Als sich der inzwischen 35-jährige Sänger/Gitarrist Josh Smith im Jahr 2011 anschickte, die Alte Welt musikalisch für sich zu erobern, war er in den USA schon seit geraumer Zeit kein unbeschriebenes Blatt mehr. So war das damals aktuelle Album I'm Gonna Be Ready bereits seine fünfte Studioproduktion, die in den United States in den Regalen stand. Außerdem hatte er mit zahlreichen Blues Rock-Größen zusammen auf der Bühne gestanden, wobei eine Tour als Support Act für B.B. King einen vorläufigen Höhepunkt bildete.
Schon dieses erste Album konnte in Deutschland und Europa so ziemlich durchstarten und überzeugen. Es bestach durch seine Vielseitigkeit und Flexibilität und dem großen Können am Sechssaiter, mit dem sich Smith durch die Songs spielte, die sowohl im Blues als auch im Soul-Bereich angesiedelt waren. Seine Klasse zeigte er dann auch auf seiner ersten Tour durch Deutschland, wovon ich mich bei seinem Gig in der Bluesgarage auch persönlich überzeugen konnte.
Es folgte ein Jahr später der Longplayer "Don't Give Up On Me", bei dem Josh Smith auf eine große Besetzung setzte und die Blues/Soul-Songs mit Streicher- und Bläserarrangements erweiterte, was mir persönlich aber teilweise etwas überladen wirkte.
Nun also liegt "Over Your Head" vor, und der Gitarrist ist wieder zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt. Lediglich in Trio-Besetzung gibt es schweren, gitarrenlastigen Blues Rock, mit einer klaren Betonung auf 'Rock', denn selbst der 12-Takter wurde etwas zurückgeschraubt, obwohl er natürlich noch vorhanden ist. Auf drei der zwölf neuen Titel wirken Joe Bonamassa, Kirk Fletcher und Charlie Musselwhite auf je einem Stück als Gastmusiker mit, und bei zwei Songs sitzt Jeff Babko an den Keyboards.
Und es geht ganz schön heftig zur Sache auf diesem Silberling. Schon gleich beim Opener "How Long" lässt der selige Jimi Hendrix mit schweren psychedelischen Gitarrensounds grüßen. Das ist nicht unbedingt eingängig und erfordert schon ein bisschen Konzentration, kommt aber trotzdem sehr gut rüber. Im folgenden "Over Your Head" liefert sich Josh Smith klasse Gitarrenduelle mit Joe Bonamassa. Hier könnte, wie auch beim nächsten Titel "When I Get Mine", Cream Pate gestanden haben. Der Song hat ein unglaubliches Feuer, was auch an der eigenständigen Arbeit der Rhythmus-Sektion liegt. Die Drums strotzen nur so vor Variabilität und Vielseitigkeit, und der Bass ist weit mehr als ein reines Rhythmus-Instrument. Calvin Turner wandelt auf den Spuren von Jack Bruce, Andy Fraser und Felix Pappalardi und würde sicher auch bei Joe Pitts eine hervorragende Figur machen.
"First Hand Look" lehnt sich mit seinem rhythmusbetonten, schweren Riff so ziemlich an Mountains "Mississippi Queen" an, wobei Smiths Vocals sogar Ähnlichkeiten mit Leslie West aufweisen. Josh fährt hier ein Wahnsinnsbrett auf der Klampfe. Und das gilt auch für alle anderen Tracks...
... bis auf "Better Off", dem längsten Titel des Kernalbums, denn hier handelt es sich um eine intensive Ballade, die den Soul-Bereich streift. Auch stimmlich bewegt sich Josh Smith in wesentlich höheren Gefilden als bei den übrigen Songs. So richtig bluesig wird es eigentlich nur einmal, wenn Altmeister Charlie Musselwhite bei "You'll Find Love" die Harp zum Einsatz bringt und dem Stück mit seinem kleinen Instrument ungeheures Leben einhaucht. Klasse das Zusammenspiel von Harmonika und Gitarre.
Den ersten 2000 Exemplaren liegt eine Bonus-CD bei, die neben drei Radio-Editionen auch noch zwei Livesongs enthält. Dabei steht der über 15-minütige Slow Blues "The Way You Do" absolut im Mittelpunkt. Diesmal mit dezenter Keyboardbegleitung zeigt Josh Smith sein enormes Bluesfeeling, das er auch auf der Bühne immer wieder unter Beweis stellt. Dabei läuft dieser Song relativ entspannt ab. Das Orgelsolo kommt leicht und locker rüber und auch die Gitarrenarbeit ist fast als zurückhaltend zu bezeichnen, dafür aber mit einem ungeheueren Gefühl versehen. Wenn in den letzten drei Minuten die Sechssaiter-Sounds schneidender und heftiger werden, ist ein großartiges Finale erreicht. Was für ein geiles Stück Musik! Und auch der letzte Titel des Albums, das eingängige "Bad Side" mit seinen sägenden Gitarrentönen kommt richtig stark.
"Over Your Head" ist ein prima Album geworden, mit dem Josh Smith einen weiteren Schritt in Richtung Blues Rock-Olymp gelungen sein dürfte. Absolute Kaufempfehlung!
Line-up:
Josh Smith (guitar, vocals)
Calvin Turner (bass)
Lemar Carter (drums)
Charles Jones (vocals - #10)
Jeff Babko (keyboards - #4,10)
BJ Kemp (background vocals - #8)
Chicco Gussoni (guitar - #5)
Special guests:
Joe Bonamassa (guitar - #2)
Kirk Fletcher (guitar - #6)
Charlie Musselwhite (harp - #11)
Tracklist |
CD:
01:How Long (6:33)
02:Over Your Head (6:44)
03:When I Get Mine (4:40)
04:Still Searching (4:11)
05:First Hand Look [At Down And Out] (5:30)
06:… And What? (5:25)
07:Intro To Smoke And Mirrors (1:27)
08:Smoke And Mirrors (4:33)
09:Pusher (6:29)
10:Better Off (8:22)
11:You'll Find Love (5:52)
12:How Long [Reprise] (1:50)
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Bonus-CD:
01:Over Your Head [Radio Edit] (4:05)
02:First Hand Look [Radio Edit] (3:43)
03:How Long [Radio Edit] (4:07)
04:The Way You Do [live] (15:03)
05:Bad Side [live] (5:47)
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Externe Links:
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