-Debüt natürlich nicht fehlen darf.
Der Gitarrist gehört zu einem der Urgesteine des Delmark-Labels, denn genauso wie die stets hohe Qualität seines Blues ist auch die Konstanz bei der Zugehörigkeit zur Plattenfirma: Ganze 17 Jahre sind es mittlerweile.
Ein Mikrofon braucht der Mann nur für die Überleitungen zwischen den Songs und um seine Gäste anzukündigen. Specter hat seine Stimmbänder nie für den Gesang strapaziert. Er war und wird es wohl immer bleiben: Ein Gitarrist, dessen Instrumentals keinewegs nur zufällige Lückenfüller sind. Er artikuliert sich über die sechs Saiten seiner halbakustischen Gitarre und das kann der 45-jährige mannigfaltig.
Natürlich mit dem Touch des Chicago-Blues. Aber nicht nur, denn er hat seinen Stil immer weiter entwickelt und so finden sich auch weitere Spielarten des 12-Takters auf der gut gefüllten DVD.
Neben Robinson war der Gitarrist/Sänger Jimmy Johnson beim Auftritt in Buddy Guys Legends dabei und einen Tag später die Soul-Stimme Sharon Lewis in Rosas Blues Lounge.
In der Tradition von Otis Rush, Magic Sam oder T-Bone Walker stehend, wird "Live In Chicago" zu einem audio-visuellen Genuss mit nicht wenigen Überraschungen.
In erster Linie muss, neben dem weiteren ständigen Begleiter Harlan Terson (bass) wohl der Keyboarder John Kattke genannt werden, der mit seiner langen Haarpracht eher wie ein Blues- oder Southern-Rocker wirkt. Eine reine Äußerlichkeit, denn sein Spiel steht vielmehr im Zeichen des puren Blues mit einer immer wieder eingestreuten jazzigen Variante. Welches Niveau der Tastenmann hat, belegen die Musiker, bei denen er unter anderem schon spielte: Larry McCray und Luther Allison.
Bevor es zum Konzert in Buddy Guys Club kommt, hat man einen feinen Einstieg gefunden, weil der Betrachter nicht nur durch die vielen Memorabilia einen Eindruck der Location bekommt.
Die Impressionen sind bereits mit dem von Specter geschriebenen Instrumentalstück "Boss Funk/Riverside Ride" unterlegt. Hat der Mann einen Groove in den Fingerspitzen! Das macht direkt Laune, besonders der "Riverside Ride"-Part, in dem der Protagonist gleich mal Platz für ein Keyboard-Solo macht.
Für die nächsten drei Tracks wird es auf der nicht gerade geräumigen Bühne etwas enger, denn der kahlköpfige, Kinnbart tragende Tad Robinson stößt zur Blues-Party. Mit seiner chromatischen Harp entwickelt sich ein famoses Flair und auch mit seinen gesanglichen Fähigkeiten brilliert er umgehend. Da gibt es kein Entkommen. Specter zündet ein Solo der schärferen Sortierung und durch die Nahaufnahme seines Arbeitsgerätes kann man die Fingerfertigkeit vom Feinsten beobachten. Hey, was ist denn das? In einem kleinen Bild in der rechten unteren Ecke wird der Tastenmann eingeblendet. Raffiniert gemacht und schön anzusehen. Der Drummer Marty Binder shuffelt ohne Unterlass.
Mit Tom T. Halls "How I Got To Memphis" variiert man die musikalische Atmosphäre, denn es ist Soul-Blues angesagt. Es lohnt sich, die Lautstärke hochzudrehen! Das sachkundige Publikum haben die Künstler bereits auf ihrer Seite. Dann folgt der von Robinson geschriebene Titel "What's Your Angle?" Der Harper wechselt zu einer Diatonischen (schön anzusehen, mit welcher Hingabe und Körpersprache er spielt) und Marty Binder, der schon bei Albert Collins am Schlagzeug saß, trommelt mit einem Latin-Rhythmus. Auch das steigert die Freude vor dem Bildschirm und den Boxen.
Nachdem ein weiteres Instrumental, "Texas Top", mit tollem Kattke-Solo, bei dem Specter in einem kleinen Bild eingeblendet wird, ist es Zeit für den Blues-Veteran Jimmy Johnson. Für den Beifall erhebt sich das Publikum von den Sitzen.
Auch der Gitarren-Gast spielt eine Halbakustische und der 'elder Bluesman' ist so etwas von toll bei Stimme. Zwei Gitarristen, die sich gegenseitig die Bälle zuwerfen und zur Freude der Zuschauer unablässig solieren, geben sich Gourment-mäßig die Kante.
Der erste DVD-Bonus-Track dürfte allen Blues-Fans bestens bekannt sein: Willie Cobbs "You Don't Love Me" mit dieser, immer wieder gerne gehörten Tonfolge, hier natürlich unisono von zwei Gitarren dargeboten. Ein krönender Legends-Abschluss.
Same procedure, natürlich positiv zu verstehen: Zur Einleitung gibt es, jetzt allerdings durch "The Hollywood Park Shuffle", einem weiteren Bonus-Track, musikalisch unterlegt, Eindrücke aus Rosas Blues Lounge. Kattke hat sich mittlerweile zu einem ebenbürtigen Specter-Partner entwickelt. Der Mann ist eine Klasse für sich.
Enttäuschung hätte sich breit gemacht, wenn der Song Is What It Is nicht auf der DVD wäre.
Dieses Markenzeichen darf nicht fehlen und das Stück ist auch in der Live-Variante genial. John Kattke muss nicht mehr besonders erwähnt werden.
Es wird Zeit für die 'Quoten-Frau': Die letzten drei Nummern singt Sharon Lewis, wobei "Every Goodbye Ain't Gone" das Trio der Bonus-Tracks vervollständigt.
Los geht es aber mit ihrer eigenen Nummer "In Too Deep". Mensch, die Frau hat eine Präsenz auf der Bühne und Feuer… in der Kehle. So etwas ist ansteckend. Auch für einen ansonsten vielleicht ruhigeren Dave Specter.
Soul-Stimme und Funk-Gitarre treffen im bereits erwähnten "Every Goodbye Ain't Gone" aufeinander. Wenn für "Angel" so zirka drei Gänge runter geschaltet wird, erreicht die Band das balladeske Ufer und Sharon Lewis Stimme erzeugt Gänsehaut.
Eine Konzert-DVD, aufgenommen an zwei verschiedenen Orten in Chicago präsentiert sich wie aus einem Guss. Dafür hat sich Dave Specter brillante Gäste eingeladen.
Ach ja, es gibt noch 'Special Features'… .
Neben einer Galerie von Bildern aus seiner Karriere und einer Diskografie ist der "… Commentary"-Part sehr interessant. Der Gitarrist hat viel zu erzählen und benutzt als roten Faden ganz einfach die beiden Konzerte, die er kommentiert. Wirklich sehr kurzweilig.
Dave Specters DVD-Debüt ist ausgesprochen gelungen ausgefallen und erhält locker 8 von 10 RockTimes-Uhren.
Line-up:
Dave Specter (guitar)
John Kattke (keyboards)
Harlan Terson (bass)
Marty Binder (drums)
With:
Tad Robinson (vocals, harmonica - #2, 3, 4)
Jimmy Johnson (vocals, guitar - #6, 7, 8)
Sharon Lewis (vocals - #11, 12, 13)
Tracklist |
01:Boss Funk/Riverside Ride (7:32)
02:What Love Did To Me (6:08)
03:How I Got To Memphis (5:18)
04:What's Your Angle? (5:32)
05:Texas Top (6:18)
06:Out On The Road (8:18)
07:Feel So Bad (6:45)
08:You Don't Love Me (DVD Bonus Track) (7:46)
09:The Hollywood Park Shuffle (DVD Bonus Track) (5:18)
10:Is What It Is (6:27)
11:In Too Deep (4:59)
12:Every Goodbye Ain't Gone (DVD Bonus Track) (5:24)
13:Angel (7:06)
Special Features:
Dave Specter Commentary
Discography
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Externe Links:
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