Taste / The Reunion Tour 2006
08.09.2006 KUBA-Halle, Wolfenbüttel
Taste Taste / The Reunion Tour 2006
KUBA-Halle, Wolfenbüttel
08. September 2006
Stil: Blues Rock


Artikel vom 12.09.2006


Jürgen Bauerochse
TasteAm heutigen Freitagabend war es mal wieder soweit, die guten alten Rockzeiten aufleben zu lassen. Der Grund dieser Zeitreise war die Reunion einer Bluesrock-Legende der sechziger Jahre. Taste aus Irland hatten sich im Januar 2006, nach sechsunddreißig Jahren, wieder zusammen getan und sorgten damit für eine mittlere Sensation unter den zahlreichen Freunden der Rockmusik. Da ich aber schon immer ein etwas distanziertes Verhältnis zu solchen Wiedervereinigungen habe (immerhin veranlasste mich genau diese Taste-Reunion vor ein paar Wochen zu einem Zwischenruf zu diesem Thema), war ich mir nicht ganz sicher, was heute auf mich zukommen würde. Schließlich weilt der 'Macher' der Band, Rory Gallagher, seit inzwischen elf Jahren nicht mehr unter den Lebenden.
TasteTrotzdem gab es natürlich keinerlei Zweifel an diesem Konzertbesuch, gehört doch Rory Gallagher, und somit auch Taste, zu den absoluten Faves der RockTimes-Redaktion. Gespannt las ich mich durch einige Konzertberichte dieser zehntägigen Kurztour (u. a. vom diesjährigen Fehmarn Open Air) und konnte beruhigt feststellen, dass die Band durchweg überzeugt hatte. Na denn, am frühen Nachmittag die alten CD-Alben in den Player und schon mal ein wenig einstimmen auf den bevorstehenden Gig.
TasteOrt des Geschehens war wieder die KuBa-Halle in Wolfenbüttel, die in den letzten Jahren schon etliche Rock- und Bluesacts auf die Bühne gebracht hat, an die ich mich stets gern erinnere.. Als mir dann, kurz vor Konzertbeginn, auch noch Kollege Florian von Radio Okerwelle über den Weg lief, war ich mir doch schon ziemlich sicher, dass jetzt gleich ein gutes Konzert abgehen würde, denn immer wenn wir zusammen vor der Bühne standen, gab es sehr gute Musik auf die Ohren. Na ja, ein bisschen Aberglaube kann ja nicht schaden. Aber, um es gleich vorweg zu nehmen, diese Serie hat auch weiterhin Bestand, denn auch diesmal hat sich der Abend wieder gelohnt und brachte super Sounds aus der Anlage.
TasteWie in Wolfenbüttel üblich, gingen fast pünktlich um 20.00 Uhr die Lichter aus und Taste betraten die Bühne. Alle drei Musiker auf einer Linie ganz nah am äußeren Rand, also wirklich hautnah am Publikum. Auch das ist ja nicht selbstverständlich, sorgt aber für ein ganz spezielles intimes Feeling unter den Anwesenden. Lediglich die Fotografen behindern gelegentlich die freie Sicht. (Ja, genau, ich bin einer dieser Störenfriede!) Sorry deshalb an Alle, denen ich das eine oder andere Mal die Aussicht versperrt habe, aber die RockTimes-Leser möchten sicherlich auch ein paar gelungene Konzertbilder sehen.
TasteGleich nach dem ersten Song machte sich dann eine leichte Enttäuschung bei mir bemerkbar, als Drummer John Wilson verkündete, dass Richard McCracken leider kurzfristig ausgefallen war. Schade, denn ich hätte natürlich sehr gern wenigstens die zwei übrig gebliebenen Taste-Originalmitglieder zusammen auf der Bühne erlebt. Als Ersatz sprang mit Nick Scott aber ein durchaus gleichwertiger Bassist ein. Bekannt geworden durch seine Zusammenarbeit mit
Van Morrison, hatte er keinerlei Probleme, sich in das Gefüge der Band hinein zu fügen. Für mich wirkte das Zusammenspiel der Musiker wie aus einem Guss.
