The String Cheese Incident
Live From Austin TX
Live From Austin Tx Spielzeit: 79:00
Medium: DVD
Label: New West Records, 2006
Tonformat: 5.1 dts/PCM Stereo
Bildformat: keine Angaben
Sprache: Englisch
Format: Dolby, NTSC, Surround Sound
Region: keine Angaben
Altersbeschränkung: keine Angaben
Stil: Roots-Jam-Music

Review vom 17.02.2007


Norbert Neugebauer
Aus der DVD- und CD-Reihe "Live From Austin TX", erschien zuletzt ein Video-Mitschnitt eines Auftritts der String Cheese Incident, von denen wir bereits zwei Alben in RockTimes vorgestellt haben. Der Austin-Gig war allerdings am 24.07.2001 und damit vor der Veröffentlichung der beiden CDs Untying The Not (2003) und One Step Closer (2005).
Damals noch ohne den Perkussionisten Jason Hann, wechselte die Band wohl grade vom roots-orientierten Sound zu mehr jammigeren Stücken.
Dies wird auch an der Instrumentierung deutlich. Neben der herkömmlichen Rockausstattung mit Schlagzeug, E-Bass und Keyboards (aber was für welche, Kyle Hollingsworth sitzt in einem Gefechtsstand von gleich sechs Manualen!) bestimmen Bill Nershi mit seiner virtuos gespielten Akustik-Gitarre und Michael Kang eingangs mit Violine und der oft gitarrenmäßig eingesetzten 5-saitigen E-Mandoline den Sound. Bis auf den Drummer wechseln sich alle Spieler in den Leadvocals ab, ohne sich jedoch sonderlich stimmlich zu unterscheiden. Das ist auch das eigentliche Manko der Band, einen richtig guten Sänger haben sie nicht, das klingt alles recht hausbacken.
Jeder der Songs bietet reichlich Gelegenheit für solistische Ausflüge, wobei die Band stilmäßig sehr variabel agiert. Unverkennbar kommen String Cheese Incident, die von den Rocky Mountains aus Colorado stammen, auch im tiefen Süden von Texas sofort gut an. Der Spaß an der Musik der zwar barfüßigen und wortkargen, aber dafür umso mehr an den Instrumenten aufdrehenden Hillbillies mit ihren schlabbrigen Klamotten, überträgt sich schnell auf das Publikum.
"Restless Wind" ist noch ganz geschrammelter und gefiedelter Homeland-Tribut, obwohl auch da schon das übliche Zeitmaß weit überschritten wird. Dann geht es aber groovig in Richtung
Little Feat, ein satter Boogie, bei dem Hollingsworth den Ton angibt und Nershi zum Bottleneck greift. Danach wirkt das Countryliedchen "Up The Canyon" etwas schwachbrüstig. Kang ist bei "Black And White" im Mittelpunkt, mit Scatgesang im Dialog mit seiner verfremdeten Mandoline (ein Effekt zwischen Wah und Leslie) wird das leicht jazzig. Eine astreine Bluegrass-Nummer hauen SCI mit "How Mountain Girls Can Love" raus, bevor mit "Latinissmo" wieder was ganz anderes folgt. Eine heiße Nummer mit Rumba-Rhythmus, bei der Kang gekonnt irgendwo zwischen Al Di Meola und Carlos Santana pendelt.
"Outside And Inside" und das zunächst abschließende "'Round The Wheel" sind zusammen mit den Zugaben (womit dokumentiert ist, dass auch in USA Zugaben durchaus bekannt und üblich sind) "Way Back Home" und "On The Road" Nummern, die nicht nur titelmäßig an die ehrwürdigen Großmeister des Jamming erinnern. Da wird jeder ergraute Dead-Head unverzüglich den berühmten Schleierblick aufsetzen und mit einem leicht irren Grinsen in wabernde Parallelwelten abflügeln. Westcoast-Feeling, oszillierende Soli von Gitarre, Mandoline und Keyboards, pulsierende Polyrhythmen von Schlagzeug und Bass, Fusionstaccati von Keyboards/Bass/Drums und gegen Ende geht's dann auch noch südwärts. Trotz aller gekonnter Anleihen bei den diversen tausendarmigen Jam-Monstern und ihren elektrischen Mantras, da zuckt doch der Finger öfters Richtung Skiptaste. Der stocknüchterne Rezensent empfindet nämlich manche dieser Improvisationen als sehr langatmig und inhaltslos.
