Vengeance / Soul Collector
Soul Collector Spielzeit: 45:47
Medium: CD
Label: Metal Heaven, 2009
Stil: Hard Rock


Review vom 18.01.2009


Moritz Alves
Drei Jahre ist es her, dass sich die Holländer von Vengeance mit Back In The Ring amtlich in der Hard Rock-Landschaft zurückmeldeten.
Nun steht, nach dem Live-Album Same/Same...But Different (2007), endlich das neue Langeisen ins Haus, das auf den Namen "Soul Collector" hört und mit dem sich die Mannen um Frontröhre Leon Goewie quasi selbst übertroffen haben.
Dabei deutet der Opener "Cross In The Rain" noch gar nicht darauf hin, dass man es hier mit einem Meisterwerk des harten Rocks zu tun hat. Diese Nummer ist nämlich nicht mehr als besserer Durchschnitt und somit als Einstieg denkbar ungünstig gewählt. Fans sollten sich davon jedoch keinesfalls entmutigen lassen, startet der Fünfer doch mit den beiden darauf folgenden Songs mehr als amtlich durch.
Die Ideen, die bei "Cross In The Rain" nur im Ansatz erkennbar waren, sind bei "Wait Until The Sun Goes Down" und dem Titeltrack nämlich zur glorreichen, kompositorischen Vollendung gereift. Beides sind sleazy Hard Rock-Kracher, ausgestattet mit mörderischen Monsterriffs und gewaltigen Hooklines! Während "Wait Until The Sun Goes Down" sehr ordentlich dahin stampft, groovt sich "Soul Collector" locker treibend im mittleren Tempobereich ein. Diese beiden Stücke zählen damit zum Besten, was den Hörer auf diesem Album erwartet.
"Samurai" ist mit arabischen Melodielinien ausgestattet und kommt opulent-orchestral arrangiert daher. Dieses Mini-Epos geht ansatzweise grob in Richtung Rainbows "Gates Of Babylon" von vor circa 30 Jahren (von "Long Live Rock 'N' Roll", 1978). Damit ist "Samurai" die erste kleine Überraschung von Vengeance anno 2009, die übrigens außerdem an "Arabia"-Zeiten (1989) erinnert.
Aber weiter geht es, denn mit "What The Hell" haben die Niederländer jetzt eine großartige Halbballade im Gepäck, deren riesiger Refrain sowie groovende Bridge sich gnadenlos in den Gehörgängen einnisten! Ein weiteres Glanzlicht von "Soul Collector", dem mit "MySpace Freak" plötzlich ein Song folgt, mit dem Vengeance augenzwinkernd die Web 2.0-Generation aufs Korn nehmen. Damit stehen sie in bester Mötley Crüe-Tradition, die vor neun Jahren mit "Porno Star" (enthalten auf "New Tattoo", 2000) ein ähnliches Ziel verfolgten und sich über Internet-Pornografie lustig machten.
"I Never Felt That Way Before" verschafft als zweiter balladesker Moment eine weitere kurze Verschnaufpause (schöne, kraftvolle Powerballade, die an die glorreichen 1980er Jahre erinnert), bevor mit "Dance" ein arschgeiler, fetter Hardrocker auf den Plan tritt, dessen Refrain einen gnadenlos bei den Eiern packt und so richtig schön durchschüttelt. Der geile, nahezu überstrapazierte Gesang tut hier ein Übriges, um mich zu begeistern. (Überhaupt macht Geowie auf dieser Scheibe eine sehr gute Figur, denn sein harter Gesang, der gerade in den Refrains ordentlich ausgereizt wird, passt mir bestens in den Kram.)
Daraufhin folgt dann mit "Rock And Roll Band" eine mit Rock'n'Roll-Einspritzern versehene Hard Rock-Nummer, der durch diese klassischen Zitate ziemlich partytauglich nach vorn geht. Nach "MySpace Freak" also die zweite echte Suffnummer, sehr schön! Das vorletzte Stück, "So Many Times", ist dann wieder ein stampfender Rocker, dessen packender Chorus einen so schnell nicht loslässt, bevor sich Vengeance mit "Lean On Me" überaus gefühlvoll vom Hörer verabschieden. Diese emotionale, halbakustische Ballade inklusive Orchester-Part ist dann am Schluss noch mal ein ganz, ganz großes Ausrufezeichen auf "Soul Collector"!
Alles in allem ist es wirklich so, wie ich eingangs erwähnte: Den Tulpen-Rockern ist mit dieser Langrille ein meisterhaftes Werk gelungen, das sich nun schon seit Wochen in meinem CD-Player verschanzt hat. Hier stimmt, abgesehen vom leider eher mittelmäßigen Einstieg, einfach alles: Der Sound drückt kraftvoll aus den Boxen, das Songwriting ist vom Allerfeinsten und auch die Attitüde stimmt. Jeder Freund des typischen 1980er-Hard Rocks sollte, ja, muss (!) hier einfach zugreifen und wird überglücklich in diese Gitarrenwände eintauchen! Ein solches Killer-Album der alten Schule hat man schon viel zu lange nicht mehr gehört! Vengeance beweisen eindrucksvoll, dass sie es immer noch drauf haben, und werden mit diesem "Soul Collector" ganze Heerscharen von verlorenen Hard Rock-Seelen in ihren Bann ziehen. Wer hier nicht zugreift, ist selber schuld...
Anspieltipps: "Wait Until The Sun Goes Down", "Soul Collector", "What The Hell", "MySpace Freak", "Dance", "Lean On Me".
Line-up:
Leon Goewie (vocals)
Barend Courbois (bass)
Jan Somers (guitars)
Timo Somers (guitars)
Erik Stout (drums)
Tracklist
01:Cross In The Rain (4:10)
02:Wait Until The Sun Goes Down (3:37)
03:Soul Collector (4:28)
04:Samurai (4:50)
05:What The Hell (3:48)
06:MySpace Freak (3:39)
07:I Never Felt That Way Before (4:57)
08:Dance (4:06)
09:Rock And Roll Band (3:46)
10:So Many Times (4:50)
11:Lean On Me (3:36)
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