Editorial - Juni 2010



Editorial vom 03.06.2010


Boris Theobald
Liebe Rockmusikgemeinde,
Am Abend des 16. Mai fiel die halbe RockTimes-Redaktion in eine Art Schockstarre. Es war exakt 21.59 Uhr, als eine Nachricht unter uns die Runde machte, die völlig surreal wirkte und uns erst einmal schlucken ließ. Ronnie James Dio war gestorben. Monate lang machte man sich Sorgen um den krebskranken Ronnie, hatte ein komisches Gefühl, wenn seine Frau Wendy von neuerlichen Therapien berichtete, wurde ermutigt, wenn sie von seinen Genesesungsfortschritten erzählte. Am Ende war sie es auch selbst, die die Nachricht auf Dios Website verkündete.
Für viele von uns war diese News niederschmetternd. Dio war nicht nur ein Symbol des Heavy Metal, ein unermüdliches Kraftpaket, hatte nicht nur die markanteste und mystischste Stimme der Ober- und Unterwelt. Nein, er war auch ein unglaublicher Sympathieträger ohne Starallüren und mit einem fantastischen Kontakt zu seinen Fans. »Thank you, thank you, thank you!« - das war nicht nur so ein Spruch... wir ehrten den Metalmagier spontan mit einer Bildergalerie - für Worte über Dio ließen wir uns ein paar Tage Zeit. Denn wir wollten nicht die übliche Kurzbiografie mit Sabbath,
Holy Diver & 'Pommesgabel' abliefern wie 1000 andere. Stattdessen schrieben Andrea und Jens, die Ronnies Musik ein dreiviertel Leben lang begleitet und beeindruckt hat, ihre
persönlichen Erinnerungen auf. Eigentlich glaubten wir, Ronnies James Dio sei unsterblich. Mittlerweile glauben wir es wieder.
Mehr und mehr wird uns dieser Tage bewusst, dass viele unserer Helden in ein 'gefährliches' Alter kommen. Ende Mai erwischte es auch den schwer kranken Dennis Hopper - kein Musiker, aber als "Easy Rider"-Star doch ein Symbol für eine ganze freiheitsliebende Generation am Ende der Hippie-Ära, die auf die Hymne "Born To Be Wild" hörte. Rest in peace and freedom!
Musikalisch erfreuten uns eine ganze Reihe von Künstlern mit anstehenden oder angekündigten Veröffentlichungen: Apocalyptica, Sodom, Chickenfoot, Grave Digger und viele andere sind oder waren im Studio, außerdem Bachman + Turner - Overdrive. Wishbone Ash basteln an ihrer ersten Single seit 20 Jahren, und von den Prog-Übergöttern Rush gibt's nicht nur ne neue Online-Single (Och Mönsch, muss denn alles online sein??), sondern diesen Sommer auch die heiß ersehnte Doku "Beyond The Lighted Stage" im Kino und auf DVD.
Nicht mehr ganz so begeistern kann uns der Ausblick auf die 1000ste so genannte "Supergroup", dieses Mal bestehend aus den Herren Mikael Åkerfeldt, Steven Wilson und Mike Portnoy, gäääähn. Naja, es liegt jetzt an denen, uns doch zu überzeugen. Aber Leute... bei 'Yoso' (!), der neuen 'Supergroup' (?) aus den Yes-Mitläufern Tony Kaye und Billy Sherwood sowie Toto-Nachtigällchen Bobby Kimball, da fehlen uns schon fast die Worte. Noch mehr freuen wir uns nur auf die angekündigten Memoiren von Ace Frehley (?!).
Was gab's noch so Neues? An der Musikfront die Reanimierung von Oasis unter dem Namen Beady Eye, das traurige Ende der Darmstädter Live-Institution "House Of Blues", ein in München chirurgisch not-reparierter Bono, und ein todsterbenskrank-gesunder Bret Michaels, der an einem Tag mit Hirnblutung, trans-ischämischer Attacke und Loch im Herzen aus dem selbigen letzten pfeift, und am nächsten Tag schon wieder die Fernsehstudios auf Promo-Tour abklappert. Sehr glaubwürdig, Junge!
Ansonsten sangen (und singen) wir kopfschüttelnd und schockiert den Ölpest-Blues, bliesen bundespolitisch den Spar-Marsch, stellten dauernörgelnd fest, dass das Wetter schlecht ist, seitdem Kachelmann im Knast sitzt, schickten mit Bundes-Jogi einen Spieler nach dem nächsten humpelnd nach Hause, bis... ja bis sich der damalige Noch-Bundespräsident Horst Köhler von kurz auf gleich inmitten der Krise zum Ex-Bundespräsidenten ernannte. Hoppla. Und was hat das mit Musik zu tun? Nun, wir brauchen ja schleunigst ein neues Staatsoberhaupt, und weil das möglichst beliebt sein und beim Volk ankommen sollte... dürfte es eigentlich kein Politiker machen.
Also - wenn Horst Schlämmer (Lokal-Journalist) und Franz Beckenbauer (Kaiser) absagen - vielleicht wird's ja dann ein Musiker?! Marius-Müller Westernhagen, Michael Schenker,
Udo Lindenberg, Karl Moik - die Liste ist schier unendlich. Wenn der BuPrä laut Grundgesetz nicht minimum 40 sein müsste, dann wäre der Fall sowieso klar. Dann wäre Lena - The Artist Formerly Known As Lena Meyer-Landrut - unsere Frau fürs Bellevue. Deren Kantersieg bei der Sing-EM in Oslo hat uns schon beeindruckt, auch wenn wir Musik-stilistisch noch ein bisschen am neuen Hannoveraner Fräuleinwunder arbeiten müssen.
Vielleicht könnte sie mal einen Heavy Metal-Crash-Kurs bei unserem 'Neuen' machen. Ja, wir haben Zuwachs bekommen bei den RockTimes-'Freien'. Marius Gindra, 'Metal' durch und durch, obwohl er so jung ist wie der Grunge (sorry, Marius, war nicht so gemeint). Willkommen im Club!
Boris von RockTimes
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