Unsere Alben werden immer unterschiedlich sein. Wir müssen uns ständig verändern ...
Rocktimes Interview Mit ihrem Debütalbum "Cognition" haben uns Sacrum bewiesen, was Argentinien in Sachen Prog Metal auf dem Kasten hat. Mit "Days Of Quarantine" haben die Buenos Aireserer (?!) dann stark nachgelegt und zugleich gezeigt, dass das Wörtchen 'Stillstand' offenbar schwer ins Argentinische zu übersetzen ist. Im Herbst sind Sacrum erstmals auf unserem Kontinent unterwegs, unter anderem beim Prog Power Europe-Festival, und wollen die Europäer nun live-haftig von ihren vielen Seiten überzeugen. Mitten in die Vorfreude der Band platzte RockTimes mit diesem Interview!


Interview vom 18.09.2010


Boris Theobald
RockTimes: Danke erstmal, dass ihr euch die Zeit nimmt, unsere Fragen zu beantworten! Nachdem ich euer erstes Album Cognition ja schon kannte, musste ich bei der aktuellen CD doch nachdenken, was genau Sacrum eigentlich ist … bei "Cognition" dachte ich, eine Prog Metal-Band, und jetzt rede ich in meinem Review von 'Dark Melodic Metal'. Könnt ihr damit leben? Zu welchem Stil würdet ihr denn selbst Sacrum zählen?
Talo Silveyra: Nun, danke für das Interview! Ich glaube, wir wissen selbst nicht, was Sacrum ist; und genau das macht es gleichzeitig interessant und unvorhersehbar. Kunst im Allgemeinen ist ein freier Raum, in dem man ausdrücken kann, was man gerade in diesem Moment fühlt, und deshalb hören wir auch nicht auf, zu schreiben, komponieren, und uns immer etwas Neues einfallen zu lassen. Wir tun es einfach. Die Dinge dann beim Namen zu nennen - das ist der schwere Teil.
RockTimes: Nach "Cognition" habt ihr euch von eurem Keyboarder Marriano Herraiz getrennt, wegen unterschiedlicher künstlerischer Auffassungen. Heißt das, dass ihr mit "Cognition" nicht ganz zufrieden wart?
Martín Guerrero: Überhaupt nicht. Wir waren sehr zufrieden mit unserem ersten Album. Und obwohl Mariano Herraiz ein paar Ideen beigesteuert hatte, waren die Stücke alle schon geschrieben und größtenteils produziert, manche sogar, bevor die Band komplett war. Es stimmt, dass wir stilistisch vom ersten zum zweiten Album einiges geändert haben, aber unsere Alben werden immer unterschiedlich sein. Wir müssen uns ständig verändern, damit sich die Band ihre Frische bewahrt und immer ein Ziel vor Augen hat.
RockTimes: Und wer spielt Keyboard auf der Bühne? Glaubst du, dass ihr jemals wieder einen vollwertigen Keyboarder in der Band haben werdet?
Martín: Wir haben ein paar Shows mit Emmanuel Pedrós gespielt, einem großartigen Keyboarder. Leider haben wir aber keinen für die Europatour. Manche Keyboard-Parts spielen wir mit anderen Instrumenten, und manche kommen aus dem Sequencer. Wir fühlen uns gerade sehr gut nur zu viert in der Band. Aber man weiß ja nie ...
RockTimes: Welche Bands haben euch denn am meisten beeinflusst - als ihr selbst mit dem Musik machen angefangen habt, als ihr angefangen habt, mit Cascrum Songs zu schreiben und aufzunehmen und als das letzte Album "Days Of Quarantine" entstanden ist?
Talo: Wir sind, was unseren Musikgeschmack angeht, sehr offen. In der Band stehen wir alle auf verschiedene Arten von Musik, von klassischem Stoff wie den Beatles bis hin zu neuen Bands wie Infected Mushroom. Natürlich hat Metal und andere heavy Musik immer ihren Einfluss. Wenn wir Songs schreiben, versuchen wir aber, uns von anderer Musik abzuschotten und nur auf das zu konzentrieren, was wir fühlen und zum Ausdruck bringen wollen.
RockTimes: "Days Of Quarantine" beschreibt offenbar eine düstere Zukunft der Menschheit ... Maschinen haben anscheinend die Kontrolle, es ist die Rede von einer schlimmen Seuche ... und in den Texten geht es um die Sehnsucht nach Freiheit und den puren Kampf ums Überleben - alles sehr metaphorisch. Steckt ein Konzept hinter dem Album - eine ganze Story oder vielleicht auch eher eine Art 'Gedankenkonzept'?
