Fish-Liebhaber, aufgemerkt! Hinter dem neuem Namen Tilt verbergen sich eine Hand voll Menschen, die ausnahmslos zum Kreis der Musiker um den schottischen Ex- Marillion-Hünen gehören oder gehörten.
Kopf der Band ist Steve Vantsis- neben Fish selbst der Haupt-Songwriter von dessen letztem Album 13th Star. Weitere Band-Mitglieder sind Dave Stewart und Robin Boult. Als Gäste mischen auf dieser ersten EP John Wesley ( Porcupine Tree) und Irvin Duguid ( Gun, Stiltskin) mit.
Feste Sänger hat die Band nicht, arbeitet dafür aber auch hier gleich mit mehreren Gästen zusammen - beinahe so viele, wie Songs auf der CD. Die Musik auf "Million Dollar Wound" unterteilt sich quasi von selbst in zwei Kategorien - extrem unterschiedlich sind die beiden Facetten, die Tilt von sich zeigen. Auf der einen Seite steht der Hard Rock mit Paul Dourley am Gesang. Auf der anderen Seite sind drei Damen komplett dafür verantwortlich, die einfühlsame, balladenhafte Seite der Band herauszuheben.
Zunächst wird man befremdlich von ein paar Takten Drumsounds aus dem Computer angefixt - klingt fast wie die Effekte aus einem 'Game Boy' der ersten Generation... dann haut's einem beinahe die Lauscher vom Hutständer - w-a-s für ein fetter Groove! "No Superman" ist ein umwerfendes Stück Mid Tempo-Hard Rock mit einer bullig-breitwandig klingenden Hookline. Derart habe ich schon lange nix mehr aus den Boxen wuchten hören, Donnerwetter! Klingt fast wie AC/DC auf Groove Rock, zeitlos dem Classic Rock verhaftet und doch mit Computereffekten modern aufpoliert. Dourleys rauer Gesang ist das Salz in der Suppe; und eine Strophe nur in Begleitung der Rhythmussektion schraubt nochmal ordentlich am Coolness-Faktor. So was Fettes habe ich fast seit Fused von Iommi / Hughes nicht mehr gehört. Klasse.
Der zweite Track mit Dourleys Gesang, "Answers", klingt durch gänzlich andere Gitarreneffekte wesentlich neo-proggiger, in Richtung Pendragon - etwas nachdenklicher. Das siebeneinhalb Minuten lange Stück ist zweigeteilt - etwa in der Mitte gibt es ein Break mit Clean-Arpeggien, Rhythuswechsel, hintergründigem, textlosem Gesang, dann wieder ein rockigerer Drive, gegen Ende ein atmosphärisches Ausklingen. Insgesamt vier Minuten 'Nachhall' in verschiedenen Stufen, statt den Song einfach zu beenden. Die meisten Stücke von Tilt verhalten sich so: Sie haben einen Kern, den sie weiterentwickeln. Sie lassen sich viel Zeit, die man ihnen auch gerne lässt. Denn die Atmosphären entfalten eine erstaunliche Bannwirkung.
Das gilt in besonderem Maße für die drei Balladen - oder jene Nummern, die zumindest als solche beginnen. Das wehmütige "Long Gone" besticht durch eine atemberaubend schöne Akustikgitarren-Arbeit mit Folk-Touch; "Gravity" wirkt hauchzart und zerbrechlich - die 'Schwerkraft' im Titel ist eine emotionale. Doch ebenso wie zuvor schon "Long Gone" entwickelt aus dieser Track eine unvorhersehbare Dynamik - Instrumentierung, Lautstärke, Energie, Atmosphäre werden dichter; die Zugkraft nimmt zu, das Stück wendet sich hin zum Optimistischen. Das hypnotische "Adore" schließlich zeichnet sich durch seicht-psychedelische, fast 'loungige' Vibes aus - sinnlicher Gesang, der über einem wunderbaren Fretless Bass schwebt. Auch "Adore" beginnt nach vier Minuten plötzlich zu 'wachsen' und bekommt ein längliches, hypnotisch-intensives Pink Floyd-Finale mit surreal wirkenden Vocals, die mit viel Sustain aus unendlicher Entfernung hallen.
Das Spektrum, das Tilt bedienen, ist schon immens - von groovendem, modern aufgepepptem Hard Rock über Neo Prog bis hin zu psychedelischem Prog Rock mit weiblichem Esprit, wie ihn zum Beispiel Fans von Magenta schätzen. Und egal, in welche Richtung es geht: Tilt fesseln, sind emotional. Schade nur, dass es erstmal kein Album geben soll, sondern die Band sich entschlossen hat, über EPs den Weg an die Öffentlichkeit zu suchen - "Mini Album" nennen sie es; es sollen weitere folgen. Das bedeutet aber auch, dass "Million Dollar Wound" keine dieser Vorgeschmacks-Veröffentlichungen ist, wovon die Hälfte ohnehin auf einem Album wiederzufinden sein wird. "Million Dollar Wound" alleine ist schon ein Pflichtkauf für Prog-Rocker und Besserhörer!
Line-up:
Steve Vantsis (bass, keyboard)
Dave Stewart (drums, percussion)
Robin Boult (guitar)
Irvin Duguid (keyboard)
Guest musicians:
John Wesley (guitar)
Frank Usher (guitar)
Nick Robertson (guitar)
Lorna Bannon (backing vocals)
Tracklist |
01:No Superman (feat. Paul Dourley) [4:30]
02:Long Gone (feat. Kaela Rowan) [5:43]
03:Gravity (feat. Holly Tomás) [5:00]
04:Answers (feat. Paul Dourley) [7:34]
05:Adore (feat. Holly Tomás) [7:13]
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Externe Links:
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