TasteAm rechten Bühnenrand machte sich dann schließlich der Mann bereit, der bei dieser Reunion den wohl undankbarsten Part übernommen hat, denn welchem Musiker ist schon wohl in seiner Haut, wenn er einen Rory Gallagher adäquat ersetzen muss. Klar, dass sich aller Augen und Ohren auf den mir bis dato völlig unbekannten Sam Davidson richteten. Man konnte die Spannung förmlich knistern hören, denn im Raum befanden sich viele Leute, die Taste sicherlich noch aus ihren Glanzzeiten kannten und vielleicht auch schon live erlebt haben.
TasteDoch der neue Frontmann erledigte seinen Teil zur vollsten Zufriedenheit. Er versuchte gar nicht erst seinen berühmten Vorgänger zu imitieren, sondern zog sein ganz eigenes Ding durch. Seine Vocals passten hervorragend zu dem rauen ungeschliffenen Sound von Taste, und auch bei den ruhigeren Abschnitten bewies er sehr viel Einfühlungsvermögen. Ohne jegliche Beanstandung auch seine Leistung an der Leadgitarre. Egal ob neue Songs, oder die alten Klassiker, Sam Davidson war immer auf der Höhe und erwies sich als würdiger Nachfolger des großen Rory.
TasteÜberhaupt wirkte die Band erstaunlich gut aufeinander eingespielt. Immer noch (oder: schon wieder) haben sie es drauf, den typischen Taste-Stil mit seinen zahlreichen Breaks und Tempowechseln auf die Bühne zu bringen. Dabei glänzt John Wilson noch immer mit differenziertem und kraftvollem Schlagzeugspiel. An diesem Mann scheint das Alter spurlos vorüber gegangen zu sein. Fast spielerisch leicht legt er ein mehrminütiges Drumsolo im Mittelteil von "Blister On The Moon" hin, und macht so aus diesem Single Hit ein abwechslungsreiches kleines Meisterwerk. Zusätzlich übernahm er auch noch die Ansagen und lockerte so mit einigen kurzen Stories den Gig ab und zu etwas auf.
TasteAuch heute noch zählen die ausgedehnten Improvisationen zu den absoluten Stärken von Taste. Fast jeder Song wurde auf die doppelte Länge der Studioversionen gestreckt, wobei jeder der drei Männer Zeit für Soloeinlagen bekam, die auch intensiv und konzentriert erledigt wurden. Nick Scott donnerte seine Basssalven mit ungeheurem Druck aus den Boxen und kämpfte sich bei "Catfish" sogar minutenlang auf den Knien durch den Song. Fast stoisch ruhig dagegen stand Sam Davidson ständig am gleichen Fleck. Nur seine Gestik verriet die enorme Anspannung, in der er sich befand. Auch kleinere Schwierigkeiten, wie eine gerissene Saite gleich am Anfang bewältigte er souverän.
TasteDas Konzert von Taste bestand zum größten Teil aus den altbekannten Klassikern der Band. Fast nichts fehlte, sieht man mal von "Sugar Mama" ab. "What's Going On", "I Feel So Good", "Morning Sun", die bereits erwähnten "Blister On The Moon" und "Catfish", sowie das ruhige "Born On The Wrong Side Of Time", alles war dabei. Aber auch der "Hoochie Coochie Man" von
Muddy Waters wurde gespielt. Mit "The Drifter" stellte die Band auch einen brandneuen Song vom inzwischen erschienen aktuellen Album vor. Gerne hätte ich mir ein Exemplar für ein Review mitgenommen, doch die vorhandenen CDs waren bereits nach den ersten zwei Konzerten komplett verkauft. Wollen wir doch mal hoffen, dass auch die anderen Titel im typischen Taste-Stil ausgefallen sind. Ich bin gespannt!
TasteSo gingen knapp zwei Stunden voller guter Rockmusik wie im Fluge zu Ende. Zwei stampfende Boogienummern beendeten als Zugabe diesen Auftritt und brachten einige Leute auf die Tanzfläche. Egal, ob man sich nun mit geschlossenen Augen an Rory Gallagher erinnerte, oder die 'neuen' Taste bewusst beobachtete, es war ein sehr schönes Konzert mit vielen Songs, von denen ich niemals geglaubt hätte, sie noch mal live auf der Bühne zu erleben.


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