Aus den Hause Ozella erwartet uns meist was Feines aus der gemäßigten Worldmusic/Crossover-Ecke; das deutsche Label des renommierten Gitarristen Dagobert Böhm ist ein Nest für außergewöhnliche Künstler. Nicht anders verhält es sich mit dem Trio Bravo+ (inzwischen zum Quartett mutiert, deswegen das '+') und seinem live am 25.11.2005 aufgenommenem Konzert in Dortmund, das in einer CD- und einer DVD-Ausgabe erhältlich ist. Wir haben das Audio-Teil vorliegen und das bietet - entsprechende Neigung vorausgesetzt - einen Hörgenuss in jeder Beziehung.
Fangen wir mal mit der Produktion an, die vom Labelchef selbst vorgenommen wurde. Für die Aufnahmen und den Mix zeichnete Giorgio Radoja verantwortlich (der offensichtlich das Kunststück fertig brachte, gleichzeitig die Klaviertasten und die Regler zu bedienen). Und für den audiophilen Feinschliff sorgte in den Pauler Acoustic-Studios Aufnahmeleiter Hans-Jörg Maucksch, den wir von den genauso schöngeistigen Stockfisch-Produktionen kennen.
Und dann haben wir ein Problem: Als was wollen wir denn diese Musik bezeichnen? Worldmusic ist ein sehr weiter Begriff, klar, da passt es am besten rein. Aber die Instrumental-Combo in der Akustik-Besetzung Violine, Piano, Kontrabass und wechselweise Marimba oder Percussion hat klar eine klassische Basis, verwendet entsprechende Stilmittel, erweitert diese jedoch auch in Kammer-Jazz-Richtung, hat viele subtile Momente voller romantischer Schwärmerei, trumpft dann wieder kräftig mit vorzugsweise osteuropäischen Folklore-Versatzstücken auf, streift das Musik-Kabarett oder lässt gepflegte Caféhaus-Atmosphäre aufkommen. Das Ganze könnte auch ein stimmungsvoller Soundtrack für einen Film á la "Die wunderbare Welt der Amelie" sein. Die Stücke stammen größtenteils aus der gemeinsamen Feder von Mark Chaet und Sergej Sweschinskij oder wurden von ihnen arrangiert. Musik von eindringlicher Schönheit, Intensität und instrumentaler Farbenpracht. Vergleiche lassen sich am ehesten mit anderen Produktionen aus dem Ozella-Stall, z.B. Streif,
von der Ausrichtung mit Tangologia oder Quadro Nuevo ziehen. Auch Fans der 17 Hippies sollten mal ausgiebig reinhören.
Dass der Filmmusik-Vergleich begründet ist, zeigt das bisherige Schaffen, das sich auch in mehreren Soundtracks (z.B. für den "Panzerkreuzer Potemkin") und Theatermusiken niedergeschlagen hat. Das Können der vier bestens aufeinander eingestimmten Musiker aus vier Nationen wurde 2004 als Preisträger im Wettbewerb "Musica Vitalae" gewürdigt.
Dass die Produktion live mitgeschnitten wurde, fällt eigentlich nur am Applaus auf, ansonsten würden die 18 Miniaturen wohl auch soundmäßig nahtlos ineinander übergehen. Alles klingt wie aus einem Guss, hat entsprechende Spannungsmomente, dramatische Steigerungen und dazwischen relaxte oder groovende Passagen. Das Spielgefühl miteinander und das künstlerische Ausdrucksvermögen der Einzelnen ist bewundernswert. Würden die Stücke mit elektrischem/elektronischem Rock-Instrumentarium aufgeführt werden, dann hätten sicher auch die Prog-Fans daran ihre helle Freude! Dass das Publikum im Dietrich Keuning Haus absolut begeistert war, versteht sich von selbst.
So bleibt der vorsorgliche Hinweis: No Rock - but it rocks!
Zwei Exemplare der DVD gibt es, mit etwas Glück, hier bei uns zu gewinnen (Einsendeschluß ist der 31.05.2008 18:00 Uhr)
Wir danken Ozella Music für die Bereitstellung der DVDs.
Line-up:
Mark Chaet (Violine)
Giorgio Radoja (Piano)
Sergej Sweschinskij (Kontrabass, Stick-Bass)
Adam Tomaszewski (Schlagzeug, Marimba)
Tracklist |
01:Intro
02:Troika
03:Rondo Ukraine
04:Chanson triste
05:Fernes Irland
06:Liebesleid
07:Panzerkreuzer Potemkin
08:Ta-ra-ra
09:Darf ich bitten
10:Wiener Würstchen
11:Montag
12:Weißes Akkordeon
13:Ungarische Leidenschaft
14:Krunk
15:Kiga, Freude der Wiederkehr
16:Paramela
17:Horowod
18:Trauriger Clown
|
|
Externe Links:
|