Wenn die halbe oberfränkische Gitarristenriege mit offenen Mündern, nassen Augen und weichen Knien vor einer Bühne steht und dem Kollegen da oben ungläubig auf die Finger schaut, dann ist das sicher kein Unbekannter. Zumindest nicht unter denen, die selber spielen und die auf einen Gitarrenrock der feineren Art stehen. Carl Verheyen war zum inzwischen fünften Mal in der Alten Zeche in Stockheim und hat hier ein festes Stammpublikum.
Und endlich hatte ich es einmal geschafft, den Gig in meinem Heimatlandkreis Kronach mitzunehmen. Die Alte Zeche ist ein Wirtshaus mit einem schön hergerichteten Saal, in den sich vielleicht 250 - 300 Leute zwängen könnten, am Sonntag Abend waren es nicht soviel, aber grad richtig für einen ungezwungenen Rockabend mit dem richtigen Publikum. Angesichts der vielen aktiven Musiker lässt sich sogar von einem ausgesprochenen Fachauditorium sprechen, dass dem Meister mit seinen beiden Sidemen uneingeschränkt und voller Begeisterung mehr als nur Respekt zollte.
Nun, Carl Verheyen ist kein Riesen-Act, aber einer aus der Top Ten-Liga, wie die Klampfer aus der ersten Reihe unisono verkündeten. Mir nur dem Namen nach von den früheren Gastspielen bekannt, der als der ’Gitarrist von Supertramp’ und Bluesrocker angekündigt war. Sein Job bei den Weichspülern ist sicher das Standbein, das ihm seine ansonsten musikalische Unabhängigkeit sichert und hat in diesem Bericht weiter keine Bedeutung. Und sein aktuelles Programm (wohl weitgehend identisch mit dem vom Schwarzen Adler, von dem Kollege Joe berichtet hat) ist so gar nicht blue, sondern very mixed up.
Zum Auftakt legte er mit "Hoedown" ein Instrumental vor, das mich sofort an die jüngst besprochene, neue CD Fingerprints von Peter Frampton erinnerte. Fusionmäßig mit einer sehr inspiriert singenden Gitarre; bei Verheyen ist das allerdings eine Custom Strat von Tommy Metz und keine Les Paul. "Georgia's Reel" (vom aktuellen Album "Take One Step" blieb in dem Fahrwasser, erst mit "You Bring Me Down" rockte es mit deutlichem Funk-Anteil. Von da ab ging es munter durch diverse Stile und Tempi, Calypso gepaart mit Röhrensound und Folk-Touch.
Die beiden versierten Kollegen am Schlagzeug, Jim Christie und Supertramp-Kollege Cliff Hugo am Bass boten dem Maestro stets ein federndes Grundgerüst, das auch zu eigenen Ausflügen und Improvisationen Raum gab. Das Trio agierte denn auch als glänzend abgestimmtes Team, naturgemäß stand der Leader jedoch im Fokus. Der bot nicht nur exzellente Fingerarbeit, sondern war mit seiner weichen Stimme wohl auch der Hauptanziehungspunkt für einen hohen weiblichen Fan-Anteil. Das Repertoire bestand mit aus älteren Titeln, die die aktuellen gut ergänzten. Allerdings erinnerte das sentimentale "Dusk" die Frankenwäldler doch eher daran, dass es mal wieder Zeit wäre, den Flüssigkeitshaushalt zu regulieren.
Echte Highlights unter den vielen guten Titeln (die Verheyen auch als einen überdurchschnittlichen Songschreiber ausweisen) waren jedoch die Covers.
Dylans "My Back Pages" unterfütterte er mit genialen Fills, in seinem typischen Stil, den er 'Intervall Rock' nennt. "Taxman" und "All You Need Is Love" erschienen jedoch in komplett neuen Outfit, sodass selbst bei den Axmen der Groschen sehr langsam fiel. Nach der dritten oder vierten Zugabe verabschiedete sich die Band mit "Six Days On The Road", bei dem es noch einmal Rockabilly-mäßig abging.
'Normalo-Fans' und 'Fachpublikum' waren sich danach einig – ein Wahnsinns-Gig eines Gitarristen der Extra-Klasse, der seine technischen Fähigkeiten nie zum Selbstzweck demonstriert, sondern jeden Song zum Glänzen bringt. Übrigens auch mit hohem Spaßfaktor und durchaus für ein breites Publikum geeignet. Verheyen hat weder Berührungsängste mit Fusion noch mit Pop, es flutscht ihm einfach so aus den Fingern. Und damit die Kollegenschaft mit den roten Ohren daheim nicht ihre Klampfen an die Wand knallt, hat er sich sogar einen Verspieler geleistet; was zu der nicht unbedingt erleichternden Erkenntnis führte, dass da in einem Meter Entfernung kein Gitarrengott Wunder vollbringt, sondern ein genialer Spieler einfach nur unglaublich ist. Der war, obwohl er nächsten Tags in Frankreich einen Workshop auf dem Tourplan hatte, nach dem Gig auch noch für Autogramme und ein paar lockere Sprüche zu haben.
Bereits die lokale Vorband Orange Shakers konnte mit ungewöhnlichen Covers und einem enormen Groove auf ganzer Linie überzeugen. Mit ihrem Sideprojekt haben die beiden Voodoo Chile-Rhythmiker Stefan Kratofil und Torsten Langhammer ein zweites heißes Eisen im Feuer und wurden mit ihren Kollegen Horst Meyer sowie Uwe Schindler unter sattem Applaus verabschiedet.
Nicht nur für einen astreinen Sound im Saal, der bei erfreulich niedriger Lautstärke über genügend Druck und Transparenz verfügte, sorgte Jürgen 'Berches' Bergmann. Auch als Gastsänger bei mehreren 'Surf Sound'-Songs machte er keine schlechte Figur. Dem 'Krato' verdanke ich nicht nur die Playlist, er stand mir auch für Infos zu beiden Bands gern zur Verfügung. So hat's der RockTimes-Redakteur gern, zumal wenn er dann nach ein paar 'Weizen' zum Urlaubsbeginn von der Gattin sicher durch den nächtlichen Frankenwald heimgefahren wird.
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