Der für mich eindeutig beste, vielleicht weil grad auch puristischste Song, ist die erste Zugabe "Elvis' Wild Ride". Nershi kommt zusammen mit Travis zurück auf die Bühne, der sich vor ihn hinkniet. Die auf den ersten Blick sich anbahnende orale Unzucht auf offener Bühne entpuppt sich schnell als rein instrumentales, aber geniales Duett zwischen dem Gitarristen, der einen irisch klingenden Tune anstimmt und dem Drummer, der mit den Fingern auf dem Gitarrenkorpus dazu eine tolle Percussion klopft. Jungs, allein dafür könnt ihr meinetwegen noch mal drei Stunden Tonleitern spielen und Grundschläge üben!
Das weitere Bestehen von String Cheese Incident scheint derzeit reichlich diffus. Bereits seit letztem Jahr ist auf der Bandpage angekündigt, dass Nershi die SCI im Sommer 2007 verlassen wird, um sich anderen Projekten zu widmen. Darüber hinaus gäbe es keine Pläne für die Band.
Bisher habe ich nur vom Sound her ausgezeichnete CDs aus dieser Reihe besprochen und war daher gespannt, welches Bildprodukt die Austin-Aufnahmecrew liefern würde. Ich kann mich den Lobesworten der Kollegen in dieser Hinsicht nur voll anschließen. Auch auf meinem A/V-Equipment tönt es hervorragend und die Bilder sind adäquat. Wer weiß, wie kritisch ich diesem Medium gegenüber stehe, der darf das als absolute Referenz werten!
Die Kameras bleiben ruhig und wohltuend lange auf den Protagonisten, die ohne irgendwelche Showmätzchen ihren Gig runterspielen. Keine hektischen Schnitte, gefühlvolle Zooms und gekonntes Umblenden. Es geht um den reinen Hörgenuss der immer fließenden Musik und das wird hervorragend umgesetzt. Bestes Beispiel: Das fast intime Zusammenspiel von Nershi und Travis bei der Zugabe, das die Kameras mit wenigen Einstellungen gelungen einfangen. Oder, als mitten im Jam-Solo des letzten Stücks eine Saite von Nershis Gitarre reisst. Der lässt sich davon ebenso wenig irritieren, wie der Kameramann. Nershi entfernt die Saite mit einem Ruck, und spielt seinen Part erstmal zuende, bevor Hollingsworth übernimmt. Und auch das bleibt voll im Fokus, bis der Gitarrist kurz nach hinten verschwindet und selber die Saite wechselt. Bildführung, Farben und Regie 1A! Hoffentlich kann ich das auch bei neueren Mitschnitten sagen, auf die ich mich angesichts dieser Produktion freue.
Wie üblich ist auch diese Folge der "Live From Austin TX" recht spartanisch ausgestattet, die DVD verzichtet auf jegliche Extras (die es hierbei auch nicht braucht), das Booklet verfügt noch nicht mal über die notwendigsten technischen Angaben, dafür gibt es ein paar einführende Liner Notes.
Line-up:
Kyle Hollingsworth (keyboards, vocals)
Michael Kang (mandolin, violin, vocals)
Keith Moseley (bass guitar, vocals)
Bill Nershi (acoustic guitar, vocals)
Michael Travis (drums, percussion, vocals)
Tracklist
01:Restless Wind
02:Lost 03:Up The Canyon
04:Black And White
05:How Mountain Girls Can Love
06:Latinissmo
07:Outside And Inside
08:'Round The Wheel
09:Elvis' Wild Ride
10:Way Back Home
11:On The Road
Externe Links: