Als ich vor drei Jahren zum ersten Mal mit dem Namen
Studebaker John in Berührung kam und das Album
That's The Way You Do besprechen durfte, war ich sofort von diesem ursprünglichen und rohen Chicago Blues beeindruckt, der dort geboten wurde. Es gab einfach keinerlei Schnörkel in den Sounds. Der Dreck unter den Fingernägeln war buchstäblich vom ersten bis zum letzten Ton zu spüren.
Und in genau dieselbe Kerbe hauen die Jungs auch mit ihrem neuen Longplayer "Kingsville Jukin'", der jetzt auf meinem Schreibtisch gelandet ist. Die sechzehn Eigenkompositionen, die im Januar 2013 in Delmark's Riverside Studios von Chicago aufgenommen wurden, bestehen auch weiterhin aus elektrifizierten Blues- und Boogie-Songs. Das Schema ist immer das gleiche, variiert lediglich im Tempo, und gerade das macht für mich den Reiz dieser Musik aus. Mal klingen die Titel nach den frühen
Canned Heat, wobei die Harmonika stark im Vordergrund steht, und mal lassen
Johnny Mastro & The Mama's Boys grüßen, wenn die Lead- bzw. Slide-Gitarre schon fast aufdringlich die gleichen Sounds produziert. Hier zeigen
Studebaker John Grimaldi und
Smokehouse Brown sehr viele Parallelen. Früher Chicago Blues, wie ihn schon
Howlin' Wolf und
Muddy Waters zelebriert haben. Das wird besonders beim letzten Song des Albums "Bad Gasoline" deutlich, der allein schon von der Aufnahmetechnik auf alt getrimmt wurde. Man hört das Knistern des alten Vinyls und kann förmlich die alten Blueslegenden der 'Windy City' vor sich sehen.
Doch natürlich kann nicht nur dieser Alleingang den authentischen Chicago Blues auf dem dritten Delmark-Album der Band rüberbringen.
Rick Kreher an der zweiten Gitarre war immerhin im letzten Line-up der
Muddy Waters Band dabei (zu sehen auf der DVD
Live In Chicago, zusammen mit den
Rolling Stones), und auch Schlagzeuger
Steve Cushing und
Bob Halaj am Bass gehören schon seit langen Jahren zur ersten Liga des Chicago Blues, wissen also sehr genau, wo es musikalisch langgehen muss.
Schon gleich bei den ersten beiden Songs des Albums zeigen sich die unterschiedlichen Interpretationen in der Musik der Band. Während "Mississippi To Chicago" als lupenreiner Boogie daherkommt, ist "When They Played The Real Blues" ein toller Country Blues, der mit einer ausdrucksstarken Harmonika vor sich hin shuffelt. Überhaupt beeindruckt die fast schon provozierende Coolness, mit der alle Songs aus den Boxen gehauen werden. Der Rhythmus scheint aus dem tiefsten Inneren der Musiker nur so heraus zu strömen.
Bei "Shake It Down Now" kommt dann erstmals das Slide-Röhrchen zum Einsatz, was sehr gut zu der total unterkühlten Atmosphäre dieses Titels passt, der vom ersten bis zum letzten Ton keinerlei Veränderung im Grundrhythmus erfährt, und beim folgenden "The Rest Is Up To You" werden Erinnerungen an den seligen
Alan 'Blind Owl' Wilson wach, der mit seinem ausdrucksstarken Harmonikaspiel so manchen Song veredelt hat. Außerdem ist für mich "I Am The Houserocker" eines der stärksten Stücke des Albums, bei dem das Bottleneck die absolute Dominanz hat und herrlich singende Sounds produziert. Klarer Anspieltipp.
So zieht sich dieser musikalische Faden durch die über siebzig Minuten. Okay, nicht jeder der klassischen Blues-Puristen wird sich mit diesem Album anfreunden können, aber all diejenigen, die auf die frühen
Canned Heat,
Johnny Mastro & The Mama's Boys und die
Red Devils stehen, sollten unbedingt mal ein Ohr riskieren. Und vielleicht lassen sich
Studebaker John Grimaldi und seine Jungs ja auch mal in unseren Breitengraden blicken - dann wäre ich mit Sicherheit dabei!