ZZ Top / The Very Baddest Of ZZ Top
The Very Baddest Of... Spielzeit: 68:40 (CD 1), 80:13 (CD 2)
Medium: Doppel-CD
Label: Warner Music Group, 2014
Stil: Texas Boogie

Review vom 18.06.2014


Steve Braun
Wenn es den Marketing-Gag ZZ Top nicht gäbe, man müsste ihn glatt erfinden. Neben Kiss gibt es wohl keine andere Band mit einem vergleichbaren Mega-Potenzial. Aber ZZ Top war schon immer mehr als eine 'eierlegende Wollmilchsau' - das war stets eine richtig geile Texas Blues-Band. Interessanterweise zündete die Marketingidee dahinter erst mit gehöriger Verspätung, nämlich mit Eliminator - dann aber richtig...
Mit "The Very Baddest Of..." liegt nun eine ziemlich amtliche 'Greatest Hits'-Compilation vor - in Anbetracht der Bedeutung ZZ Tops in der Musikhistorie natürlich als prall befüllte Doppel-CD.
Disc 1 widmet sich der wohl stärksten Phase der Band, den Alben zwischen "ZZ Top's First Album" (1971) und dem Megaseller "Eliminator" (1983), der einen Wendepunkt markierte. Disc 2 beschäftigt sich dagegen vorwiegend mit der unter Insidern gerne als Achterbahnfahrt der musikalischen Qualität angesehenen Periode zwischen "Afterburner" und "Mescalero". Leider wird das vielleicht beste Album seit dem sensationell guten "Degüello", das vor zwei Jahren wie eine Bombe einschlagende Comeback La Futura, ausgespart.
Völlig ungeachtet dessen, was die Kritik als die besagte 'stärkste Phase der Band' definierte, war die 'Achterbahnfahrt' die erfolgreichere, die sehr viel erfolgreichere! Und so mancher Elfenbeinturmbewohner musste sich im stillen Kämmerlein zähneknirschend eingestehen, dass dieses Keyboard-Geblubber und E-Drum-Geklatsche nicht gänzlich ohne Reiz war! Gerade das viel und gerne geschmähte "Antenna" von 1994 - hier einzig mit dem Bad Ass-Feger "Pincushion" vertreten - ist (vor allem in der Retrospektive) besser als sein Ruf. Erst mit "Mescalero" war endgültig die letzte Luft aus ZZ Top raus, wie der Käufer von "The Very Baddest Of..." nach den drei letzten, wirklich schlimmen Songs dieser Compilation sicher ebenfalls konstatieren wird. Die danach folgende neunjährige Pause war ein Segen - für die Band und die geplagten Hörer gleichermaßen...
Nun herrscht eigentlich kein Mangel an Greatest Hits-Zusammenstellungen der 'Bärte'. Die amtlichste von allen ist sicherlich das Boxset "Chrome, Smoke & BBQ", leider seit langem gestrichen und nur noch zu Fantasiepreisen erhältlich. Die Vorteile von "The Very Baddest Of ZZ Top" liegen dagegen einerseits in dem kaum schlagbar günstigen Preis und zum anderen in den hier berücksichtigten Single- und Remaster-Versionen.
An der Auswahl für die beiden, stilistisch sehr unterschiedlichen Silberlinge gibt es wenig zu meckern. Allerdings wirken "Velcro Fly" ("Afterburner", 1985) auf CD 1 sowie vor allem "Just Got Back From Baby's" ("First Album", 1971) und "Blue Jean Blues" ("Fandango", 1975) auf CD 2 etwas verloren-deplatziert. Wären diese drei Songs 'geswitcht' worden, stünden sie jeweils im richtigen Kontext.
Welche der beiden Scheiben man persönlich als musikalisch stärker bezeichnet, ist eine rein katechistische Frage. Man möge es mir nachsehen, wenn ich CD 1 eindeutig präferiere. "Gimme All Your Lovin'", "La Grange", "Tush", "I Thank You", "Cheap Sunglasses", "Jesus Just Left Chicago", "I'm Bad I'm Nationwide" - das Stakkato des Hitfeuerwerks scheint end- und gnadenlos. Allerdings arbeitet diese Zusammenstellung auch die qualitative Relevanz der 'besseren' (bspw. "Tres Hombres", "Degüello") und 'schwächeren' Alben ("Tejas", "El Loco") dieser Zeitspanne eindrücklich heraus.
Wenn man mal von dem Total-Flop Viva Las Vegas ("Greatest Hits", 1992), dem unbeschreiblich öden "Rough Boy" ("Afterburner") und den drei "Mescalero"-Rohrkrepierern ("Mescalero", "Que Lastima" sowie Billie Holidays "As Time Goes By") mal absieht, überraschen in der Rückschau gerade die Songs der seinerzeit 'verrissenen' Scheiben.
Die Auswahl von "Rhythmeen" (1996) - "She's Just Killing Me", "What's Up With That", "Rhythmeen" und "Loaded" - überzeugt ausnahmslos. "Pincushion" vom seinerzeit als Totalausfall titulierten "Antenna" (1994) präsentiert sich sogar als der saftigste Arschtritt von CD 2. Treffsicher hat man mit "Doubleback" und "My Head's In Mississippi" die beiden besten "Recycler" (1990) rausgepickt. Der mörderische "Fearless Boogie" vom 1999er "XXX" (das man wohl besser '???' betitelt hätte!!) lässt ebenfalls keine Stirn trocken.
Wesentlich besser als befürchtet - so kann man den zweiten Silberling von "The Very Baddest Of
ZZ Top" trefflich charakterisieren...
Und gerade mit dieser Aussage hätte "The Very Baddest Of..." vielleicht schon ihren Zweck erfüllt: Wenn die Glaubensfrage bzgl. »stärkste Phase der Band/Achterbahnfahrt« bei den 'Jüngern' in ihrer Absolutheit aufgeweicht und relativiert würde.
ZZ Top spielen natürlich mit dem Albumtitel zielsicher die Bad Ass-Karte und pflegen damit das entsprechende, sorgsam gepflegte Image. Sind und bleiben halt Marketing-Genies, die drei Texas-Bärte...
Line-up:
Billy Gibbons (vocals, guitars)
Dusty Hill (vocals, bass, keyboards)
Frank Beard (drums, percussion)
Tracklist
CD 1:
01:Gimme All Your Lovin' (Single Version)
02:Sharp Dressed Man (Single Version)
03:La Grange (2005 Remastered Version)
04:Tush
05:(Somebody Else Been) Shaking Your Tree
06:Francine
07:Beer Drinkers & Hell Raisers (Remastered Version)
08:It's Only Love
09:Arrested For Driving While Blind
10:I Thank You (Single Version)
11:Cheap Sunglasses (Single Version)
12:Tube Snake Boogie
13:Pearl Necklace (Remastered LP Version)
14:Just Got Paid
15:Waitin' For The Bus
16:Jesus Just Left Chicago
17:Heard It On The X (Remastered Version)
18:I'm Bad, I'm Nationwide
19:Dust My Broom
20:Velcro Fly (Single Version)
21:Party On The Patio
CD 2:
01:Viva Las Vegas (Single Version)
02:Pincushion
03:Legs (Single Version)
04:Got Me Under Pressure
05:Sleeping Bag
06:Rough Boy (Single Version)
07:Doubleback
08:My Head's In Mississippi
09:Give It Up
10:Just Got Back From Baby's
11:Blue Jean Blues
12:She's Just Killing Me
13:What's Up With That
14:Rhythmeen
15:Loaded
16:Fearless Boogie
17:Mescalero
18:Que Lastima
19:As Time Goes By
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