Das erste Gesicht, in das ich beim Betreten der Café Bar De Comm schaute, war das von Roberto Morbioli. Hammer, da saß der Morblus-Frontmann auf einem Stuhl links neben Big Daddy Wilson und rechts von ihm hatte der Bassist Detlef Blanke Platz genommen. Zu hören waren die letzten Minuten des Soundchecks und es war schon eine mächtige Überraschung, den Italiener hier zu sehen. Der deutsche Tiefton-Spezialist ist ebenfalls in unserem Magazin vertreten. Er taucht gleich zweimal im Zusammenhang mit Richie Arndt & The Bluenatics auf. Einerseits bei The Blue Side Of… und andererseits ist es Live At The Colosseum. Blanke hat auch schon mit John Campbelljohn gespielt und ist eine Hälfte des Duos Hensen & Blanke. Sein musikalischer Aktionsradius ist viel größer als hier aufgelistet werden kann.
Die Anwesenden mussten gar nicht lange auf die Ansage von Gerrie Janssen warten, in der er darauf hinwies, dass sich der Sound für das Publikum von den später veröffentlichten Videos schon unterscheidet. Allerdings war bei diesem akustischen Gig alles anders. Man wurde schon beim Opener "Drag Your Spirit Down" eines Besseren belehrt. Welch ein Klang! Welch eine Konzerteröffnung! Welch eine Stimme! Gänsehaut! Big Daddy Wilson muss man live erlebt haben.
Hoppla! Da bearbeitet doch jemand die Saiten mit einem Bottleneck. Alle Augen auf Morbioli... Fehlanzeige. Wow, es war Basser Blanke, der das Röhrchen aktiviert hatte. So etwas war mir bisher noch nicht untergekommen. Der Bassist sorgte in der Gary Davies-Nummer "I Heard Angels Sing" für einfühlsame Momente auf seinem fünfsaitigen Arbeitsgerät und Wilsons Percussion-Aktivitäten waren der Hammer. Unglaublich, welches Equipment der Mann auf einem gefühlten Quadratmeter bediente. Er saß auf einem Cajón und vor ihm thronte eine Conga.
Gitarrist Morbioli war bei diesem Auftritt an Virtuosität nicht zu überbieten. Er lieferte ein Solo nach dem anderen ab und öffnete dabei eine Ideenkiste von exorbitanten Ausmaßen. Morbioli pendelte zwischen traditionellem Blues, Jazz und ein wenig Country-Feeling kann ebenfalls auf.
Die Klasse des Trios spiegelte sich im begeisterten Applaus des Publikums wider und schon nach einigen Nummern stand fest, dass der Gradmesser dieses sehr guten Konzerts in der Intensität lag. Der Gig war ein Beleg dafür, dass die Lautstärke eine absolut untergeordnete Rolle spielte. Das Stück "Stranger" war nur ein Beweis dafür, wie toll dieses Trio grooven konnte. Blanke zupfte seinen Bass äußerst melodisch und sorgte so nicht nur für eine fundierte Begleitung. Der Chorgesang der Herren Morbioli sowie Blanke war auch noch bemerkenswert gut.
Big Daddy Wilson hatte alle Hände voll zu tun mit seinen diversen kleinen und großen Percussion-Instrumenten. Selbstredend waren auch Stücke vom Album Thumb A Ride Bestandteil der Setlist und wenn von Gänsehaut die Rede war, dann definitiv auch bei "Anna Mae". Auf den Stimmbändern des Protagonisten befand sich nicht nur der Blues. Wilson hatte auch Soul und Gospel zu bieten. Mit "Drop Down Here" verwandelte man die Location in ein Kirchenhaus und Wilson benötigte gar keine Kanzel für seine gesungene Predigt. Hammer!
Mit einem swingenden "Country Boy" kam die Combo dann irgendwo in der Nähe der Juke Joints an. Dieses Stück hatte eine herausragende Stellung und begeisterte die Anwesenden ganz besonders. Wilson begleitet Morbiolis virtuose Improvisationen auf der Conga und Blanke war mit fantastischen Läufen auf den dicken Saiten zur Stelle. Dieser 'Junge vom Lande' lief und lief und lief. Zwischen den Songs war Wilson mit seinen Hintergrundinformationen zu den einzelnen Kompositionen ebenfalls ein prächtiger Unterhalter. "Walk A Mile In My Shoes" entwickelte sich zur ultimativen Ballade in einer beeindruckenden Langversion und schon
wieder stellten sich die Nackenhaare hoch. Oh Mann, welch eine einfühlsame Stimme hat dieser Mann. Morbioli sowie Blanke setzten jeden Song perfekt in Szene. Solch versierte Begleitmusiker waren Gold wert.
Dieses Konzert hatte Seele und Feeling. Bei solchen Künstlern kamen die Ideen auch in den Fingern an. Es war rundum einfach eine großartige Performance und an Intensität nicht zu überbieten. Dieses Trio zelebrierte den Blues in einer brillanten, charismatischen Eigenständigkeit, Vielschichtigkeit und Authentizität. Dieser Auftritt war grandios. Alle Anhänger des akustischen Blues kamen hier voll auf ihrer Kosten und wenn man auch für dieses BluesMoose Café-Konzerte Eintritt hätte zahlen müssen, wäre kein einziger Cent herausgeworfenes Geld gewesen. Thanks, Big Daddy Wilson, Roberto Morbioli und Detlef Blanke. Hats off!
Line-up:
Big Daddy Wilson (vocals, percussion)
Roberto Morbioli (acoustic guitar, backing vocals)
Detlef Blanke (bass, backing vocals)
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