Detlev Schmidtchen: Nach fast 35 Jahren Musikbranche gibt es immer viel zu plaudern!
Rocktimes Interview
Ein großangelegtes, in fette drei Parts aufgeteiltes Projekt namens "The Last Planet" hat der ehemalige Eloy, Ego, bzw. Ego On The Rocks-Musiker Detlev Schmidtchen seit geraumer Zeit am Laufen. Nach dem sehr starken Chapter I - Impressions und dem sogar noch besseren Chapter II - Challenges war es also höchste Zeit, mal bei dem Multi-Instrumentalisten direkt anzuklopfen, um uns über die Hintergründe und Inspirationen zu informieren. Sehr gerne haben wir natürlich auch noch einen Blick zurück in die wilden Siebziger gewagt.


Interview vom 27.10.2008


Markus Kerren
RockTimes: Hallo Detlev, schönen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Das war nach den ersten beiden, übrigens sehr starken "The Last Planet"-Scheiben jetzt einfach mal an der Zeit.
Detlev: Es freut mich außerordentlich, für euch (RockTimes) ein Interview zu geben. Ich möchte mich jetzt schon einmal recht herzlich dafür bedanken, dass ihr mir im Rahmen eures Portals die Möglichkeit gebt, einige Worte zu meinem Projekt und meiner Person loszuwerden.
RockTimes: Wie bist du eigentlich auf die Idee zu "The Last Planet" gekommen? Was war der Auslöser?
Detlev: Die Idee zu "The Last Planet" ist mehr oder weniger aus einer früher geplanten Projektidee entstanden, welche mir letztendlich inhaltlich doch zu abgedroschen und ausgelutscht war. Der Auslöser zu "The Last Planet" war ein fertiger Titel namens "Last Planet", und schon war das Kind vom Projektnamen her geboren.
RockTimes: Hattest du die komplette Story von Anfang an parat, oder entstand das alles nach und nach?
Detlev: Ich versuche mich einmal kurz zu fassen: Der Ansatz zur Story ergibt sich ja schon aus dem Namen. Da ich mich ja lange Zeit aus der Musikbranche zurückgezogen hatte (ca. 30 Jahre), kam demzufolge noch ein wenig aufzuarbeitendes, autobiographisches Material dazu. Also gab es einen Protagonisten und einen Science Fiction-angehauchten Ort. Beides zusammen inspirierte mich zu der Story von "The LAST PLANET". Nun legte ich mir einen roten Faden zurecht, welcher natürlich nach links und rechts offen war, um mich nicht selbst einzuschränken, denn als PRIO 1 galt am Anfang immer noch die Musik. Also passte ich nach und nach den Inhalt der Musik, oder die Musik dem Inhalt an. Diese Arbeitsweise zieht sich übrigens durch alle drei Teile. Die drei Teile resultieren übrigens aus der Masse der vorhandenen Kompositionen, welche sich im Lauf der Jahrzehnte angesammelt hatten. Nun könnte man mir nachsagen 'Warum nicht nur zwei Teile je 70 Minuten?'. Dazu kann ich nur sagen, dass ich den Zuhörer nicht überfordern möchte und die Story der Trilogie für jeden Teil als eigenständiges Werk verstehe. Eine komplett detaillierte Inhaltsbeschreibung zu diesem Konzept und den dazugehörigen Lyrics würde diesen Rahmen wohl sprengen, wäre aber später noch ein interessantes Thema für dieses Portal?!. Somit bleibt auch ein gewisser Freiraum für den Konsumenten.
RockTimes: War dir von vornherein klar, dass du die Sache ganz alleine, also ohne weitere Musiker durchziehen willst? Und wie kam Jürgen Rosenthal ins Spiel?
Detlev: Es war von Anfang an klar, dass ich dieses Projekt, bis auf die Texte für evtl. anfallende Gesangstitel, allein durchziehe. Ursprünglich waren nur Instrumentaltitel geplant (siehe Chapter 1). Da nun doch einige Gesangstitel aus meiner Arbeit entstanden sind, ich selbst aber kein Texter bin, war es nahe liegend mit Künstlern zu arbeiten, die mich und meine Arbeitsweise sehr gut kennen und sich mit selbiger identifizieren können. Dass dabei nicht so viele für in Frage kamen, ist selbsterklärend. Durch meine langjährige Arbeit mit Jürgen Rosenthal bei ELOY und EGO war das natürlich mein erster Gedanke, und nach einem kurzen Gedankenaustausch war eigentlich für beide Seiten klar, dass er für dieses Projekt der richtige Mann ist.
RockTimes: Wie viel Zeit nahm es eigentlich in Anspruch, die jeweiligen Parts zu schreiben, arrangieren und aufzunehmen?
