Johnny Winter / Step Back
Step Back Spielzeit: 50:25
Medium: CD
Label: Megaforce Records (Sony Music), 2014
Stil: Blues Rock

Review vom 11.09.2014


Markus Kerren
Irgendwie hat es ja auch immer ein bisschen was Gruseliges, wenn ein Musiker in die 'Ewigen Jagdgründe' eingegangen ist und nur ein paar Monate später - wie ein eigener Nachruf oder ein Gruß aus dem Jenseits - nochmal ein Album erscheint, das bereits vor dessen Tod fertiggestellt wurde. Und dass dieser Punkt des (dann doch etwas überraschend) am 16. Juli 2014 von uns gegangenen Gitarristen nicht das einzig Gruselige auf "Step Back" ist, dazu später mehr. Denn in allererster Linie sollte man dieses neue Album als das Vermächtnis eines außergewöhnlichen und ganze Generationen prägenden Gitarristen, als eine letzte große Party ansehen.
Feststellen darf man erstmal, dass "Step Back" das exakt selbe Konzept fährt wie der Vorgänger Roots aus dem Jahr 2011. Nämlich einen ordentlichen Schwung alter Klassiker und Standards neu aufzunehmen und diese von jeder Menge Gastmusiker garnieren zu lassen. Selbst von den Arrangements hat sich nichts dahingehend geändert, dass das erste Solo immer dem Meister Winter gehört, während sich die geladenen Gäste und Freunde erst im Anschluss so richtig austoben dürfen. Aber sowas stört keinen großen Geist, wenn die abgelieferten Tracks ein solch hohes Niveau wie der mir nicht bekannte Vorgänger und auch die neue Scheibe haben.
Das fängt schon mit der absolut erstklassigen Produktion von Paul Nelson an, geht über die durch die Bank superben Beiträge aller Musiker und endet mit dem - und wer hätte gedacht, dass diese Worte jemals über meine Lippen kommen würden? - absolut geilen Gesang. Genau hier liegt für mich persönlich dann auch der große Gewinn dieser Scheibe. Denn dass Johnny Winter ein exzellenter Gitarrist ist bzw. war, ist bereits seit knapp fünfzig Jahren kein Geheimnis mehr. Hatten mich bei älteren Produktionen immer die viel mehr gepresst statt gesungenen Vocals gestört, so passt die gealterte, gemarterte und in Würde rauchig-versoffen gewordene Stimme nahezu perfekt zu den bluesigen Songs und höchstwahrscheinlich auch den Gefühlen, die der Protagonist ausdrücken wollte.
Die Gibson Firebird Winters soliert und slidet, ist auch auf diesen dreizehn neuen Songs brillant und dass sich da Gäste wie Eric Clapton ("Don't Want No Woman"), Joe Bonamassa ("Sweet Sixteen") oder Leslie West bei dem geradezu überschäumenden "Long Tall Sally" nicht lumpen lassen bzw. keine Blöße geben wollten, versteht sich von selbst. Der unverwüstliche Dr. John steuerte sein unverwechselbares Pianospiel zu "Blue Monday" bei, während Billy Gibbons auf dem bluesigen "Where Can You Be" den Bart schwingen ließ. Nicht zu vergessen, dass auch
Brian Setzer auf dem einzigen Instrumental der Scheibe ("Okie Dokie Stomp") und Joe Perry (bei "Mojo Hand") eine richtig gute Figur abgeben.
Ach ja, und der zweite gruselige Teil dieser Geschichte ist dann das von Johnny ganz alleine mit einer Steel Guitar und Gesang gebrachte "Death Letter". Eine Vorahnung? Wer weiß, aber sicher ist, dass der Song meine Nackenhärchen jedes Mal wieder aufrecht stehen lässt. Ansonsten ist die Blues Brothers Horn Section bei vier Songs mit von der Partie, was zusätzliche Abwechslung in eine sowieso schon sehr kurzweilige Platte bringt. Last but not least muss unbedingt auch noch Mike DiMeo erwähnt werden, der entweder mit seiner wohlig-warmen Hammond oder sehr gefühlvollem Pianospiel auf ganzer Länge überzeugt.
Ja, fürwahr eine letzte große Party, die Johnny da aufgezogen hat. Zumindest mit uns, denn irgendwo ein paar Kilometer weiter da oben wird die Sause ganz sicher in vollen Zügen für ihn weitergehen. Dass der Texaner im letzten Leben desöfteren mal dahingehend geäußert hat, dass er »...dafür sterben würde, mal mit meinen Blues-Idolen zu spielen...« mag an dieser Stelle vielleicht schwarzhumorig und deplatziert wirken, aber bei diesem Enthusiasten bin ich mir sogar so gut wie sicher, dass er das damals immer ernst gemeint hat. Und nun sei es ihm auch vergönnt!
Rock on, Johnny, wir werden Dich vermissen!
Line-up:
Johnny Winter (lead guitars, lead vocals)
Paul Nelson (rhythm guitars)
Scott Spray (bass)
Tommy Curiale (drums)

With:
Mike DiMeo (Hammond B-3 organ - #1,8, piano - #5,6,10,11,13)
Ben Harper (lap slide guitar- #2)
Eric Clapton (lead guitar - #3)
Brian Setzer (lead guitar - #6)
Billy Gibbons (lead guitar - #7)
Joe Bonamassa (lead guitar - #8)
Leslie West (lead guitar - #11)
Joe Perry (lead guitar - #12)
Frank 'KingBee' Latorre (harp - #4)
Jason Ricci (harp - #10)
Dr. John (piano - #13)
The Blues Brothers Horns:
Tom 'Bones' Malone (trombone - #1,6,8,13)
'Blue' Lou Marini (tenor saxophone - #1,6,8,13)
Joe Meo (alto saxophone - #1,6,8,13)
Don Harris (trumpet - #1,6,8,13)
Wendy Brown Rashad (background vocals - #1)
Shauna Jackson (background vocals - #1)
Cynthia Tharpe (background vocals - #1)
Meredith Dimenna (background vocals - #5)
Tracklist
01:Unchain My Heart
02:Can't Hold Out (Talk To Me Baby)
03:Don't Want No Woman
04:Killing Floor
05:Who Do You Love
06:Okie Dokie Stomp
07:Where Can You Be
08:Sweet Sixteen
09:Death Letter
10:My Babe
11:Long Tall Sally
12:Mojo Hand
13:Blue Monday
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