Talo: Das Album ist kein Konzeptalbum. Aber es ist genau so, wie du es sagst - ein Gedankenkonzept! Manche der Gedanken sind eher persönliche Gefühle tief im Innern von Menschen, und andere Songs bringen eher die innere Wut über diese ungerechte Welt zum Ausdruck. Das Artwork, das Machal Karcz gemacht hat, zeigt, wie es aussieht, wenn diese Wut draußen in den Straßen angekommen ist, wenn die Leute alles und jeden hinterfragen und sich nicht mit dem abgeben, was ihnen erzählt wird - ein Aufstand gegen die gesellschaftlichen Zustände, die uns zu Sklaven unserer selbst werden lassen.
RockTimes: Seid ihr auch schon wieder dabei, neue Sachen zu schreiben? Falls ja, wird es wieder so eine deutliche Entwicklung geben wie zwischen den ersten beiden Alben?
Martín: Ja, wir arbeiten immer an neuem Stoff. Wir haben viele neue Songs, und die sind stilistisch ziemlich verschieden. Manche sind äußerst heavy, andere eher elektronisch, andere wiederum haben verstärkt progressive Elemente wie "Cognition". Mal schauen, was wir mit den neuen Stücken anfangen, die uns wirklich gut gefallen ... vielleicht gibt's ein Doppelalbum?
RockTimes: Vor ein paar Jahren wurdet ihr ausgewählt, um in eurer Heimat als Opener für
Dream Theater aufzutreten. Wie ist es dazu gekommen?
Talo: Das war ein großartiges Gefühl! Im Grunde genommen hatten sie sich unsere Songs angehört und Mike Portnoy hat uns ausgewählt, um der Opener für Dream Theater zu sein, die Bühne mit ihnen zu teilen und in einem der größten Stadien von Buenos Aires zu spielen. Es war ein prima Konzert, aber wir konnten natürlich nicht die Art von Auftritt hinlegen, wie wir es sonst gern tun. Wir bemühen uns, dass unsere Live-Shows anders sind - wir spielen nicht einfach nur unsere Songs!
RockTimes: Dieser Gig war bestimmt auch so eine Art Türöffner für euch, oder?
Talo: Es war eine tolle Chance, unsere Musik einer Menge Leute zu präsentieren, ja!
RockTimes: Gibt es eigentlich eine große Prog-Szene in Argentinien? Bis jetzt hab ich außer Sacrum nur Acid Rain aus eurem Heimatland kennengelernt ...
Talo: Also ich weiß gar nicht, ob es in Argentinien eine große Prog-Szene gibt. Aber es gibt ein paar Bands, die wirklich gut klingen und mit denen wir schon gespielt haben, Abbadyon Project, Frater und so weiter. Viel mehr kenne ich aber nicht.
RockTimes: Was würdet ihr sagen, welche Rolle hat das Internet für die Entwicklung der Band gespielt? Ich schätze mal, ohne das weltweite Netz hättest ihr heute nicht die Chancen, die sich jetzt eröffnen, oder?
Martín: Das Internet ist das demokratischste Kommunikationswerkzeug unserer Zeit; es ist unglaublich wichtig dafür, dass wir unsere Musik Menschen in der ganzen Welt präsentieren können. Es ist okay für uns, wenn Leute unsere Musik runterladen - es ist uns egal, wie sie sie sich beschaffen, so lange sie das tun und sie genießen. Ich sehe Musik völlig losgelöst vom derzeitigen CD-Format. Viele Bands bringen einfach Alben raus, ohne zu wissen, was sie damit bezwecken wollen. Ich glaube, man kann die Musik in vielerlei Hinsicht stärker machen, manchmal mit einem super Artwork für die CD, manchmal mit einem guten Bild, einer Website, einer Live-Show. Wir wissen sehr wohl, dass die Leute, die wirklich Spaß an der echten CD im Jewel Case mit dem kompletten Artwork haben und sich es leisten können, sich die CD am Ende auch kaufen.
RockTimes: Ihr seid auf dem Sprung zu eurer allerersten Europatour diesen Herbst. Was sind eure Erwartungen?