Detlev: Wenn man alles allein macht, einem Job nachgeht und auch noch das Familiendasein pflegen möchte, ist das Ganze nicht immer einfach, aber, und ich möchte hiermit nochmals betonen, wenn man so eine große Unterstützung seitens Familie, Freunden, etc. bekommt, wie ich es erfahren darf, vereinfacht das die Sache natürlich ungemein. Also, es sind schon einige Jahre im Vorfeld bis "Chapter I" vergangen. Danach folgten viele Nächte und Monate, was die Sortierung und Kompositionsarbeit anging. Das Arrangieren und Aufnehmen lief eigentlich, bedingt durch die technischen Möglichkeiten heutzutage, ziemlich parallel ab. Der Feinschliff wie das Mischen und Mastern nahm dann aber doch noch einmal ein wenig mehr Zeit in Anspruch. Nicht zu vergessen sind auch die Layout-Arbeiten für das Cover. Also, hochgerechnet benötige ich für jeden Teil ca. ein Jahr.
RockTimes: Auf "Part II - Challenges" hast du den Drum-Beat eines Songs dem verstorbenen Jane-Musiker Peter Panka gewidmet. Welche Beziehung hattest du zu ihm und wie würdest du seine Rolle bei Jane in den Siebzigern beschreiben?
Detlev: Meine Beziehung zu Peter Panka war im Grunde genommen von der Warte 'wie groß war unser Kontakt?' sehr gering. Jedoch haben wir sehr schnell feststellen müssen, dass wenn wir uns mal sahen und miteinander gefachsimpelt haben, einen sehr guten Draht zueinander hatten (wahrscheinlich bedingt dadurch, dass wir beide sehr emotionale Musiker sind bzw. waren). Ich denke, wenn er nicht bei Jane und ich nicht bei Eloy gewesen wären, hätten wir durchaus einmal miteinander Musik gemacht. Leider ist dies nun nicht mehr möglich.
Aber als Musiker und Mensch habe ich ihn sehr geschätzt. Da ich mich mit Jane eigentlich nie richtig befasst habe, möchte ich hier kein Urteil zu seiner Rolle bei Jane abgeben. Aber eins kann ich mit Sicherheit sagen: Peter war einer, der seiner Linie, genau wie ich auch immer, treu geblieben war, und war alleine deshalb schon ein sehr einflussreicher Musiker innerhalb der 70er-Szene.
RockTimes: Apropos Siebziger: Würdest du die Zeit damals als eine enthusiastische und mit Aufbruchstimmung versehene bezeichnen? Gab es viele Kollaborationen unter den Hannoveraner 'Krautrock'-Musikern, oder hat doch eher jeder sein eigenes Süppchen gekocht?
Detlev: Ich gehöre ja noch zu den 'jungen 70ern', sodass ich nur von den Empfindungen von damals sprechen kann. Die Power, die Kreativität und das Selbstbewusstsein der Musiker war enorm, und ich denke, dass man schon von enthusiastischer Aufbruchstimmung sprechen kann. Es gab eigentlich mehr Bands als Einzelkünstler. Und wenn jemand einmal etwas allein angefangen hatte, war er (bis auf einige Ausnahmen) früher oder später doch mit einer Band unterwegs. Wir hatten ja den so genannten Band-Club in Hannover, der solche Fusionen sehr schnell ermöglicht hat. Also, es gab immer eine flächendeckende Kommunikationsbasis (und das ohne EDV… man mag es kaum glauben). Es pulsierte einfach nur, natürlich auch bedingt durch einige Szene-Läden in Hannover und Umgebung, wo immer eine zentrale Anlaufstelle für die Musiker war. Die Bands haben sich auch untereinander ausgeholfen, sodass bis auf einige Ausnahmen keiner, wie von dir so schön beschrieben, 'nur das eigene Süppchen kochte'. Auch dieses Thema ist zu umfangreich für dieses Interview und verdient einen Extraplatz in eurem Portal.
RockTimes: Bei Eloy bist du nach einiger Zeit von der Gitarre zu den Tasten gewechselt. War das eher bandpolitischer Pragmatismus, oder eine ganz bewusste Entscheidung?
Detlev: Ehrlich gesagt fand ich Keyboards immer schon 'geil', obwohl ich gelernter Gitarrist bin. Wenn die Keyboards damals nicht so schweineteuer gewesen wären, hätte ich schon frühzeitig beide Instrumente gespielt. Bei Eloy ergab sich das irgendwie von allein, zudem auch noch eine Hammond-Orgel im Übungsraum von Frank Bornemann stand. Bei meinem ersten Besuch zwecks ELOY-Neugründung fragte ich Bornemann einmal: »Darf ich die mal anschalten?«. Na ja, danach war's geschehen und wir hatten sowieso noch keinen richtigen Keyboarder gefunden. Ich hatte aber soviel Power und Selbstbewusstsein an diesem Instrument, dass es danach nicht mehr nötig war, nach anderen Keyboardern Ausschau zu halten.
RockTimes: Was war damals der Grund, Eloy zu verlassen?
Detlev: Auch hier muss ich mich wieder kurz fassen: Oh man, so viele Webseiten könnt ihr gar nicht einstellen … OK, der Hauptgrund für mich war, dass mit Anfang des Studio-Baus von ELOY (das heutige HORUS-Sound Studio in Hannover) das ganze Projekt ELOY meiner Meinung nach an Substanz verlor. Wir alle waren auf einen Schlag stark eingebundene Geschäftsleute. Das war natürlich auf Dauer nicht meine Welt. Demzufolge schlug sich das auch auf die Stimmung innerhalb der Band nieder. Kreative Ansichten verschoben sich und führten letztendlich zum Split. Man hätte die Band und das Studio von vornherein personell trennen müssen, sodass der Prozess 'Band' nicht unterbrochen werden konnte. Das Studio selbst war schon sehr wichtig für uns, denn wir hatten während einer Produktion doch sehr viel mehr Zeit zum Experimentieren, als in den Studios der Plattenfirma.
RockTimes: Hast du heute noch Kontakt zu Frank Bornemann?
Detlev: Leider nein, sehr schade! Und das meine ich sehr, sehr ernst… wenn überhaupt, dann nur noch geschäftlich (vielleicht sollte F. Bornemann die vorherige Antwort genauer durchlesen, um mich dahingehend zu verstehen, was damals der Auslöser war).
RockTimes: Du hast in der Vergangenheit unter anderem auch mit Manfred Wieczorke zusammengearbeitet. Stimmt es, dass er bereits seit mehreren Jahren in Afrika lebt?
Detlev: Manfred hat seinen Hauptwohnsitz nach wie vor in Hannover. Die meiste Zeit im Jahr verbringt er jedoch mit Expeditionsreisen im afrikanischen Raum, wo er durchaus auch einmal ein paar Monate verbringt.
RockTimes: Okay, lass uns zurück zu "The Last Planet" kommen. Auf "Part II - Challenges" ist auf vier Tracks, gegenüber nur einem auf "Part I - Impressions", auch Gesang vertreten. Wirst du dies auch für den dritten und letzten Teil des Gesamtwerkes beibehalten?
Detlev: Ich denke schon… bin mir ziemlich sicher!
RockTimes: Was dürfen wir ganz allgemein von Part III erwarten?
Detlev: Was erwartet ihr denn? … ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel aus dem Nähkästchen plaudern, Eines ist jedoch gewiss, nämlich, wie ich es irgendwo während dieses Interviews schon einmal erwähnt habe, bleibe ich meiner Linie treu. Es wird schon den einen oder anderen Titel mit 'Old Fashion Flair' (ich mag das Wort 'Krautrock' nicht so gern) geben, von dem anderen gecasteten Plastikkram gibt es doch genug auf dem Markt, oder? Manchmal denke ich, dass 'Old Fashion Flair' einer neuer Stil ist, weil man fast allein damit dasteht. Ich denke schon, dass ihr mit einigen Überraschungen rechnen könnt, die auf "Chapter 1" und "2" nicht vertreten waren. Aber der Musikzyklus ist halt auch immer wiederkehrend , und vielleicht wird 'Old Fashion Flair' irgendwann wieder ganz modern und ein neuer Stil.
RockTimes: Hast du dir einen zeitlichen Rahmen gesetzt, bzw. bis wann möchtest du die Arbeiten abgeschlossen haben?
Detlev: Ich hatte, siehe Frage 3, in meinem 'Tätigkeitsbericht' ja schon erwähnt, dass ca. ein Jahr für jeden Teil angesetzt ist. Ich schätze, September bis Oktober 2009 ist der dritte Teil fällig.
RockTimes: Gibt es Pläne "The Last Planet" auch einmal Live aufzufahren, bzw. wie würde die Umsetzung aussehen?
Detlev: Anspruch und Wirklichkeit, das sind Welten. Ich persönlich würde es gern tun, aber die Produktionskosten wären bestimmt sehr hoch, da ich auch im visuellen und akustischen Bereich gewisse Ansprüche habe. Aber schauen wir mal weiter, wenn der dritte Teil fertig ist. Vielleicht kann ich ja jemanden motivieren, dieses Projekt live zu produzieren und zu unterstützen. Die Musiker dazu wären nicht das Problem.
RockTimes: Detlev, wir bedanken uns noch einmal herzlich, wünschen dir auch für die Zukunft viel Erfolg und freuen uns bereits jetzt auf "The Last Planet - Part III".
Detlev: … Da nicht für !!!… Ich stehe gern wieder zur Verfügung, nach fast 35 Jahren Musikbranche gibt es immer viel zu plaudern, und ich habe noch gar nicht richtig angefangen.
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