Im wievielten Frühling befindet sich der sechsundsechzigjährige Engländer? Darf man es überhaupt so formulieren? Robin Trower ist in der letzten Zeit auf jeden Fall höchst fleißig. In den letzten sechs Jahren hat er, auch zusammen mit Jack Bruce, fünf Platten veröffentlicht und "The Playful Heart" macht nun das halbe Dutzend voll. Dazu gehören auch "Living Out Of Time Live" (als CD und DVD), Another Days Blues und "Seven Moons Live" (als CD und DVD).
Trowers Album, belegt schon durch den ersten Track, geht in die Tiefe und zeigt, dass er nicht nur ein Blues-Gitarrist ist. Man spürt seine vielen Einflüsse und die beschränken sich in keiner Weise nur auf Jimi Hendrix. Dennoch ist der Engländer schon lange an seinem eigenen Stil erkennbar und was er uns auf "The Playful Heart" an Vielfalt zu bieten hat, bringt den Hörer immer wieder dazu, die Wiederholungstaste zu bedienen. In diesem Fall lohnt es sich.
Robin Trower gehört in die gleiche Liga, wie zum Beispiel Jeff Beck oder Eric Clapton. Die vorliegende Platte gehört zum Besten, was der Gitarrist bisher veröffentlicht hat. Alle elf Songs mag ich und dennoch gibt es einige ganz besondere Tracks, die Erwähnung finden sollten. Ständig rotiert einem "The Turning" durch die Gehirnwindungen. Diese Nummer hat zwei Gesichter. Einerseits wird prächtig gerockt und nach fast genau der Hälfte der Spielzeit wechselt die Atmosphäre in Sphärisch-balladeske. Trowers Soli sind gigantisch. So etwas kann nur aus ganz tiefen Empfindungen entstehen und nicht auf dem Reißbrett. Hier passt das Fade Out perfekt.
Robin Trowers herbstlicher Gesang steht auf der Platte nicht alleine da. Für fünf Tracks übernimmt Davey Pattison die Lead Vocals und klingt doch frühlingshafter. Das Gitarrenspiel umfasst dafür alle Jahreszeiten. Auch wenn es rockt, bleibt die relaxte Stimmung des Silberlings unüberhörbar. Wie ein sehr guter Whiskey Zeit zum Reifen braucht, ist es wohl deckungsgleich auch beim Herrn Trower. Je älter, desto besser.
Die Architektur des Albums beinhaltet sowohl retrospektive Elemente wie auch den scharfen Blick auf die Aktualität der Musik und hier nicht nur des Blues. Irgendwie verhindert Trower mit seinen Kompositionen, ihn bei "The Playful Heart" in irgendwelche Kategorien einzusortieren. Diese Musik ist, simpel ausgedrückt, offen für alles Mögliche und dabei kommt beim Schreiben dieser Zeilen "Camille" gerade zur rechten Zeit aus den Boxen. Der Protagonist spielt den Jazz. Den Jazz in einer Lounge um halbdrei Uhr nachts, wenn man, halb wach, halb im Schlaf mit seinen Gedanken überall und nirgendwo ist. Trower kalibriert den Zuhörer. Wie war das mit der Repeat-Taste?
Die knappe Stunde ist ein wunderschön zusammengesetzter Cluster über dem Trower mit viel Feeling schaltet und waltet. Ganz gleich, was er uns anbietet ... man mag es.
Wie eine Welle an einem sehr flachen Strand schließlich im Sand versickert, endet das Album mit dem längsten Track. "And We Shall Call It Love" ist die Reinkarnation aus Jimis Album "Axis: Bold As Love" und einem balladesken Song, den all ihr Gitarristen im Olymp der Ehrerbietung nie in der Lage wart zu schreiben. Hey, ihr Nachwuchsgitarristen: Setzt euch hin und übt dieses Stück, bis ihr Blasen an den Fingern habt.
Trower erspielt sich mit diesem Track sein ganz persönliches Denkmal. Es ist schwer, seine eigene Begeisterung in Worte zu fassen.
Fasst die Gelegenheit beim Schopf. Dieses Album, aufgenommen mit Glenn Letsch, Livingstone Brown (beide Bass) und dem Schlagzeuger Pete Thompson gehört nicht nur in die Sammlung der Trower-Fans.
Line-up:
Robin Trower (all guitars, vocals)
Davey Pattison (vocals - #1,3,5,7,10)
Glenn Letsch (bass - #1 – 3,5,7,9 - 11)
Livingstone Brown ( bass - #4,6,8)
Pete Thompson (drums)
Tracklist |
01:The Playful Heart (4:03)
02:Don't Look Back (5:01)
03:The Turning (6:20)
04:Dressed In Gold (3:36)
05:Find Me (6:18)
06:Songs For Those Who Fell (3:39)
07:Maybe I Can Be A Friend (6:16)
08:Prince Of Shattered Dreams (6:09)
09:Camille (4:31)
10:Not Inside – Outside (3:23)
11:And We Shall Call It Love (7:44)
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