Talo: Wir sind ganz schön gespannt auf Europa. Als unabhängige Band haben wir es geschafft, eine Menge Tourdates und Festivalauftritte in einer Menge von Ländern zu arrangieren. Jede einzelne Show wird verrückt werden, und wir haben vor, unser Bestes zu geben. Wir haben auch ein paar coole Effekte, mit denen wir die Leute mit Sicherheit überraschen werden!
RockTimes: Und bereitet ihr euch auch anders als sonst vor?
Talo: Also dieses Mal ist es anders, denn ich fliege nach Los Angeles und treffe den Rest der Band dann in Europa. Wir sind absolut bereit und werden bestimmt ein paar Fernets aufmachen!
Martín: Ich würde sagen, unsere 'normalen' Auftritte sind ziemlich ungewöhnlich im Vergleich zu traditionellen Shows, wo du dein Instrument nimmst, auf die Bühne gehst und spielst. Wir können also nicht die selbe Show aufs Parkett bringen, wie schon ein paar Mal in Buenos Aires, aber wir werden die Leute auf jeden Fall so gut es geht unterhalten!
RockTimes: War überhaupt nirgendeiner von euch schon mal in Europa?
Talo: Es ist unser erstes Mal für alles - in Europa touren, rumreisen ... yeah, wir sind bereit, neue Kulturen zu entdecken!
RockTimes: Wie würdet ihr beschreiben, wo die Band Sacrum in ihrer Entwicklung zurzeit steht, wo Sacrum noch zur Zeit von "Cognition" stand ... und was wünscht ihr euch für den weiteren Verlauf eurer Karriere in der Zukunft?
Talo: Als wir "Cognition" aufgenommen hatten, waren wir als Band noch nicht länger als ein Jahr lang zusammen. Und die meisten Songs waren sogar schon davor geschrieben worden. Mittlerweile, würde ich sagen, ist Sacrum ganz schön gewachsen, und zwar in vielerlei Hinsicht. Glücklicherweise haben wir eine Menge Fans und Leute, die uns unterstützen, und das bringt viele Chancen für die nahe und fernere Zukunft mit sich. Wir lieben, was wir machen, also machen wir einfach weiter so! Es wäre klasse, wenn wir weiterhin reisen können und auch in Städten in unserem eigenen Land auftreten, wo wir noch nicht gespielt haben.
RockTimes: Allerbesten Dank für diese Antworten! Viel Glück in Europa, und vielleicht kann man euch ja irgendwann auch mal in Deutschland sehen ...
Talo: Wir sind uns sicher, dass wir bald auch in Deutschalnd speilen werden! Wir können es kaum erwarten und werden bestimmt immer wieder zurückkommen. Danke!
RockTimes welcomes our foreign guests
RockTimes: First of all, thank you for taking the time to answer our questions! After knowing your debut Cognition, your second album, Days Of Quarantine, made me comtemplate about what exactly Sacrum is ... after "Cognition", I though a Prog Metal band, and now, in my review, I'm talking about 'Dark Melodic Metal"' Can you live with that? And what would you say which genre Sacrum belongs to?
Talo Silveyra: Well, thank you for the interview. I think we don't know what Sacrum is, and that's what makes it interesting and unpredictable at the same time. Art in general is a free place where you can express what you're feeling in that specific moment in time and that's why we don't stop ourselves from writing, composing, and thinking new ideas. We just do it. When it's time to label things, that's the hard part.
RockTimes: After "Cognition", you parted ways with your keyboard player Marriano Herraiz due to 'artistic differences'. That means you were not completely happy with "Cognition"?
Martín Guerrero: Not at all, we were very happy with our first album and even though Mariano Herraiz contributed with some ideas for the album, the songs were already written and mostly produced, some of them even before the band was complete. It is true that we changed a lot our music style from one album to another but our albums will be always different, we feel like we have to change constantly to keep the band fresh and with expectations.
RockTimes: Who plays the keyboard parts on stage, and do you think you could ever have a full time keyboardist in the band again?
Martín: We did some shows with a great keyboardist called Emmanuel Pedrós but unfortunately we won't have a keyboardist for our european tour, some keyboard parts are replaced with the other instruments and some of them with sequencers. For now we feel very comfortable with just the four of us in the band, but we never know...
RockTimes: Which bands have influenced you most, starting as a musician, at the time you started writing and recording with Sacrum and at the time writing "Days Of Quarantine"?
Talo: We have a very open taste for music, in general. As a band, we all like different types of music. From classic stuff like The Beatles, to new bands like Infected Mushroom. Of course metal and heavy music is always an influence. When we write we try to isolate from music, and just focus on what we feel or want to express.
RockTimes: "Days Of Quarantine" seems to describe a bleak, dark future for mankind ... something with machines in control, a grave infection or disease ... and the lyrics are about yearning for freedom, fighting to keep alive, but they keep pretty metaphoric. Is there a concept behind the album - a concept story or maybe just a kind of 'concept of thoughts'?
Talo: The album is not a conceptual album, but it's exactly what you say. A concept of thoughts. Some of them are more individual, very internal feelings, and other songs are more a rage between our minds and this unjust world. The whole idea of the artwork, done by Michal Karcz, was to picture a time where the rage is out in the streets, expressing and questioning everything, not just going with what they tell you to do - rebel against those social patterns that makes us be slaves of ourselves.
RockTimes: Are you already writing new stuff? If so, will there be such a big development like between album no. 1 and no. 2 again?
Martín: Yes, we are always writing new stuff. We have many new songs of different styles, some of them are very heavy, some of them more electronic, some of them contain more progressive elements like "Cognition", so we are trying to figure out what to do with all these songs that we really like, maybe a double album ...?
RockTimes: Some years ago, you were chosen to be the Opener for Dream Theater in your home country. How came?
Talo: It was a great feeling. Basically they listened to our songs and Mike Portnoy chose us to open their show, sharing stage with them, performing in one of the biggest stadiums in Buenos Aires. It was a good show, but of course we couldn't do the type of performance we like to do. We try to make our live shows different. Not just playing our songs.
RockTimes: So I guess that gig was a kind of 'door opener' for you?
Talo: It was a great chance to show our music to a lot of people, yes.
RockTimes: Is there a huge Prog scene in Argentina? Up till now, Sacrum is the only band I know from your home country besides Acid Rain ...
Talo: Well, I don't know if there's a huge Prog scene in Argentina, as you say. There are a few bands that sound really good, who we shared stage with, like The Abbadyon Project, Frater, etc. But I don't know many more.
RockTimes: Which role would you give the internet in the bands' course. I guess you wouldn't have had the same chances as you have today without the net, would you?
Martín: Internet is the most democratic communication tool nowadays so it has a very important role when it comes to show your music to people all over the world. We are okay with people downloading our music, we don't mind how they get it as long as they do it and enjoy it.
Music is something completely independent from the actual CD format and lots of bands just release albums without knowing what's the point or aim of it. I think you can strengthen your music in many ways, sometimes with a great artwork and CD, sometimes with a good image, website, live show. We are also aware that in the end, the people that really enjoy having the actual CD in the jewel case with the full artwork and can afford it, will buy it.
RockTimes: You are going to tour Europe for the first time this autumn, what are your expectations?
Talo: We are really exited about Europe. As an independent band, we managed to book a lot of tour dates in a lot of countries and festivals. Every show will be insane, and we're planning to bring our best to do an amazing show. We're also taking some cool effects that will definitely surprise people.
RockTimes: Do you prepare somehow other than usual?
Talo: Well, this time it's different 'cause I'm flying from Los Angeles, and meeting the rest of the band in Europe, so we're ready to have some Fernets and have a great time.
Martín: I think our 'usual' performances are pretty unusual compared to the traditional shows where you grab your instrument and get on the stage to play. We won't be able to display the kind of show we did a few times in Buenos Aires but we will manage to entertain people in every way we can!
RockTimes: Have some of you ever been to Europe before?
Talo: It's our first time for everything. Touring Europe, and traveling around, so yeah, ready to meet new cultures!
RockTimes: How would you personally describe where Sacrum stands right now in the band's development, where Sacrum stood at the time of "Cognition" ... and what is you wish for the further development in the future?
Talo: When we first recorded "Cognition" we were together for not more than a year as a band. And most of the songs were written even before that. As of right now, I think Sacrum has grown a lot, in many different ways, and also in a great place. Luckily we have many fans and people who support us, and many opportunities for the near and far future. We love doing this, so we will just keep doing it! We'd love to keep traveling, and also performing in cities we've never been in our own country.
RockTimes: Thank you very much for answering the questions for RockTimes, good luck in Europe, and maybe we can see you in Germany as well some time ...
Talo: We're sure we'll perform in Germany soon! We can't wait to be there, and keep coming back. Thanks!
Externe Links: